Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
Vom Netzwerk:
Entwicklungsländern sehr wohl etwas höchst Bedeutsames! Dennoch ist dein Einwand natürlich berechtigt: Der normale Spender erwirbt längst nicht so viel soziales Prestige wie ein Großspender. Außerdem hast du recht mit deinem Hinweis, dass man eher etwas spendet, wenn man die positiven Folgen seiner Hilfe konkret beobachten kann. Der »Schleier der Abstraktion«, über den wir ja schon gesprochen haben, legt sich leider nicht nur über die Realität des Grauens in der Welt, sondern verhüllt auch die positiven Wirkungen, die von altruistischen Taten ausgehen. Dazu gibt es einige interessante Untersuchungen: So fand man beispielsweise heraus, dass Menschen mehr spenden, wenn sie nur von der Not eines einzelnen Kindes erfahren, als wenn man ihnen zusätzlich noch die Information gibt, dass neben diesem einen Kind viele tausend andere Kinder in ähnlicher Weise leiden müssen. Wir sind in der Regel sogar eher bereit, eine bestimmte Summe zu spenden, wenn dadurch ein Kind gerettet werden kann, als wenn man uns sagt, dass mit der gleichen Summe zehn oder zwanzig Kinder gerettet werden können.
    Aber das ist doch völlig bescheuert!
    Klar, aber so funktioniert die menschliche Psyche nun einmal! Abstrakte Zahlen rühren uns längst nicht so sehr an wie ein einzelnes, konkretes Schicksal. Was die Spendenbereitschaft aber noch stärker reduziert, ist die Abstraktion der »kollektiven Verantwortung«: Denn natürlich ist der Einzelne nicht verantwortlich für das Elend in der Welt – und er kann dieses Elend als Einzelner auch nicht beseitigen. Logischerweise können wir in dieser Hinsicht nur gemeinsam etwas erreichen. Das Problem jedoch ist: Solange jeder Einzelne meint, dass er nichts an den katastrophalen Missständen in der Welt ändern kann, werden wir auch als Gemeinschaft nichts an diesen Missständen ändern können. Wir verlassen uns nur zu gerne auf »die anderen«. Solange sie nichts tun, tun wir auch nichts. Und so bleibt alles beim Alten …
    Der Einzelne wird sich also nur engagieren, wenn er sieht, dass sich viele andere ebenfalls engagieren?
    Genau – und das macht Peter Singers Vorschlag so interessant, denn er schiebt die Verantwortung nicht an abstrakte Gremien ab, sondern nimmt jeden Einzelnen von uns in die Pflicht. Auf der Website thelifeyoucansave.com kann man das Versprechen abgeben, dass man sich an die vorgeschlagene Spendenformel halten will und den entsprechenden Anteil seines Einkommens an Projekte abgibt, die jenen helfen, die in extremer Armut leben.
    Hast du dich da eingetragen?
    Ja. Allerdings zähle ich als freischaffender Philosoph mit meinen mickrigen Einnahmen nicht zu den wirklich interessanten Leuten. Um ein finanzkräftiger Spender zu sein, hätte ich einen anderen Beruf wählen müssen.
    Wie viele Leute haben denn außer dir versprochen, sich an die Spendenformel zu halten?
    Leider nicht sonderlich viele! Wir können ja mal auf der Website nachschauen … Ja, es ist so, wie ich es mir dachte: Es sind noch immer unter 7000 Personen.
    Damit kommt man nicht weit!
    Nein. Auf diese Weise werden wir mit Sicherheit nicht das Kapital zusammenbekommen, das notwendig ist, um die globale Misere in den Griff zu bekommen. Ganz anders sähe die Sache natürlich aus, wenn man den Bedingungen der Spendenformel nicht erst aktiv zustimmen müsste , sondern ihr höchstens aktiv widersprechen könnte .
    Wie meinst du das?
    Lass es mich am Beispiel der Organspendepraxis verdeutlichen: In unserem Nachbarland Österreich gilt die sogenannte Widerspruchsregelung . Das heißt: In Österreich wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass jeder Mensch, der dort stirbt, Organspender ist, sofern er sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat und in das entsprechende Nicht-Organspender-Register eingetragen ist. In Deutschland hingegen gilt die Zustimmungsregel : Organspender ist hier nur derjenige, der der Spende ausdrücklich zustimmt. Die Folge davon ist, dass in Deutschland viele Menschen vergeblich auf ein lebensrettendes Organ warten. Denn obwohl zwei Drittel der Deutschen für die Organspende eintreten, haben nur klägliche 17 Prozent einen Organspendeausweis. Die katastrophalen Folgen davon kannst du dir ausmalen …
    Du bist also dafür, in Deutschland ebenfalls die Widerspruchsregelung bei der Organspende einzuführen?
    Selbstverständlich. Denn es ist absolut unethisch, die eigenen Organe im Grab verrotten zu lassen, wenn andere Menschen auf diese Organe angewiesen sind, um weiterleben zu

Weitere Kostenlose Bücher