Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
nicht ohne Grund zu diesem Turm geführt hat. Nichts geschieht ohne Grund und die Wege Allahs sind unergründlich. Ist es nicht so?“ Halef nickte stumm. Was hätte er auch sagen können?
„Welche Aufgabe, Herr?“
„Du wirst nach Alamut gehen und dort einen Mann aufsuchen, den man Hassan nennt. Ihm wirst du schildern, was du mir geschildert hast und er wird dir sagen, was du zu tun hast. Willst du das tun? Es wird nicht ohne Gefahr für dich sein ...“
Wieder nickte Halef Omar. „Das will ich, Gebieter, so wahr mir Allah helfe!“
„Du wirst seinen Schutz brauchen!“ Der Pascha verriegelte das Kästchen und reichte es Halef. „Gib dies dem Mann namens Hassan und grüße ihn von mir. Sag ihm, der Drache hat gerufen und er wird dich wie einen Sohn begrüßen.“ Der Pascha winkte dem Nordmann und ließ sich eine lederne Rolle reichen. Er öffnete die Rolle und zog ein altes Pergament hervor. Er entrollte das Pergament und winkte Halef zu sich. „Dies ist eine Karte, die dir den Weg weisen wird. Du kannst eine Landkarte lesen?“
„Ich lernte es von meinem Lehrer, der mir auch die Schrift und den Koran beibrachte, Gebieter.“
„Sehr gut!“ Mohammed Pascha rollte die Karte wieder zusammen und schob sie zurück in die lederne Hülle. Er reichte Halef auch die Karte. „Geh nun, die Zeit eilt! Eile auch du dich!“ Mohammed Pascha gab dem Waräger ein Zeichen, woraufhin der Halef bedeutete, dass die Audienz beendet war. Vor dem Zelt lachte der Nordmann leise. Halef blickte hoch in das Gesicht des Warägers, der mehr als einen Kopf größer war als der auch nicht klein gewachsene Halef. „Weshalb lacht Ihr?“
„Der Pascha muss viel von dir halten!“, sagte der Nordmann. „Hier!“ Er griff in die Tasche und reichte Halef einen Beutel. Darin befanden sich Münzen. Es war ein hoher Betrag, der Halef eine angenehme Reise ermöglichen würde. „Dies soll ich dir geben. Es wartet auch ein Pferd auf dich und in deinem Zelt liegt ein neues Schwert für dich bereit. Er hat wirklich großes Interesse an dir!“ Dann drehte der große Mann sich um und ging in das Zelt zurück.
Halef blieb zurück und starrte auf die gefüllte Börse. In seinem Zelt fand er nicht nur ein neues Krummschwert von feinster Qualität, mit goldverziertem Griff und einer feinst gearbeiteten Damastklinge, sondern auch einen Dolch gleicher Machart, ein engmaschiges Kettenhemd und einen leichten Helm sowie alles, was er für seine Reise benötigte. Das Pferd war ein edler Hengst, der gesattelt und aufgezäumt bereitstand. Noch in derselben Stunde machte sich Halef Omar auf den Weg, der ihn weit hinein nach Persien bringen sollte. Nach Alamut, der sagenhaften Festung der Assassinen.
9. Kapitel
Rebekka lief seit Stunden ruhelos in ihrem Zimmer auf und ab. Nach ihrer Rückkehr auf Draculeas Festung Poenari war sie sofort in den ihr zugewiesenen Raum gegangen. Sie fühlte sich innerlich so zerrissen wie nie in ihrem Leben. Selbst damals, als ihre Schwester von dem Vampir getötet worden war, oder bei ihrem Kampf gegen den Drachen in London hatte sie sich nicht so gefühlt. Ein unheiliges Feuer brannte in ihr und fraß sie von innen her auf. Sie wusste, was da an ihr zehrte. Der Blutdurst des Drachen!
Sie hatte immer damit gerechnet, dass es sie überkommen würde, aber sie hatte auch gedacht, dass sie den Durst bewusst stillen würde. Aber der Überfall der Türken auf ihr Lager in der letzten Nacht hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Als der erste Tropfen Blut ihre Lippen berührt hatte, war es mit ihrer Beherrschung vorbei gewesen. Aber sie hatte nicht genug getrunken! Sie hätte sich nur einen der Sterbenden als Opfer wählen müssen, aber sie hatte es vor den Augen der Gefährten nicht tun können. Jetzt war es zu spät. Ihre Verwandlung war abgeschlossen und sie fühlte die neue Kraft durch ihren Körper fließen. Aber sie fühlte auch diesen Durst, den Drang, Blut trinken zu wollen.
Rebekka konnte jede Seele in der Zitadelle erspüren. Von Steinborn schlief, ebenso Vlad Draculea. Nostradamus studierte ein Buch. Da waren gut ein Dutzend Wachen, die an den Toren ihren Dienst taten. Die innere Unruhe ließ sie nicht zur Ruhe kommen. Rebekka trat auf den schlecht beleuchteten Gang hinaus und suchte sich ihren Weg hinaus auf die Plattform, die sich zwischen den beiden Haupttürmen der Festung spannte. Der Himmel hing finster und wolkenverhangen über ihr, ein leichter Regen ging nieder. Sie spürte das Dorf in
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