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Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph G. Kretschmann
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vorbeirauschen, roch den Duft der Kiefern und konnte sogar die Laute der Tiere im Wald wahrnehmen, obwohl er nur so dahinraste.

25. Kapitel
    Die Männerkleidung war recht weit geschnitten, aber sie spannte doch über Anetts üppigen Brüsten. Sie war versucht, das Wams und die Hemdbluse einfach aufzuknöpfen, aber das war zu gefährlich. Sie ritt auf einer Straße und jederzeit konnte ihr ein Reisender entgegenkommen. Aus der Entfernung mochte sie wie ein Mann aussehen, aber würde ein Mann sich täuschen lassen, wenn er näher kam und ihr gegenüberstand? Sie wollte so schnell wie möglich aus dem Totenwald heraus und das war auf der Straße am schnellsten zu bewerkstelligen. Sie kannte sich nicht aus in dieser Gegend und die Gefahr, sich im Wald zu verlaufen, war zu groß. Die Wälder waren so dicht, dass sie von unten am Boden den Himmel nicht sehen konnte. Ihr Weg führte nach Westen, dort lag ihre Hoffnung.
    Anett de Facourt hatte vorgehabt, eine Stellung als Erzieherin anzunehmen, aber die Entwicklung der letzten Nacht hatte ihre Pläne durcheinandergebracht. Sie hatte zwei Männer umgebracht und es war so leicht gewesen! Noch gestern hätte sie jeden ausgelacht, der behauptet hätte, sie könne einen Kampf gegen zwei ausgewachsene Männer gewinnen. Ihr Vater hatte ihr zwar gesagt, dass sie gut sei mit dem Schwert, doch gestern Nacht hatte sie es sich selbst beweisen können. Jetzt besaß sie Pferde, Waffen, Geld und Proviant. Sie würde diese Stelle nicht antreten. Sie würde den Weg allein finden.
    Als Frau war es ihr nicht möglich gewesen, allein zu reisen, zumal sie über keine Geldmittel verfügt hatte, aber nach den Ereignissen der letzten Nacht sah das anders aus. Anett fühlte sich stark genug, wenigstens den Versuch zu unternehmen, Frankreich zu erreichen. Sie ritt zwischen den gepfählten Türken die Straße hinunter. Endlich, es ging schon gegen Mittag, lichteten sich die Reihen der Toten. Was für ein grausamer Herrscher mochte diese vielen Menschen so grausam getötet haben! Der Gestank des verwesenden Fleisches verfolgte sie noch, als sie schon lange aus diesem Totenwald heraus war. Die Luft war verpestet.
    Entgegen ihrer Befürchtungen war ihr bis hierher noch niemand begegnet. So sehr sie Gesellschaft schätzte, war es ihr doch recht. Sie sah mit dem von den Schlägen und Tritten der beiden Männer in der letzten Nacht verquollenen Gesicht im Augenblick sicher nicht wie eine attraktive Frau aus, aber sie wollte es auch nicht darauf ankommen lassen. So ritt sie die verlassene Straße entlang und hing ihren Gedanken nach. Gegen Abend erreichte sie ein Dorf. Anett überlegte, ob sie dort Quartier nehmen sollte, aber sie fürchtete die menschliche Gesellschaft im Augenblick zu sehr und so ritt sie um den Ort herum und suchte nach einer Stelle, an der sie ein Lager für die Nacht aufschlagen konnte.
    Abseits der Straße zog sich ein dichter Wald hin. Sollte sie es wagen, dort zu nächtigen? Die letzte Nacht war ihr eine Lehre gewesen. Anett ritt von Straße ab in den Wald hinein. Diesmal verzichtete sie auf ein Lagerfeuer. Ein Feuer konnte Fremde anlocken. Es war in der Dunkelheit meilenweit zu sehen und Anett war nicht erpicht darauf, die Erlebnisse der letzten Nacht zu wiederholen. Jetzt hatte sie allerdings Decken und Proviant, letzte Nacht hatte sie beides nicht besessen. Sie suchte sich eine kleine Lichtung und band die Pferde und das Muli an einen Baum. Jetzt hatte sie Zeit, sich die Beute genauer anzusehen. Die beiden Kerle, die sie vom Leben zum Tod gebracht hatte, waren gut ausgerüstet gewesen. Sie war mehr als ausreichend bewaffnet, hatte genug Geld und Proviant.
    In den Packtaschen des Maulesels fand Anett sogar zwei Pistolen mit Blei, Kugelzange und ausreichend Pulver. Sie würde sich gut verteidigen könne, sollte sie angegriffen werden. Sie legte sich auf die erbeuteten Decken und war ein paar Augenblicke später eingeschlafen. Ein Geräusch schreckte sie auf. War es nur ein Tier gewesen oder drohte Gefahr? Anett griff nach der geladenen Pistole, die sie unter der Decke in Reichweite hatte. Sie zog den Hahn nach hinten und sah sich vorsichtig um. Der Mond gab nur wenig Licht und sie konnte nur undeutlich eine Bewegung in den Büschen wahrnehmen. So leise sie konnte, schob sie die Decke beiseite, in die sie sich gehüllt hatte.
    Waren das Schritte, die sie da hörte? Ein Ast brach. Deutlich konnte sie das Knacken hören. Jemand schlich durch das Gebüsch. Ein Mensch oder ein Tier? Sie

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