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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Berechtigung gegeben. Es hatte keinem anderen Zweck gedient, als Irving eine Gelegenheit zur Selbstdarstellung
     im Fernsehen zu bieten. Ich fragte mich, ob Gardner davon gewusst hatte. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass es
     ihm gefiel, wie Irving die Ermittlung benutzte, um für sein neues Buch zu werben.
    Trotzdem, als ich zum Leichenschauhaus fuhr, spürte ich eine Vorfreude, die mir auch die Selbstgefälligkeit des Psychologen
     nicht verderben konnte. An diesem Morgen war ich einmal vor Tom dort. Doch ich hatte mich gerade erst umgezogen, als auch
     er ankam.
    Er machte einen besseren Eindruck als am Abend zuvor, wie ich mit Erleichterung feststellte. Ein gutes Essen und ein ruhiger
     Schlaf heilten vielleicht nicht alles, aber beides schadete selten.
    «Da ist ja jemand sehr eifrig», sagte er, als er mich sah.
    «Paul und ich haben gestern Abend etwas entdeckt.»
    Ich zeigte ihm die Puppenhüllen sowie das geheimnisvolle Insekt und erklärte ihm, wie wir darauf gestoßen waren.
    «Das wird ja immer merkwürdiger», sagte er, als er das Insekt betrachtete. «Ich denke, du hast recht damit, dass die Leiche
     schon verwest war, bevor sie begraben wurde. Was das hier angeht   …» Er klopfte leicht gegen das Glas, in dem das tote Insekt lag. «Ich habe keine Ahnung, was das ist.»
    «Ach.» Ich hatte angenommen, dass Tom es identifizieren könnte.
    «Tut mir leid, dich zu enttäuschen. Schmeißfliegen und |150| Käfer sind eine Sache, aber so ein Insekt ist mir noch nie untergekommen. Aber ich kenne jemanden, der uns weiterhelfen kann.
     Josh Talbot bist du noch nicht begegnet, oder?»
    «Ich glaube nicht.» Ich hatte die meisten von Toms Kollegen kennengelernt, aber dieser Name sagte mir nichts.
    «Er ist unser Entomologe, ein wandelndes Insektenlexikon. Wenn jemand weiß, was das ist, dann Josh.»
    Während er Talbot anrief, machte ich mich daran, die Knochen der exhumierten Leiche abzuspülen, die ich über Nacht in Lösungsmittel
     eingeweicht hatte. Als ich die ersten in die Trockenkammer legte, kam Tom zurück.
    «Wir haben Glück», sagte er. «Er wollte gerade nach Atlanta zu einer Konferenz abreisen, aber er kommt vorher kurz vorbei.
     Es dürfte nicht lange dauern.» Tom begann, mir mit den Knochen zu helfen. «Hast du übrigens unseren Freund Irving im Fernsehen
     gesehen, gestern Abend?»
    «Wenn du das Interview meinst, das habe ich heute Morgen gesehen.»
    «Wie schön. Dann bringen sie schon die Wiederholung.» Tom lächelte und schüttelte den Kopf. «Das muss man ihm lassen, der
     lässt sich keine Gelegenheit entgehen, was?»
    Er hatte kaum ausgesprochen, als es leise an der Tür klopfte. «Das kann Josh noch nicht sein», sagte Tom, seufzte und öffnete
     sie.
    Er war es auch nicht. Es war Kyle.
    Tom schluckte und trat zur Seite, um ihn hereinzulassen. «Ich hätte nicht damit gerechnet, dich so bald wiederzusehen. Warum
     nimmst du nicht ein paar Tage frei?»
    Kyle grinste gequält. «Das wurde mir auch angeboten, aber es ist nicht gerecht, wenn die anderen für mich einspringen müssen.
     Ich fühle mich gut. Und bestimmt ist es besser zu arbeiten, als zu Hause zu sitzen.»
    |151| «Wie geht es Ihrer Hand?», fragte ich.
    Er hielt sie hoch, um sie uns zu zeigen. Nur ein kleines Pflaster auf der Innenfläche zeugte davon, was geschehen war. Kyle
     betrachtete seine Hand, als wäre sie kein Teil von ihm. «Man sieht nicht viel, oder?»
    Es entstand eine betretene Stille. Tom räusperte sich. «Und   … wie geht es sonst?»
    «Ach, ganz gut, danke. Es dauert eine Weile, bis ich die Testergebnisse kriege, aber ich versuche, es positiv zu sehen. Im
     Krankenhaus hat man mir gesagt, dass ich schon jetzt für HIV und ein paar andere Sachen Behandlungen kriegen könnte, wenn
     ich will. Aber so, wie ich es sehe, war die Leiche vielleicht gar nicht infiziert. Und selbst wenn, muss ich mir ja nicht
     unbedingt etwas eingefangen haben, oder?»
    «Du solltest es dir trotzdem überlegen», sagte Tom. Er machte eine hilflose Handbewegung. «Hör zu, es tut mir leid, dass   …»
    «Bitte nicht!» Die Heftigkeit zeigte, unter welchem Druck Kyle stand. Er zuckte verlegen mit den Achseln. «Entschuldigen Sie
     sich bitte nicht. Ich habe nur meine Arbeit gemacht. So etwas kann passieren, oder?»
    Eine unbehagliche Stille kam auf. Kyle beendete sie.
    «Und   … wo ist Summer?» Er gab sein Bestes, um beiläufig zu klingen, aber es war nicht überzeugender als zuvor. Man konnte unschwer
    

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