Leibniz war kein Butterkeks
dich?
Ja. Aber ich weiß nicht, worauf du hinauswillst …
Also: Wenn du damals die Nudeln auf den Tisch gestellt und die Plastikbecher an uns Kinder verteilt hättest, so hättest du sagen können: »Simsalabim, Spaghetti, gelb, grün, blau!« – und jeder hätte verstanden, was du damit meinst!
Das ist wahr. Deine Interpretation ist insofern interessant, als sie zwei Dinge deutlich macht, die man nicht vergessen sollte, wenn man über »Sinn« spricht.
Und die wären?
Nun, zunächst einmal müssen wir beachten, dass der Sinngehalt einer Aussage kontextabhängig ist. Der Ausspruch »Spaghetti, gelb, grün, blau!« mag in einer bestimmten Situation vielleicht Sinn ergeben, in den meisten anderen Situationen ist er aber sinnlos.
Heißt das auch, dass ein und derselbe Satz je nach Situation etwas völlig anderes bedeuten kann?
Klar! Wenn wir mit einem älteren Herrn bei einem guten Glas Rotwein am Swimmingpool sitzen und er sagt: »Wie man sieht, genieße ich das Leben in vollen Zügen!«, so meint das etwas anderes, als wenn wir den gleichen Satz von einem Schaffner im überfüllten Intercity nach Hamburg hören.
Hahaha! Stimmt!
Außerdem weist deine Deutung auf etwas sehr Grundlegendes hin: Unser Gehirn ist offenbar so sehr auf die Herstellung von bedeutungsvollen Zusammenhängen, also »Sinn«, programmiert, dass wir Zusammenhänge sogar da sehen, wo eigentlich gar keine vorhanden sind.
Kannst du dafür noch ein anderes Beispiel geben?
Klar, nehmen wir einmal die Astrologie: Die Anordnung der Sterne im Universum folgt, wie wir wissen, physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Mit den »Sternbildern«, die wir aus unserer irdischen Perspektive in den Kosmos hineininterpretieren, hat das natürlich nichts zu tun! In Wahrheit gibt es keinen »großen Wagen«, keinen »Stier«, keine »Jungfrau« am Himmel. Das sind bloß menschliche Fiktionen. Während solche »Sternbilder« den Menschen in früheren Zeiten geholfen haben, sich auf dem offenen Meer zu orientieren, führt ihre astrologische »Deutung« in Form von Horoskopen dazu, dass Menschen eher desorientiert werden. Denn ebenso wenig, wie es die »Jungfrau« oder den »Stier« am Himmel gibt, gibt es vernünftige Gründe dafür, Menschen ausgerechnet danach zu unterscheiden, unter welchen »Sternzeichen« sie angeblich geboren wurden. In den Sternen steht definitiv nicht geschrieben, welches Schicksal dich ereilen wird oder welche Persönlichkeitsmerkmale du hast. Jeder, der so etwas behauptet, redet blanken Unsinn!
Warum?
Weil er einen bedeutungsvollen Zusammenhang unterstellt, wo in Wirklichkeit gar kein Zusammenhang existiert. Es gibt eine Menge empirischer Untersuchungen, die das belegen.
Aber ist es nicht doch so, dass Leute, die als »Jungfrau« geboren wurden, anders sind als »Löwen« oder »Fische«? Ich habe manchmal den Eindruck, dass da vielleicht doch was dran sein könnte …
Dieser Eindruck entsteht dadurch, dass du die Menschen schon unter einer »astrologischen Brille« wahrnimmst. Du konzentrierst dich auf Eigenschaften, die angeblich »typisch Jungfrau« oder »typisch Löwe« sind, und gehst davon aus, dass diese Eigenschaften bei Leuten, die in einem bestimmten Monat geboren wurden, vermehrt auftreten. Lässt du die »astrologische Brille« weg und gehst unvoreingenommen an das Thema heran, so lösen sich diese scheinbaren Zusammenhänge schnell in Luft auf. Das haben unter anderem Studien an »astrologischen Zwillingen« gezeigt, also Menschen, die exakt zum gleichen Zeitpunkt geboren wurden. Sie wiesen keine größeren Gemeinsamkeiten auf als Menschen, die zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten das Licht der Welt erblickten.
Und wie kommt es dann, dass man trotzdem manchmal feststellen kann, dass Vorhersagen aus dem Horoskop zutreffen?
Das hat erstens damit zu tun, dass diese Vorhersagen in der Regel so schwammig formuliert sind, dass man beinahe alles in sie hineininterpretieren kann. Etwa: »Nächste Woche erhalten Sie eine freudige Nachricht!« Das kann fast alles bedeuten! Zweitens muss man die statistische Wahrscheinlichkeit des zufälligen Eintreffens von Vorhersagen mit einkalkulieren. Je häufiger du Horoskope liest, desto häufiger ist auch zu erwarten, dass sich einige der Prophezeiungen auch bewahrheiten. Und drittens darf man das Phänomen der »sich selbst erfüllenden Prophezeiungen« nicht übersehen: Manche Dinge treten gerade deshalb ein, weil man erwartet , dass sie eintreffen.
So etwas gibt es
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