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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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Sicherheit davon ausgehen, dass auch diesem unverbesserlichen Griesgram hin und wieder ein verschmitztes Lächeln über die Lippen kam – vor allem in jenen glücklichen Momenten, in denen es ihm gelang, einen besonders vernichtenden Satz über die Trostlosigkeit der menschlichen Existenz zu formulieren …
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Sollten wir stolz auf eigene Leistungen sein?
    Du hast eben davon gesprochen, dass wir das, was wir sind und was wir erreichen, ganz wesentlich Zufällen zu verdanken haben. Wenn das aber so ist, können wir dann überhaupt noch stolz auf eigene Leistungen sein?
    Na ja, man kann das offensichtlich schon, wie man an all den Leuten sieht, die mit stolzgeschwellter Brust durch die Welt schreiten. Aber ich meine, wir sollten es nicht sein – und zwar aus zwei Gründen: Erstens, weil Stolz auf einer falschen Interpretation der Wirklichkeit beruht, und zweitens, weil er uns die Chancen auf ein glückliches Leben verbaut.
    Das musst du aber erklären.
    Schauen wir uns zunächst an, was »Stolz« bedeutet: Wenn jemand stolz darauf ist, was er ist oder was er erreicht hat, so ist das zunächst einmal etwas sehr Positives, nämlich ein Ausdruck einer großen inneren Zufriedenheit . Allerdings bedeutet Stolz mehr als das, denn er beruht zusätzlich auf einer besonderen Interpretation der Gründe für diese Zufriedenheit , nämlich der Zuschreibung, dass wir selbst – und keine Kräfte außerhalb dieses Selbst! – dafür verantwortlich sind. Diese Interpretation der Wirklichkeit ist jedoch falsch: Denn jede Eigenschaft, die uns auszeichnet, ist das Ergebnis von unzähligen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhängen, die teilweise schon auftraten, bevor sich unser ach so stolzes Selbst überhaupt entwickelte.
    Kannst du dafür ein Beispiel geben? Im Moment verstehe ich nicht, worauf du hinauswillst …
    Nehmen wir das Merkmal »Schönheit«: Viele Menschen sind stolz auf ihr Aussehen, bilden sich also etwas darauf ein, in puncto »Schönheit« besser abzuschneiden als andere. Nun ist es ja fein, wenn Menschen mit ihrem Aussehen zufrieden sind, aber Gründe für »Stolz« gibt es hier bestimmt nicht! Denn Schönheit ist über weite Strecken bloß das Produkt der zufälligen Kombination von Erbmerkmalen beim Verschmelzen einer Samenzelle mit einer Eizelle zu einem Zeitpunkt, als dieses »stolze Ich« noch gar nicht existierte. Wäre zufällig ein anderes Spermium schneller gewesen, wäre statt einer strahlenden Schönheitskönigin möglicherweise ein Mensch mit völlig asymmetrischen Gesichtszügen entstanden, den niemand als sonderlich attraktiv empfände. Mit anderen Worten: Stolz auf eigene Schönheit zu sein, ist eine ziemlich lächerliche Angelegenheit, denn niemand kann etwas dafür, welche Erbinformationen bei seiner Entstehung zusammenkamen.
    Okay. Dass es blödsinnig ist, sich irgendetwas auf das eigene Aussehen einzubilden, ist logisch. Aber wie ist das bei anderen Dingen? Wenn ich beispielsweise hart für eine Mathearbeit gepaukt habe und dann gut abschneide, dann habe ich doch allen Grund, stolz darauf zu sein, oder?
    Selbstverständlich hättest du allen Grund, mit dir und deinem Erfolg zufrieden zu sein. Aber » stolz «? Auch die Fähigkeit zu intellektuellen Leistungen ist ja zu einem großen Teil von der zufälligen Mischung von Erbmerkmalen bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle abhängig! Viele Menschen können sich anstrengen, so viel sie wollen, komplexere Zusammenhänge werden sie nie verstehen, da sie nicht die Veranlagung zu einer höheren mathematischen Intelligenz mitbringen. Anderen wiederum fällt das Lösen komplexer Gleichungen aufgrund ihrer genetischen Begabung in den Schoß. Doch wie könnten sie »stolz« darauf sein?! Als die Voraussetzungen für ihre mathematischen Fähigkeiten gelegt wurden, gab es ihr »Ich« ja noch gar nicht!
    In Ordnung. Allerdings habe ich das Beispiel mit der Mathearbeit nicht ohne Grund gewählt! Wie du weißt, bin ich alles andere als ein Mathegenie. Wenn ich eine gute Note schreiben will, dann muss ich mich schon ziemlich anstrengen. Warum also sollte ich nicht stolz sein, wenn mir das ausnahmsweise mal gelingt? Schließlich hätte ich die gute Note ja weniger meinen tollen Genen als meinen eigenen Anstrengungen zu verdanken.
    Nun ja, nicht nur die Intelligenz, sondern auch die Leistungsbereitschaft einer Person ist maßgeblich von Erbanlagen beeinflusst. Manche Menschen sind von Kindesbeinen an sehr ehrgeizig, andere eher phlegmatisch.

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