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Leichenfresser - Thriller

Leichenfresser - Thriller

Titel: Leichenfresser - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Was er im Sarg sah, ähnelte in keiner Weise dem Mann, an den er sich erinnerte. Dieser war selbst im hohen Alter noch voller Leben gewesen. Er war lustig gewesen, hatte immer gelächelt oder Witze erzählt. Die blasse, wächserne Gestalt, die im Sarg lag, lächelte nicht. Sie wirkte wie eine Schaufensterpuppe aus einem Kaufhaus. Sogar die Haare hatte man seinem Großvater anders gekämmt. Sein Freimaurerring zierte die Hand, der Edelstein darin funkelte unter den Lichtern. Dane Graco steckte in einem Anzug. Wann hatte sein Großvater je einen Anzug getragen? Nie, zumindest nicht soweit Timmy zurückdenken konnte. Er hatte immer bequeme Hosen und Hemden mit hochgerollten Ärmeln getragen. Sogar bei Kirchenbesuchen hatte sein Großvater stets Pullovern den Vorzug gegenüber Anzügen gegeben.
    Doug spürte das Unbehagen seines Freundes. »Willst du hingehen? Dein Dad sieht wirklich mitgenommen aus.«
    »Ich will nicht. Aber ich denke, ich sollte wohl.«
    Seine Mutter bemerkte seinen Blick und lächelte traurig. Allein durch ihre Miene rief sie ihn zu sich, eine einzigartige Form der Telepathie, die nur zwischen Eltern und ihren Kindern funktionierte. Widerwillig gehorchte Timmy dem stummen Befehl und stand auf.
    »Wir sehen uns später.«
    Mit schweren Schritten ging er nach vorn, bahnte sich einen Weg zwischen den Erwachsenen hindurch. Sie sprachen ihm ihr Beileid aus, als er sie passierte, und tätschelten ihm herablassend den Kopf, als wäre er noch sechs und nicht schon zwölf Jahre alt. Timmy bemühte sich, höflich zu ihnen zu sein, aber innerlich nahm er ihre Anwesenheit kaum wahr. Seine Aufmerksamkeit galt allein der Gestalt im Sarg, die angeblich sein Großvater sein sollte.
    Barry und Doug beobachteten ihn. Barry zupfte an seiner Krawatte. Sein Kragen fühlte sich an, als wolle er ihn erwürgen, und trotz eingeschalteter Klimaanlage herrschte in der Kirche eine stickige Hitze.
    Doug beugte sich zur Seite und flüsterte Barry ins Ohr: »Das ist echt beschissen. Er tut mir so leid, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Ich auch nicht. Ich habe meinem Dad schon bei Dutzenden Beisetzungen geholfen. Es ist immer unangenehm und die Leute tun einem leid, aber es gibt nicht wirklich etwas, das man sagen kann. ›Mein Beileid‹ scheint irgendwie einfach nicht genug zu sein. Schon gar nicht diesmal.«
    »Warum diesmal noch weniger als sonst?«
    »Weil Timmy unser Freund ist. Und weil sein Opa echt cool war.«
    »Ja«, pflichtete Doug ihm bei. »War er wirklich. Ich hab ihn gemocht.«
    »Manchmal denke ich, er war der einzige coole Erwachsene, den ich kannte«, sagte Barry.
    Als sie wieder aufschauten, hatte die Masse der Erwachsenen Timmy völlig verschluckt.
    Timmy war schon Hunderte Male durch das mit rotem Teppich ausgelegte Schiff der Kirche gegangen. Zum Beispiel zur Kommunion und am Jugendsonntag, wenn er damit an der Reihe war, die Opfergabe zu empfangen, oder bei der jährlichen Weihnachtsaufführung. Vergangenes Jahr hatte er Josef gespielt, während Katie die Rolle der Maria übernommen hatte, und alle Erwachsenen hatten gemeint, wie süß sie zusammen aussähen. Damals wäre Timmy vor Peinlichkeit am liebsten im Erdboden versunken und dann gleich noch mal, als Katie seine Hand gedrückt hatte, während sie sich unter dem Applaus der Gemeindemitglieder verbeugten. Er kannte das Kirchenschiff so gut wie den Friedhof draußen, doch es hatte noch nie so lang oder so überfüllt gewirkt wie in diesem Augenblick. Die durch die Menschenmenge gesteigerte Hitze war erstickend und sein Anzug fühlte sich an, als klebe er an seiner Haut. In der Luft hing eine Mischung aus Kölnischwasser, Parfüm und Kerzenrauch. Er kämpfte sich durch die Menschenmenge und gelangte schließlich zum vorderen Bereich.
    Timmy stand vor dem Sarg, blickte auf den Leichnam seines Großvaters hinab und bemühte sich nach Kräften, nicht zu weinen. Aus nächster Nähe empfand er den Anblick als noch schlimmer.
    Er schloss die Augen und versuchte vergeblich, das Bild abzuschütteln. Die Gestalt im Sarg roch sogar anders. Sein Großvater hatte immer nach Rasierwasser von Old Spice geduftet. Von dem reglosen Körper vor ihm ging gar kein Geruch aus. Timmy öffnete die Augen wieder und betrachtete die sorgfältig über der Brust gefalteten Hände des Leichnams. Die Haut seines Großvaters hatte sich immer rau und warm angefühlt. Seine Hände hatten durch jahrelange harte Arbeit dicke Schwielen besessen. Timmy fragte sich, wie sie sich

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