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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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Eingangshalle hinter ihrem Schreibtisch.
    »Hi«, sagte auch ich und ging hinüber. Auch das Namensschild auf dem Schreibtisch war handgemalt. »Miss Gropner?«
    »Genau. Ethel Gropner. Und bloß keine witzigen Bemerkungen wegen meines Namens. Klar? Nennen Sie mich einfach Eth.«
    »Verstanden, Eth. Ich bin Tally. Die Wandmalereien sind umwerfend.«
    »Stimmt.« Ethel nickte. »Hat Laura gemalt.«
    »Wow.« Meine Vorstellung von Laura Beal änderte sich erneut.
    »Nächste Woche ist alles weg.« Ethel seufzte.
    »Nein. Soll das ein Witz sein? Warum?«
    »Der alte Beal«, meinte sie. »Hat sich da irgendwie reingesteigert. Absolut bescheuert.«
    »Also ist Mr Beal beim Großreinemachen.« Noah verlor wirklich keine Zeit.
    Sie warf einen ihrer Zöpfe nach hinten. »Dieser alte Sack. Er lässt Lauras ganze Kunst übermalen. Ich meine, stellen Sie sich doch mal vor. Das hier ist ihr Vermächtnis. Was für eine dumme Entscheidung. Er will alles hier verkaufen. Den Sender, das Gebäude, alles. Ich kann’s noch gar nicht glauben. Ich meine, was wird denn in diesem Kaff dann aus mir?«
    »Äh, vielleicht behält der neue Eigentümer Sie ja.«
    »Ja, klar.« Sie runzelte die Stirn. »Mir hat’s hier bei Laura gefallen.«
    »Das kann ich nachvollziehen.« Die Malereien zeigten, wie Laura Beal empfunden und gedacht hatte. »Dürfte ich vielleicht ein paar Fotos davon machen?«
    Sie grinste. »Klar. Sie sind übrigens die Erste, die das fragt.«
    »Danke.« Ich zog meine kleine Digicam aus der Tasche.
    » Entschuldigen Sie? «
    Ein zartes Männchen glitt die Treppe hinunter, baute sich mit baumelnden Armen vor mir auf und trommelte mit den Fingern gegen seine Bluejeans. Auf seinem schmalen, kantigen Gesicht war ein verkniffenes Lächeln zu sehen. Sein Haar war streng zurückgekämmt und gegelt. Etwas an mir nervte ihn total.
    »Was sagten Sie doch gleich, was Sie tun wollten?« Er zitterte vor Entrüstung.
    »Verzieh dich, Foster«, sagte Ethel. »Sie wollte nur ein paar Bilder von Lauras Sachen machen.«
    Er saugte nervös an seiner Unterlippe. »Gehören Sie zum Journal? «
    »Nein, ich …«
    »Mr Beal?«
    »Aber nein. Ich bin …«
    »Von der Polizei?«
    Ethel stieß mit dem Finger nach ihm. »Jetzt lass sie doch auch mal was sagen, Mann!«
    Fosters Nase blähte sich. »Also?«
    »Ich bin Psychologin und beschäftige mich mit Trauerarbeit. Ich versuche, mehr über Laura zu erfahren. Ich hatte gehofft, ihrer Schwester beistehen zu können, Annie.«
    »Annie ist eine Heilige, aber Laura …« Foster sank auf die Treppe und schlug die Hände vors Gesicht. »Ich vermisse sie ja so.«
    »Es tut mir leid.« Ich kauerte mich neben ihn. »Sie waren …«
    »Mit ihr befreundet. Nur befreundet.« Er schluchzte. »Und alle ziehen über sie her.«
    »Inwiefern?«
    Er umklammerte meine Hand. »Jeder erzählt doch, mit welchen Männern sie sich alles eingelassen hat. Und dass sie bekommen hat, was sie verdiente. Und dass sie …« Er schauderte. »Dass sie ein Flittchen war. Aber das stimmt überhaupt nicht. Sie hat einen einzigen Mann geliebt. Nur einen. Und das von ganzem Herzen.«
    »Davon habe ich noch nichts gehört. Wer war das?«
    Er ließ meine Hand los und richtete sich auf. »Das weiß ich nicht. Und ich würde es Ihnen auch nicht verraten, selbst wenn ich es wüsste. Er war Lauras geheimer Seelenverwandter, und sie hätte nie jemandem davon erzählt.« Er wedelte mit der Hand. »Ich meine, wenn sie jemandem davon erzählt hätte, dann ja wohl mir. Wir waren wie Pech und Schwefel.« Er hielt die ineinandergehakten Zeigefinger hoch und sah weg.
    Ethel reichte ihm ein Kleenex. Foster wischte sich die Augen und schnäuzte sich. Ethel verdrehte die Augen.
    »Foster ist unser Sendeleiter«, sagte sie. »Er ist schwul.«
    Foster streckte die Brust heraus. »Nur, weil ich mich geoutet habe, heißt das noch lange nicht, dass du es jedem Fremden aufs Auge drücken musst, Eth.«
    »Aber das ist doch cool«, meinte Ethel.
    Fosters Gesicht wurde ernst. »Nur für dich, meine Liebe. Nur für dich.«
    Foster wich mir nicht von der Seite, während ich Lauras Malereien fotografierte. Während wir durch den Sender gingen, stellte er mich dem diensthabenden Musikredakteur und seinem Producer vor, genau wie dem Nachrichtenmann. Alle hatten etwas Nettes über Laura zu sagen. Anscheinend war sie eine tolle Chefin gewesen.
    Bis auf die Spuren des Puders von der Spurensicherung war Lauras Büro im dritten Stock groß und aufgeräumt und ganz mit

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