Lehtolainen, Leena
Florida.
Hoffentlich begräbt ihn beim nächsten Terroranschlag ein Flugzeug unter sich.
Um meine Schicht durchzuhalten, musste ich ein paar Pillen einwerfen. Ich nahm mir vor, ein paar Stunden zu schlafen und dann zum Bodybuilding zu gehen. Im Fitnessstudio war ich schon eine ganze Weile nicht mehr gewesen. Der Wetterbericht hatte für die nächste Woche den ersten Schnee in Lappland angekündigt, da könnten wir zum Snowboarden hinfliegen, falls Yazu seiner Mutter genug Geld abschwatzen konnte. Der Kerl macht auch auf dem Snowboard eine irre Figur. Er verschwendet keinen Gedanken daran, dass er sich was brechen könnte.
Das »Big Apple« schimmerte im Regen. Dieses Einkaufszentrum hat die Gegend total verändert, früher war an der Stelle nämlich ein Wald, wo wir als Kinder Krieg gespielt und später als Jugendliche gesoffen haben. Ausgerechnet da, wo wir früher unsere Pullen versteckt haben, steht jetzt das Alkoholgeschäft.
Ich holte mir in der Pizzeria eine Salamipizza und im Laden zwei Flaschen Bier. Den »Playboy« ließ ich liegen, um mir nicht wieder Mutters Genörgel anhören zu müssen. Sie war leider zu Hause und legte sofort los, als sie die Pizza sah.
»Warum hast du nicht angerufen? Ich hab Nudelauflauf und Karelischen Fleischtopf in der Kühltruhe, davon hätte ich dir was aufwärmen können. Du musst doch auch mal was Richtiges in den Magen kriegen.«
Ich musste lachen, denn sie redete wie meine Oma. Als Kind habe ich mich jedes Mal geschämt, wenn ich Freunde zu Besuch hatte und Mutter am Telefon mit Oma Dialekt redete. Einmal habe ich einen Laptop nach Pielavesi mitgenommen. Oma hat sich das Ding von allen Seiten angeguckt und dann gefragt, ob das jetzt also das Internet wäre. Ich hab die Geschichte auf der Arbeit erzählt, allerdings nicht erwähnt, dass die senile Eselin meine eigene Großmutter war. Nicht mal Englisch konnte sie, und ins Ausland ist sie in ihrem ganzen Leben nicht gereist. Für sie war schon Kuopio eine Großstadt.
Mutter machte Salat zurecht und hielt mir einen Vortrag über Vitamine. Ich verkniff mir die Bemerkung, dass ich über Zusatzstoffe und ihre Verwendung besser informiert war als sie.
Mutsch glaubt blindlings an alles, was die Zeitungen behaupten: Hasch wäre eine Droge und Energydrinks wären lebensgefährlich. Kein Wunder, dass unser Business den Bach runtergegan-gen ist, wenn die Hälfte der Bevölkerung noch in den achtziger Jahren lebt.
Mutters Augen sahen genau so aus wie früher, wenn ein Anruf von der Schule gekommen war, weil ich geschwänzt oder mich mit den Lehrern angelegt hatte. Sie hatte etwas auf dem Herzen, würde aber erst darüber sprechen, nachdem ich aufgegessen hatte. Beim Essen wurden in unserer Familie keine Probleme gewälzt. Als ich die Pizza vertilgt hatte, machte ich das zweite Bier auf und ging ins Schlafzimmer. Die Augen fielen mir schon fast von selbst zu. Mutter räumte in der Küche den Tisch ab und kam dann an die Schlafzimmertür.
»Hast du in letzter Zeit was von Katja gehört?«
Aha, diesmal war meine Schwester das Problem.
»Ich hab sie gestern im Vorbeifahren in der Stadt gesehen, wir haben uns zugewunken, aber gesprochen habe ich nicht mehr mit ihr, seit ich bei ihr war und ihren Computer repariert habe.
Das ist mindestens einen Monat her.«
»Und wie hat sie da gewirkt?«
»Weiß nicht.«
Sie setzte sich auf mein Bett. Ihre Haare wirkten heller, als ich sie in Erinnerung hatte, fast, als hätte sie sie gefärbt. Ich sah genauer hin und merkte, dass sie grau wurden. Die Augenlider hingen herunter wie bei einem Hund. Zu blöd, dass ich kein Geld hatte, ihr ein Lifting zu spendieren. Sie streichelte mir flüchtig das Gesicht, und ich versuchte, nicht zu zeigen, wie unangenehm mir die Berührung war.
»Sara hat angerufen … Sie hat Katja ganz merkwürdige Sachen eingeredet. Nun behaupten beide, Großvater hätte sie belästigt. Ausgerechnet jetzt, wo bei Katja alles so gut läuft mit der Magisterarbeit und den Vorlesungen an der Uni!«
Sie weinte fast, und das konnte ich absolut nicht ertragen.
Eigentlich hätte sie auf die albernen Gänse wütend sein müssen.
»Katja spinnt irgendwie rum, das stimmt schon. Als ich bei ihr war, hatte sie ein Bild von Rane an der Wand hängen.«
»Von Rane? Wo hat sie das denn her?«
»Keine Ahnung.«
Ich verschwieg ihr, dass ich geglaubt hatte, es wäre ein Foto von mir. »Sie wundert sich, warum Rane den Mord an Opa nie gestanden hat.«
»Wie kommt sie denn
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