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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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beugte mich zu ihr und legte meine Hände auf ihre. »Noah Beal ist ein Grund.«
    Sie sprang auf. »Jetzt fangen Sie schon wieder an. Hören Sie denn gar nicht zu?«
    In der Ferne heulten Polizeisirenen.
    »Noah will Drews Grund haben«, sagte ich. »Mehr als alles andere. Arbeitet Will nicht für Noah?«
    »Nur Teilzeit. Nichts Großartiges.«
    »Was wissen Sie, Joy? Sie verbergen es nicht sehr gut.«
    Ihre Augen funkelten. »Haben Sie vor, der Polizei diese an den Haaren herbeigezogene Theorie aufzutischen?«
    »Das habe ich. Ich hätte in diesem Feuer sterben können. Drew auch.«
    »Sie sagten doch, er wäre bereits tot gewesen und …«
    Wagen mit lauten Sirenen rasten in den Hof. Scooter brüllte: »Mommy!«
    »Und was, Joy?«
    Sie riss die Augen auf, ihre Hände zitterten. »Verstehen Sie denn nicht? Wenn Will herausfindet, dass Sie der Polizei das alles erzählt haben, dann weiß ich nicht, was er Ihnen antun wird.«

33
Cookies und Milch
    Hank platzte zur Tür herein, gefolgt von zwei Cops aus Winsworth. Er packte mich und zog mich fest an seine Brust. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er mich erwürgen oder liebkosen wollte. Glücklicherweise war es das Zweite, doch ich hatte den Verdacht, dass die Entscheidung knapp ausgefallen war, insbesondere anbetrachts seines nachfolgenden Vortrags zu meinem waghalsigen Verhalten.
    Noch eine Umarmung, dieses Mal von mir. Ich genoss seine Stärke und zuverlässige Gegenwart und verspürte den atemlosen Drang, sofort auf Joy Saccos Couch mit ihm zu schlafen.
    Dann sprudelte alles aus mir heraus, bis auf meine Ansichten zu Sacco. Die reservierte ich für ein Vieraugengespräch mit Hank. Nicht, weil ich Will Sacco fürchtete – was ich durchaus tat –, sondern weil es keine Beweise gab. Und Joy und Scooter verdienten eine Pause.
    Joy stand mit Scooter auf dem Arm im Hintergrund und hörte zu. Sie schaute wachsam, als ich erzählte, wie ich Drew tot aufgefunden hatte und wie dann das Feuer ausgebrochen war. Noch bevor ich fertig war, sank sie aufs Sofa und wiegte ihr Kind.
    Sie nahm sich das alles zu Herzen, und sie tat mir leid.
    Hank tat mir noch viel mehr leid. Er hatte gerade seinen engsten Freund verloren.
    »Es tut mir so leid, Hank. Um Drew.«
    Hank sah weg und presste die zitternden Lippen aufeinander. Die zwei Beamten der Polizei von Winsworth standen schweigend und mit vor dem Bauch gefalteten Händen da.
    »Das kommt vor, Tally«, sagte Hank. »Du weißt das selber nur zu gut.«
    »Ja. Aber der Schmerz wird dadurch nicht geringer.«
    »Hast du das Schreiben?«
    »Hier.« Ich reichte es ihm. »Es fängt an wie der Abschiedsbrief eines Selbstmörders, aber ich hatte keine Gelegenheit weiterzulesen. In dem Moment ist da nämlich die Hölle losgebrochen. Du wirst ihn mir doch …«
    »Zeigen?«, meinte Hank. »Klar.« Er ließ das Blatt in eine Plastiktüte gleiten, die er dann in sein Hemd steckte. »Also los. Wir fahren besser mal rüber zu Drew.«
    »Peanut und ich kommen mit«, sagte ich.
    »Und ob ihr mitkommt.« Hank rieb sich den Nacken. »Ich bin froh, dass du Peanut retten konntest.«
    »Machst du Witze? Sie hat mich gerettet. Ich dachte, ich könnte sie behalten. Penny hätte sicher gern eine Freundin.«
    Das brachte mir die Andeutung eines Lächelns von Hank ein. Er zog die Fliegentür auf. »Alles Gute, Joy. Und danke, dass du Tally beigestanden hast.«
    Mein Blick wanderte zu Joy. Sie hatte sich über Scooter gebeugt und wollte mich nicht ansehen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich sie.
    Sie nickte.
    »Joy?«
    Sie winkte mich fort, ohne aufzusehen.
    Während der kurzen Fahrt zu Drews Camp erzählte ich Hank von meinem Verdacht, dass Will Sacco der Brandstifter war. Er nickte, sagte aber nicht viel. Als wir ankamen, bemerkte ich zuerst den Krach. Er war ohrenbetäubend. Drews Haus brannte noch immer, obwohl die Feuerwehrleute, die ihre Schläuche zu einem Teich auf der Wiese gelegt hatten, es mit Wasserfontänen übergossen. Erstaunlich, aber zwei der Außenwände standen noch. Der Rauch biss mir in die Nase, und Funken stoben in den bleifarbenen Himmel.
    Hank ging zu dem Mann, auf dessen gelber Jacke das Wort »Chief« stand. Ich blieb mit Peanut im Auto. Das ließ mir zu viel Zeit zum Nachdenken.
    Wieder sah ich Daddy, wie er mich aus dem Haus trug, über das Feld und den Abhang hinunter zerrte, wie unser einzelner Koffer gegen sein Bein schlug, wie wir strauchelten und den Hang hinunterpurzelten.
    Ich stützte den Kopf in die Hände und schloss die

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