Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
könnt Ihr die wahre Macht sehen, die diese Welt beherrscht!“
„Damit habt Ihr wohl eine grundlegende Wahrheit ausgesprochen!“ Rebekka lachte ein wenig gekünstelt. Dann hakte sie sich bei Aymar de Poitiers ein und zog ihn in Richtung des Ausgangs. „Dann lasst uns diese Macht sehen.“ Erfreut ließ der Baron sich von der schönen Vampirin mitziehen. Den Rest des Tages verbrachten wir mit den de Poitiers in den Sälen der Burg, denn der Regen hatte nicht nachgelassen. In einem unbeobachteten Moment gab Rebekka Michel de Notre-Dame und mir zu verstehen, dass sie beabsichtigte, sich nächtens umzusehen, ob sie anderweitig eine Spur der geheimnisvollen Waffe finden konnte. Das würde nicht so einfach zu bewerkstelligen sein wie auf Burg Poenari bei Vlad dem Dritten, denn auf Crest lebten viel mehr Menschen und auch in der Nacht gingen Wachen durch die Gänge. Dies war sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass im dritten Stock die Münze des Königs lag.
Nachdem sich der Burgherr und seine Frau zu Nachtruhe begeben hatten, trafen wir uns in meinem Zimmer. Rebekka und Michel de Notre-Dame begegneten zwar einigen patrouillierenden Wachen, doch erregte dies keinen Verdacht. Was sollte dabei sein, wenn sich Freunde, die keinen Schlaf finden konnten, noch auf ein oder zwei Gläser Wein trafen?
„Ich habe mich mit unserem Gastgeber über diese Festung unterhalten“, begann Nostradamus zu berichten. „Dieser Turm, der Donjon, ist wohl der älteste Teil der Festungsanlage. Der Bau zog sich über mehr als zwei Jahrhunderte hin und ich denke, wenn dieser ominöse Kriegshammer in den Mauern dieser Burg versteckt worden ist, dann in der unteren Geschossen, den Verliesen. Die oberen Teile des Turms sind jüngeren Datums. Dort sollte unsere Suche ansetzen, denke ich.“ Rebekka nickte. „Meine Suche, lieber Michel, denn ich gedenke allein auf die Suche zu gehen. Ich habe die größte Kraft und die schärferen Sinne, die es mir erlauben, den Wachen aus dem Wege zu gehen.
Euch beide möchte ich bitten, hierzubleiben und den Schein aufrechtzuerhalten, wir würden uns hier angeregt unterhalten.“ Ich wollte protestieren, doch Rebekka ließ nicht mit sich reden. Sie bestand darauf, allein zu gehen. Ich hegte keinen Zweifel, dass sie nicht in wirklicher Gefahr war, aber ein ungutes Gefühl beschlich mich trotzdem. Wir redeten noch eine Weile über dies und das, dann machte sich meine Freundin auf. Ihr Gehör sagte ihr, dass in den Gängen Ruhe herrschte. Leise öffnete sie die Tür und trat in den Gang hinaus. Michel schloss die schwere Tür hinter ihr und setzte sich dann wieder zu mir.
„Denkt Ihr, sie wird die Waffe finden?“, fragte ich. Michel kratzte sich in seinem wallenden Bart und verzog das Gesicht. „Wer kann das wissen? Madame Rebekka ist eine außergewöhnliche Frau, aber wir haben kaum Informationen. Weder wissen wir, wie dieser Hammer aussieht, noch haben wir auch nur den geringsten Hinweis darauf, wo er in diesen Mauern versteckt worden sein könnte. Und Crest bietet reichlich Verstecke!“ Ich schenkte uns Wein ein und wir tranken auf Rebekkas Erfolg. Uns blieb nichts anderes übrig, als zu warten, bis unsere Freundin wieder zurückkam.
38. Kapitel
Der Wald zog sich schier endlos unter Hassan-i-Sabbah dahin. Hier und da wurde die dunkle Masse aus Bäumen von einem Lichtpunkt unterbrochen, der anzeigte, dass dort ein Hof oder ein Ort lag. Ein leichter Regen tropfte seit Stunden aus dem wolkenverhangenen Himmel auf ihn herab, aber er nahm die Tropfen kaum wahr. Hassans Gedanken kreisten um den Verbleib von seinem Assassinenschüler und Halef Omars. Wo mochten die beiden abgeblieben sein? Hatten sie den misslungenen Angriff auf Vlad Draculea überstanden? Seltsam war auch, dass Hassan keine Verbindung zu dem Assassinen spürte. Er hatte seine Schüler immer erfühlen können, bis deren Ausbildung abgeschlossen war. Doch darum würde er sich später kümmern müssen. Wichtiger war jetzt, dass er gegen Vlad Draculea Maßnahmen ergriff und das konnte er nur vom Alamut aus.
Der Fluss, dem er folgte, schlängelte sich unter ihm entlang. Hassan behielt das Gewässer im Auge, denn es wies ihm den Weg zum Meer. Wieder schien ein Licht durch die Nacht, aber es kam Hassan befremdlich vor. Die Lichter der Menschen waren gelblich, orange und rötlich, doch dieses strahlte in hellem Blau. Zugleich überkam ihn ein seltsames Gefühl, als riefe jemand seinen Namen, leise, fast unhörbar. Aber hier oben war nur der
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