Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
eine solche Wirkung haben kann! Und die Wirkung hält an?“
„Soweit ich weiß ...“, sagte Rebekka. Als sie Nazir zuletzt gesehen hatte, folgten die Toten noch seinen Befehlen.
„Mein Knie schmerzt nicht mehr!“, sagte von Steinborn und schloss die Schnalle seines Waffengurtes. Er war wieder in seine lederne Kleidung gestiegen und hatte den langen Tuchmantel um die Schultern gelegt. Es war frisch in dieser Nacht. „Könnte von meinem Blut herrühren. Mir wurden dergleichen Dinge auch von meinen Assassinen berichtet.“, schmunzelte der Alte vom Berge. „Dann hat es sich in jedem Fall gelohnt“, meinte von Steinborn. „Rebekka, meine Liebe, ich stehe zu Eurer Verfügung!“ Die Vampirin trat nahe an von Steinborn heran und drückte ihre Lippen auf seine. „Willkommen zurück!“, flüsterte sie.
„Ich störe nur ungern“, meldete sich Hassan, „Aber wir sollten keine Zeit verlieren.“ Er deutete auf den angeketteten Vlad. Die Wunde am Schädel hatte sich nahezu völlig geschlossen. Nicht mehr lange und der Vampir würde zurück sein. Von Steinborn trat nah an den Körper des Pfählers heran. War da schon ein erster Atemzug? Von Steinborn zog seine Pistole, streute Pulver auf die Pfanne und setzte die Mündung an den Schädel des Vampirs. Er drückte ab und der Schuss löste sich. Vlads Schädel federte ein Stück zurück und ein großes Loch klaffte in seiner Hirnschale.
„So“, sagte der Freiherr und steckte die Pistole in das Holster zurück. „Nun haben wir ein wenig mehr Zeit, nehme ich an.“
„Damit habt Ihr recht, nehme ich an.“, sagte Hassan mit hochgezogener Augenbraue. „Das sollte uns genug Zeit verschaffen.“
„Wie viel Zeit benötigen wir, frage ich mich.“ Rebekka machte eine Geste in Richtung der Festung Poenari. „Was meint Ihr?“, wollte Hassan wissen. „Ich meine, dort sind jede Menge Vampire. Irgendwo dort muss auch Nazir sein. Kann der Drache seinen Geist so weit übertragen?“ Hassan nickte und legte seine Hand auf die Brust. „Und Halef Omar und Karl Stabener sind auch dort draußen. Etwas sagt mir, dass sie nicht ums Leben gekommen sind. Sie haben den Brand auf Poenari gelegt. Ich weiß nicht, ob der Geist des Drachen auf Nazir oder Halef Omar übergehen kann, aber ich nehme es an. Das Risiko ist in jedem Fall zu groß. Bei meiner Person bin ich mir sicher, dass der Drache nicht auf mich übergehen kann. Bei Madame Rebekka wissen wir es. Was die Vampire angeht … ich habe keine Ahnung, ob sie als Wirte für den Drachen herhalten könnten. Wer wollte das ausprobieren? Eins ist aber klar: Wir dürfen den Drachen nicht töten, solange Menschen in der Nähe sind. Wir müssen allein sein ...“
„Was bedeutet für Euch allein?“ Von Steinborn machte eine umfassende Geste. „Drei Meilen bis zum nächsten Menschen? Fünf Meilen? Zehn? Oder besser hundert?“ Er drehte sich mit ausgebreiteten Armen um seine Achse. „Hier sind überall Menschen. Zwar ist die Walachei nicht sehr dicht besiedelt, aber menschenleer ist die Gegend nicht!“ Er blieb vor Hassan stehen. Der Alte vom Berge kratzte sich am Bart. „Freiherr, ich kann Euch keine stichhaltige Antwort geben. Ich gestehe, dass ich nicht weiß, wie groß die Distanz sein muss. Niemand weiß das! Je weiter, desto besser …!“
„Was, wenn wir ihn aufs Meer bringen?“, warf Rebekka ein. „Weniger Menschen sind kaum vorstellbar als auf dem Meer.“
„Und wir könnten das Meer bis zum Horizont überschauen. Wir … nun, Ihr wäret sicher!“ Von Steinborn seufzte. Ihm war eben klar geworden, dass er sich von Rebekka trennen musste, wenn dieser Plan Gestalt annehmen sollte. Er konnte nicht mit, oder er wäre der nächste, den der Drache als Wirt auswählen würde, der nun noch in Vlad hauste. Er würde wie Rebekka werden. Aber wäre das so schlimm? Seine geliebte Rebekka wäre dann immer in seiner Nähe, er wäre ihr ebenbürtig … und unsterblich. Von Steinborn kniff die Lippen zusammen und schwieg.
„Das Mare Nostrum, wie die Römer es nannten, liegt nicht weit von hier entfernt“, sagte Hassan bedächtig, „Das Schwarze Meer. Wir können nur ein kleines Boot nehmen, denn nur Rebekka und ich können mit Vlad aufs Meer hinaus. Ihr müsstet an Land bleiben, Freiherr.“
„Das sehe ich ein“, murmelte von Steinborn. „Daran ist nichts zu ändern.“
„Woran könnt Ihr nichts ändern?“, Die dunkle Stimme Nazirs kam so unerwartet, dass Rebekka, von Steinborn und Hassan-i-Sabbah überrascht
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