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Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph G. Kretschmann
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Zunderschwamm zum Glimmen bringen. Die Dose war aus Silber gefertigt, ein Geschenk ihres Vaters. Anett schob den Deckel zur Seite. Die Dose entglitt ihren zitternden Händen und mit Schrecken hörte Anett, wie sie auf dem Boden aufschlug und zur Seite rutschte.
    Anett stieß einen leisen Schrei aus und sank auf die Knie. Sie musste die Dose wiederfinden! Ohne sie würde sie die Fackel nicht entzünden können! Mit ausgestreckten Händen tastete sie den Boden um sich herum ab. Nichts! Die Dose musste weiter gerutscht sein, als ihr lieb war. Aber irgendwo musste die Dose sein. Sie hatte sie auf den Boden fallen hören, also war sie hier irgendwo! War sie durch die Öffnung in der Mauer gerutscht, hinein in einen angrenzenden Raum? Oder auf die andere Seite des Gangs?
    Anett rutschte auf den Knien immer weiter, tastete herum und hoffte, die Dose würde ihr unter die Finger kommen. Immer weiter tastete sie sich vor. Dann brach der Boden unter ihr weg, sie stürzte und ein wilder Schrei löste sich aus ihrer Kehle, hallte in den leeren Gängen wieder und verebbte. Anett schlug schwer auf einen Steinboden auf und verlor das Bewusstsein.

40. Kapitel
    Halef Omar fühlte sich wie zerrissen. Es war nun einige Wochen her, dass er verwandelt worden war und er konnte noch immer nicht sagen, ob er das als Fluch oder als Geschenk hinnehmen sollte. Hinnehmen musste er es allemal. Nichts konnte seinen Zustand noch rückgängig machen. Anfangs hatte er sich in manchen Nächten unbemerkt an die Dörfer der Menschen herangeschlichen, hatte Nahrung und Kleidung gestohlen. Er fand einen Überwurf, Hosen und ein wollenes Hemd, groß genug, um ihm als Kleidung zu dienen. Er fühlte keine Kälte, keine Hitze, aber er war es gewohnt, Kleidung zu tragen und fühlte sich unwohl, wenn er nackt durch die Wälder streifte. Dann war er in einer gewittrigen Nacht bis zur Festung Poenari gelaufen. Seither war er am Fuß der Zitadelle geblieben. Am Tag versteckte er sich, nachts erkundete er die Gegend um die Burg herum.
    Dabei hatte er herausgefunden, dass der Berg, auf dem die Feste errichtet worden war, von Höhlen und Gängen durchzogen war. Dort fand er Unterschlupf und Schutz. Die Schakalgestalt, die er nun hatte, brauchte nicht viel Nahrung. Ein Kaninchen in der Woche reichte ihm aus und er hatte festgestellt, dass er es roh verspeisen konnte. Das frische, blutige Fleisch hatte einen ganz anderen Geschmack für den Schakal, als es ihn für den Menschen Halef gehabt hatte.
    Der Schakalköpfige hielt sich fern von den Wachen und Soldaten, die in letzter Zeit in immer größerer Zahl auf die Festung kamen. Dort oben, in den Mauern von Draculeas Festung, ging etwas vor sich, das er nicht ergründen konnte. So beschränkte er sich darauf, die Höhlen und Gänge zu erkunden, in der Hoffnung, dass einer davon ihm den Zugang zu der Zitadelle ermöglichen würde. Seine Sinne waren so scharf, dass er auch in völliger Dunkelheit seinen Weg finden konnte. Selbst wenn er nichts mehr sehen konnte, wusste er immer, wo er war und wie der Raum um ihn herum gestaltet war. Seine Ohren lieferten ihm Sinneseindrücke, die sich in seinem Kopf zu einer Art Bild zusammensetzten. Seine Nase sagte ihm, woher ein Windzug kam und wonach es roch. Er konnte verschiedene Steine an ihrem Geruch unterscheiden und je länger er sich in den Gängen aufhielt, desto präziser waren seine Wahrnehmungen geworden. Er konnte selbst die kleinsten Erschütterungen wahrnehmen. So wusste er auch, dass sich die Besatzung auf Burg Poenari auf mindestens hundert Mann verstärkt hatte. Vlad schien eine Truppe zusammenzuziehen. Der Vampir plante etwas und Halef vermutete, dass dies eine Folge des misslungenen Überfalls durch ihn und Hassan-i-Sabbah war. Der Vampir wollte sich schützen. Das war ihm nicht zu verdenken.
    In einer der Nächte, in denen Halef Omar auf Jagd gegangen war, hatte er etwas beobachtet, das selbst den Schakalköpfigen in Furcht versetzte. Er war abseits der Wege unterwegs gewesen, als ihn Schreie aufscheuchten. Der Wind stand ungünstig, so dass er nichts wittern konnte. Halef schlich sich in der Deckung des Unterholzes an den Ort heran, von dem der Schrei gekommen sein musste und er sah drei Männer in den Rüstungen von Vlad Draculeas Mannen, die sich über die Körper von zwei Frauen beugten. Erst nahm Halef an, die Männer würden den Frauen Gewalt antun, sie vergewaltigen, wie es Soldaten zu allen Zeiten immer wieder getan hatten, doch dann wurde ihm klar, dass

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