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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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schließlich aus dem Bad zurückgekommen war, hatte Eve schon wieder von außen an die Tür geklopft. »Ich hab nur kurz nach den Kindern gesehen. Thank God , sie sind beim Sponge-Bob -Gucken eingeschlafen.«
    Die Weinflasche stand halb leer auf dem Läufer. Es war für Ivy noch immer eine schwere Übung, ruhig zu bleiben, wenn ihre Ordnung durcheinandergebracht wurde, obwohl es ihr, das musste sie voller Stolz feststellen, Abend für Abend leichter fiel. Eve hockte sich mit hängenden Schultern auf die Bettkante und redete weiter. »Das Traurige oder Dramatische ist, dass Frank nie begreifen wird, warum ich oft so unzufrieden war. Sein Leben lang wird er davon ausgehen, dass er alles richtig gemacht hat, dass er der arme Mann ist, der ständig die Missmutigkeit seiner Frau ertragen musste, der so hart für seine Familie gearbeitet hat und sich keiner Schuld bewusst ist. Blablabla. Aber weißt du, woran ich im Grunde genommen schon zu Weihnachten gespürt habe, dass er mit uns beiden innerlich längst abgeschlossen hatte?«
    Ivy schüttelte den Kopf und überlegte, wie sie die Nachbarin, zusammen mit ihrer Weinflasche, aus der Wohnung bekommen konnte. »Nein.«
    Eve hob hilflos ihre Hände in die Luft. »Er fand mich nicht mehr sexy. In ihm hat sich alles gesträubt, mit mir zu schlafen. Wenn ich nachts an ihn herangerutscht bin, in der Hoffnung, dass er sein Ding zur Feier des Tages endlich mal wieder in mich, na, du weißt schon, ist er steif wie ein Brett geworden und hat sich an den Rand der Matratze gelegt, als würde er tief und fest schlafen. Er wollte mich nicht mehr.«
    Eve weinte. Ivy setzte sich neben sie und legte den Arm um sie. »Das tut mir leid. Das wusste ich nicht.«
    »Aber«, fuhr Eve mit einem Mal geheimnisvoll lächelnd fort, »am letzten Samstag habe ich auf der Kensington High zufällig einen alten Schulfreund von meinem Bruder wiedergetroffen.« Sie zeichnete erneut zwei Anführungszeichen in die Luft: »Stephen .«
    Mit ihm wollte sich Eve heute zum Lunch treffen, um über alte Zeiten zu plaudern, bevor sie die Kinder aus der Preschool abholte. Zu diesem Zweck hatte sie sich von Ivy den dunkelblauen Cardigan ausgeliehen, den sie ihr wiederum neulich erst in einer Plastiktüte überreicht hatte mit den Worten: »Hier, Ivy. Schenke ich dir. Die Strickjacke erinnert mich zu sehr an Frank.« Und Ivys dunkelblauen Trench. »Ich mach ihn auch nicht dreckig. Versprochen.«
    Ivy hatte ihr die Strickjacke aus dem Schrank geholt und ihr auch noch ihren geliebten Trench über die Sessellehne gelegt. »Viel Spaß damit, Eve. Tu mir nur einen Gefallen, geh nicht gleich mit ihm ins Bett.«
    Eve hatte eifrig genickt. »Auf keinen Fall! Ich bin ja keine zwanzig mehr. Wie hat meine Mutter immer gesagt? Lernt euch erst mal kennen. Den Rat hätte ich mal damals bei Frank beherzigen sollen.«
    Nachdem Eve einigermaßen getröstet gegangen war, hatte sich Ivy ans Laptop gesetzt, um auf Facebook nach Javis zu suchen. Sie wollte ihre Polly-Pocket-Dose zurückhaben. Und ihre Würde. Sobald sie die wiederhatte, würde sie ihre Zeit mit Javis vergessen.
    Mit hochgezogenen Brauen betrachtete sie jetzt Vincents grauen Rücken und die muskulöse Nackenpartie. Auf ihrer Arbeitsplatte lag der ausgedruckte Plan, auf dem sie sich am Morgen in der U-Bahn die Zeitverschiebungen zwischen London und New York notiert hatte. Heute, um Punkt 22.30 Uhr, wollte sie bei ABC anrufen, dann war es in New York 17.30 Uhr. Dieses Mal würde sich Ivy als Desmonds aufgeregte Nachbarin ausgeben, die ihm dringend melden musste, dass es in seiner Wohnung zu einem Wasserrohrbruch gekommen war. Sie legte ihre feuchte Hand zwischen Vincents Schulterblätter und drückte sanft mit dem Mittelfinger in den weichen Lehm hinein, um die Linie an seiner Wirbelsäule zu vertiefen. Es war immer wieder erstaunlich, wie es möglich war, aus dieser grauen Masse menschliche Körper herauszuholen.
    Hinter ihr ging die Werkstatttür auf. »Guten Abend!«
    Sie fuhr herum. Fortier steckte seinen Kopf herein und grinste fröhlich. »Ach, Sie sind auch noch da?«
    Seit vier Wochen ließ Collin sich seine Haare lang wachsen. Sein Herz schlug heftig. Kurz bevor er in die Werkstatt eingetreten war, hatte er noch schnell die beiden oberen Hemdknöpfe geöffnet, um ein bisschen sportlicher zu wirken. Außerdem war er gestern in der Old Brompton Road, nur einen Katzensprung von seiner neuen Bleibe am Sumner Place entfernt, bei der Maniküre gewesen, weil er irgendwo

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