Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
beabsichtigte, ihn zu bitten, uns seine Sammlung von Waffen zu zeigen, die die de Poitiers seit dem Albigenserkreuzzug angelegt hatten. Mit ein wenig Glück befand sich der Kriegshammer darunter. Rebekka hoffte, dass sie ihn erkennen würde, doch ich bezweifelte, dass es so leicht werden würde.
Der nächste Morgen war wolkenverhangen und ein dünner Regen fiel aus dem bleiernen Himmel auf die Burg. Nach einem opulenten Frühstück erbot sich der Burgherr, uns sein Heim persönlich zu zeigen. Ausführlich berichtete er über den Bau der Feste und die ruhmreichen Taten seiner Vorfahren. Wir ließen seine Erzählungen über uns ergehen und gaben uns interessiert und aufmerksam. Endlich kamen wir auch zu der Waffenkammer, in die Rebekka so große Hoffnungen setzte. Der Raum war ein reich geschmückter Saal mit langen Reihen von Rüstungen und Waffen aller Art. In den Gestellen, die sich zwischen den säulengestützten Bögen hinzogen, reihten sich Äxte, Speere, Hellebarden, Messer, Dolche, Spieße und jede nur denkbare Art von Schwertern und anderen, exotischen Mordinstrumenten. Viele waren schartig und zeugten von mörderischen Schlachten.
Unser Führer durch diese Sammlung blieb endlich vor einem Regal stehen, an dem ein riesiges Schwert lehnte. Der mächtige Bidenhänder war über mannslang und hatte einen zwei Fuß langen, mit Eisendraht umflochtenen Griff. „Seht Euch dieses Schwert an!“ Aymar strich fast liebevoll über die Klinge. „Mit ihr hat mein Vorfahr, Aymar der Erste, dem ruchlosen Bischof von Die getrotzt. Nun. Letzten Endes musste er sich doch ergeben, doch war dies die Folge eine feigen Verrats.“ Ich lachte leise und tat, als bewundere ich die riesenhafte Waffe. „Ein Schwert wie für einen Riesen, ich persönlich würde im Kampf etwas Handlicheres bevorzugen, denke ich. Hätte ich damals mit Euren Vorfahren zusammen fechten müssen, so wäre meine Wahl eher auf einen Morgenstern gefallen. Oder einen Kriegshammer, einen Streitkolben oder dergleichen. Sind auch solche in Eurer Sammlung?“
Aymar lachte laut. „Monsieur, hier gibt es alles zum Hauen und Stechen, dessen ein Krieger bedürfen könnte. Seht, dort drüben in dem Eck uns gegenüber. Dort findet Ihr, wonach es Euch gelüstet!“ Wir folgten ihm zu dem besagten Regal. Wirklich fand sich in diesem eine reiche Auswahl von Schlaginstrumenten aller Art. Ich warf einen Blick zu Rebekka hinüber, die neben Nostradamus stand. Anett den Facourt war nicht sonderlich interessiert an den Mordinstrumenten und betrachtete die Steinschneidearbeiten an den Kapitellen der Säulen. Rebekka schüttelte leicht ihren schönen Kopf. Sie konnte offenbar keine Regung spüren, die ihr verraten hätte, dass das Gesuchte sich hier befand.
„Sagt, Aymar, habt Ihr je von einer Waffe, genannt Drachenkeule oder Kriegshammer, gehört? Mir wurde in meiner Heimat von einem französischen Reisenden berichtet, es gäbe eine besondere, sehr alte Keule oder einen Hammer hier auf Crest ...“, fragte Rebekka mit schmeichelnder Stimme. Aymar schürzte die Lippen und machte eine abschätzige Geste. „Pah, Madame, Drachen! Eine uralte Legende, nicht mehr. Es gibt keine Drachen … nur Märchen und Sagen, mit denen man Kinder erschreckt.“
„Natürlich“, sagte Rebekka und musterte die archaischen Waffen. „Aber ich liebe Märchen. Man kann sich damit herrlich die dunklen Winterabende im Norden vertreiben!“ „Dessen bin ich gewiss, Madame! Wir haben hier andere Vorlieben. Doch wenn Ihr es wünscht, erzähle ich Euch vom Bischof von Die oder dem kopflosen Reiter, doch mit Drachenlegenden kann ich Euch nicht dienen.“
„Es ist anzunehmen“, mischte sich nun Nostradamus ein, „Dass der Name sich nicht wirklich auf einen Drachen bezieht. Ihr habt sicher schon vom Drachenorden gehört, der uns vor den Türken schützen will. Vielleicht ist diese Keule auch mit Ornamenten in Form von Drachen verziert, wer weiß!“ Er blickte Aymar de Poitiers fragend an. Der Burgherr zuckte mit den Schultern. „Ihr mögt recht haben, werter Monsieur de Notre-Dame, allein, ich kann Euch nicht mehr sagen, als ich weiß. Bei meinen Studien der Alchemie ist mir der Glaube an Drachen auch das eine oder andere Mal untergekommen. Doch einen Beweis für deren reale Existenz blieb noch jeder schuldig, der danach gesucht hat. Seht Euch nur um! Wenn Ihr eine Keule findet, die Euer Interesse weckt, so soll sie Euch gehören. Ich würde Euch nun lieber die königliche Münze zeigen, denn dort
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