Lehtolainen, Leena
für mich, du und Eero Tiainen und Karri und
…«
Zum Glück fing sie nicht an zu heulen, obwohl die Haut um ihre Augen merkwürdig zuckte. Sie hatte kleine Fältchen, wie Mutter.
»Du verdammter Idiot, ich liebe dich doch«, fuhr Katja mich an und drückte mir plötzlich einen Kuss auf die Wange. Dann verschwand sie glücklicherweise.
Die nächsten Tage waren voller Geschrei und Tränen. Ich brüllte nur Yazu an, aber Mutter, Veikko und die Krankenschwestern sorgten dafür, dass mich pausenlos jemand anschrie oder mir etwas vorheulte. Ich tat, als wäre ich gar nicht da.
Mutter verlangte Hausverbot für Yazu und beruhigte sich kein bisschen, als ich sagte, ich wolle ihn sowieso nie mehr sehen.
Zum Glück war wenigstens Sara nicht da. Sie war von den Malediven mit irgendeinem Franzosen direkt nach Jersey geflogen, und alle hofften, sie würde dort bleiben.
Der Therapeut kam zu mir, ein dicker, bärtiger Mann in Cordhose und gestreiftem Hemd. Er versuchte mich nach meiner Kindheit, meinem Vater und meinen Freundinnen auszufragen, aber ich sagte kein Wort. Meine Beine wurden wieder geknetet.
Ich hatte einen neuen Physiotherapeuten bekommen, einen Mann, der zwar genauso mager und grobschlächtig war wie seine Vorgängerin, aber nicht ganz so streng. Wir motzten uns gegenseitig an. Ich glaube, er hielt mich für ein undankbares Arschloch, für das man besser keine öffentlichen Mittel verschwendet hätte. Ich war exakt seiner Meinung.
Das Klinikgericht hatte getagt und entschieden, dass ich vorläufig nicht allein auf die Toilette durfte. Wieder ging der Zirkus mit Katheter und Windeln los, den ich mehr als alles andere hasste. Begriffen sie nicht, dass sie mich damit erst recht zu einem neuen Versuch trieben?
Eine neue Schwester kam auf die Station, langbeinig und mager, aber mit so gigantischen Brüsten, dass ich auf Silikon tippte. Ihre blonde Haarfarbe war jedenfalls nicht echt. Sie sah aus wie die heißen Krankenschwestern in den Filmen, die wir uns als Teenager reingezogen hatten. Bestimmt wurde sie nur deshalb auf der Station für Querschnittgelähmte eingesetzt, weil die Patienten ihr nichts anhaben konnten. Anderswo hätte sie jeder Mann flachgelegt. Selbst ich kam auf dumme Gedanken.
Der Physiotherapeut schlenkerte weiter meine Beine und schimpfte wie immer.
»Du bist ein fauler Sack, deswegen machst du keine Fortschritte. Jetzt heb endlich das Bein! Guck mal, es bewegt sich definitiv mehr als gestern, mindestens einen Zentimeter.«
Ich glaubte ihm nicht. Die falsche Blonde kam herein, um meine Medikamente zu bringen und mir Blut abzuzapfen. Ich verstand nicht, warum mein Blut so oft untersucht wurde, vielleicht ging es um einen Drogentest, von dem man mir nichts gesagt hatte. Ich hatte Lust, die Tussi zu packen und an mich zu ziehen, den Kopf zwischen ihre Titten zu legen und zu fühlen, ob sie echt waren. Ich nahm ihren Geruch wahr, nach Seife, Schweiß und nach der Ananas zwischen ihren Beinen.
Dann spürte ich noch etwas. Mein Schwanz zuckte, ich fühlte, wie er sich aufrichtete und anschwoll. Wenn ihn die Tussi jetzt anfassen oder in den Mund nehmen würde, o Gott, er wurde immer größer, und plötzlich ging mir auf, dass …
VIERUNDZWANZIG
Katja
… ich nicht mehr derselben Meinung war wie der Liedtext. Ich forderte Glück, ich wollte mich nicht länger mit Träumen begnügen.
»Der Sänger am Himmelstor« von Merikanto war das letzte Lied meiner Gesangsprüfung, ein stimmlich leichtes Stück zum Abschluss. Die Vorbereitung auf die Prüfung war nicht ganz glatt verlaufen. Ich hatte mich fest darauf verlassen, beim Studentenkonzert in der Woche davor das schlimmste Lampenfieber abbauen zu können, aber am Tag vor dem Konzert wachte ich mit Halsschmerzen und verstopfter Nase auf. Gemeinsam mit meiner Gesangslehrerin beschloss ich, auf das Konzert zu verzichten, um die Teilnahme an der Prüfung nicht zu gefähr-den. Meine Therapeutin war der Meinung, ich sollte die Prüfung nur verschieben, wenn es absolut unumgänglich wäre, denn ich hatte mich psychisch auf den dreiundzwanzigsten April eingestellt.
Auch am Prüfungstag fühlte ich mich noch nicht völlig gesund. Am Vorabend hatte ich eine Schlaftablette nehmen müssen, um die Panik zu dämpfen. Ich zwang mich, zu frühstü-
cken, konnte aber keinen Bissen bei mir behalten. Die Geräusche der Außenwelt klangen unnatürlich laut: Eine Kohlmeise schrie, und die Schritte auf der Straße dröhnten mir in den Ohren. Nur meine eigene
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