Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
verdammt zu ewigem Hass.
„Die Anderwelt ist nicht nur Licht, dort gibt es Schatten und Zonen der Dunkelheit, in der Wesen existieren, die so abgrundtief böse sind wie die anderen himmelhoch gut. Die Drachen können nicht zurück in die Anderwelt. So wenig wie Ihr und ich. Doch aus anderem Grund! Wir müssen unsere Aufgabe erfüllen, dann steht die Anderwelt uns wieder offen. Die Drachen können dies nicht, denn sie sind nicht wirklich. Sie sind Splitter eines Größeren, Teile einer dunklen Macht. Und nur was ganz ist, kann die Anderwelt betreten.“
Hassan-i-Sabbah senkte seinen Kopf und stöhnte leise. Er hatte so falsch gelegen! „Ihr wisst mehr, als ich, Freund Vicus, so unendlich viel mehr!“
„Denkt das nicht! Auch ich weiß nichts! Aber ich wurde angeleitet, ich habe Schwimmen gelernt. Ihr aber wurdet einfach ins kalte Wasser geworfen. Doch seid beruhigt, denn Ihr habt nichts falsch gemacht! Und nun werden wir unseren Weg gemeinsam gehen, wenn Ihr wollt!“
„Wie sieht er aus, dieser Weg? Könnt Ihr ihn erkennen?“ Hassan hob die Arme und ließ sie wieder sinken. „Ich kann es nicht! Ich sah meine Aufgabe immer darin, die Drachen zu bekämpfen, sie zu vernichten. Und gerade jetzt steigt wieder die Gefahr, dass Drachen die Welt ins Chaos stürzen, denn gleich zwei haben sich manifestiert. Ich bin ihnen begegnet und sehe die Gefahr größer werden!“
„Das ist wahr! Und wir müssen ihnen entgegentreten, das ist eine Tatsache. Ich wurde gewarnt und mir wurde aufgezeigt, dass ich zwei Menschen begegnen werde, die eine wichtige Rolle in diesem Spiel übernehmen werden. Ihr seid die zweite. Die erste ist eine junge Frau, die mir schon begegnet ist, die aber noch nicht reif ist, ihren Teil in diesem Stück zu übernehmen. Aber zu gegebener Zeit wird sie bereit sein. Und dann werde ich da sein. So, wie ich nun da bin.“ Vicus lächelte den Alten vom Berge an. „Aber ich bin unhöflich. Ich sehe, dass Ihr hungrig sein müsst und müde. Darf ich Euch in meine bescheidene Hütte einladen?“
„Ich danke Euch, aber in dieser Form habe ich nicht viele Bedürfnisse“, erwiderte Hassan. „Das mag sein, doch seid Ihr auch Mensch und ich sehe, dass der Mensch an Kraft verliert und Ihr werdet Eure Kraft brauchen, Hassan-i-Sabbah, den man den Alten vom Berge nennt. Kommt, ich will uns ein gutes Mahl zubereiten und dann werden wir reden.“ Hassan schloss die Augen und konzentrierte sich. Die altbekannten Wellen von Schmerz und Kraft liefen durch seinen Körper, als er sich verwandelte. Dann stand er in seiner menschlichen Form vor Vicus. Hassan schlüpfte in die Kleider, die er sich besorgt hatte und die er unter dem Arm getragen hatte und folgte Vicus in die kleine Hütte am Hang.
39. Kapitel
Anett de Facourt drückte sich an die feuchtkalte Wand. Sie hatte keinen Schlaf finden können und sich an einem der hoch gelegenen Fenster von Burg Crest hingesetzt und in die Nacht hinausgespäht. Der Regen fiel noch immer in dicken Tropfen vom Himmel über dem Tal der Drôme. Ihre Gedanken drehten sich um die Zukunft und ihre Pläne, als sie eine Bewegung in den Schatten wahrnahm. Neugierig, wie sie von Natur aus war, hatte sie sich von dem Fenstersims geschoben, auf dem sie gesessen hatte und war dem Geräusch nachgegangen. Erstaunt hatte sie Rebekka gesehen, die durch die Gänge der Festung schlich. Offenbar versuchte die Frau, nicht gesehen zu werden, denn bevor sie um eine Ecke ging, lauschte sie erst, ob dort jemand sein mochte. Erst dann setzte sie ihren Weg fort.
Anett fragte sich, was ihre Freundin vorhatte. Einen Moment lang war sie versucht, der Freundin einen Gruß und eine Frage zuzurufen, dann entschied sie sich dagegen. Wenn Rebekka unbemerkt bleiben wollte, dann hatte sie sicherlich etwas vor, von dem sie wollte, dass es nicht bemerkt werden würde. Anett beschloss, der Frau zu folgen. Rebekka wich geschickt den patrouillierenden Wachen aus und Anett gelang es, unbemerkt zu bleiben. Rebekka ging hinunter ins Erdgeschoss, vorbei an den Wachen in der Wachstube, weiter hinunter in die Keller. Wohin trieb es ihre Freundin? Was hatte die Deutsche vor? Es musste etwas Geheimnisvolles sein, dessen war sich Anett gewiss.
Rebekka öffnete eine schwere eichene Tür, die mit eisernen Riegeln verstärkt war und zog sie hinter sich wieder zu. Anett hatte Mühe, diese Tür zu öffnen, so schwer war sie. Bei Rebekka hatte das leicht gewirkt, doch die schwere Tür war für Anett kaum zu öffnen. Sie schaffte es
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