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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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gehört hatte, dass Frauen manikürte Männerhände als attraktiv empfanden. Wer hatte ihm das bloß erzählt? Ah! Richtig, die Bildhauerin von oben, deren Namen er ständig vergaß. Als würde sich etwas in ihm mit aller Macht dagegen sträuben, sich ihn zu merken. Unter fadenscheinigen Gründen war sie vor ein paar Tagen in sein Büro eingedrungen. Vermutlich lag es an ihrer Haarfarbe, dass er sich ihren Namen nicht merken wollte. Seit der schmerzlichen Trennung mochte Collin Fortier keine Frauen mehr mit schwarzen Haaren. Nicht, dass er sie verabscheute, sie kamen für ihn als Partnerinnen nur nicht mehr in Frage. Es würde Jahre dauern, bis er sich davon erholt hatte, was Madeleine ihm angetan hatte. Vorausgesetzt, er verstand überhaupt erst einmal, was in sie gefahren war, sich einzureden, nur eine Ehe auf Distanz führen zu können. Wenn überhaupt. Immer wieder sah er diesen albtraumhaften Moment der Offenbarung vor sich. Von einem Augenblick auf den anderen hatte sich sein Leben radikal verändert. Ahnungslos hatte er vor dem Fernseher gesessen und sich die Wiederholung der Kochsendung Hell’s Kitchen mit Gordon Ramsay angesehen, als Madeleine im Wohnzimmer aufgetaucht war, um ihm auf der Sofakante sitzend zu erklären: »Collin, hiermit erkläre ich unsere Ehe, so wie wir sie jetzt führen, für gescheitert. Ich halte es für gesünder, wenn wir etwas auf Abstand gehen und jeder in seinen eigenen vier Wänden lebt. Praktisch sähe das so aus, dass wir uns verabreden, wenn wir uns sehen wollen, und ansonsten über unsere Zeit frei verfügen und unabhängig voneinander Entscheidungen hinsichtlich unseres Lebensweges treffen.«
    Collin hatte keinen anderen Ausweg gesehen, als dankend abzulehnen und die Scheidung einzureichen. Er war ein absoluter Befürworter enger und monogamer Partnerschaften. Jetzt lächelte er Ivy so unbelastet wie möglich an, die vor der halb fertigen Vincent-van-Gogh-Figur stand, die ihre Arme seltsam gebogen vor dem Körper hielt, als wollte sie Ballett tanzen. An der Garderobe hing ein meergrüner Leinenanzug unter Schutzfolie.
    »Ist das der Anzug für van Gogh?«
    Er machte noch zwei Schritte auf sie zu. Wieso nur hatte er ausgerechnet jetzt an Madeleine denken müssen? Es wäre vernünftiger gewesen, noch einmal kurz im Treppenhaus zu verschwinden, dort dreimal tief Luft zu holen, um dann wieder jungfräulich hereinzukommen. In seiner Hosentasche steckte ein kleines, zugekorktes Glasfläschchen, das er Ivy besorgt hatte.
    »Ja, die Schneiderin hat ihn gestern Abend noch gebracht.«
    »Fabelhaft!« Er atmete aus. »Und sind die Augen aus Deutschland angekommen?«
    »Ja.«
    »Fantastisch! Das ist ja immer so eine Sache mit den Extraanfertigungen.«
    Ivy blickte Fortier irritiert an. Es war ungewöhnlich, dass er sich für das Anliefern von Glasaugen interessierte. Ebenso, dass er um diese Uhrzeit in die Werkstatt hochkam. Seine Haare wurden immer länger. Inzwischen sah er aus wie die verwilderte Version von Jeff Bridges. Er schien auch gebräunter als sonst. Knapp hinter dem grauen Vincent-Corpus blieb er stehen und blickte Ivy an ihm vorbei an. »Ich habe Ihnen etwas mitgebracht.«
    Mit feierlicher Miene zog er das Glasfläschchen aus der Hosentasche und reichte es seiner Angestellten, die inzwischen hinter dem Tonkörper hervorgekommen war. »Was ist das?«
    »Ah! Das ist die Originalerde aus van Goghs Garten. Ich hab den Korken noch nicht geöffnet, aber als Kind ist er vermutlich mal mit nackten Füßen drübergelaufen …«
    »Woher haben Sie das?« Ivy drehte das Fläschchen mit dem Sand in ihrer Hand. Auf dem Etikett war handschriftlich die Nummer 38 vermerkt, zuzüglich des Hinweises: Geboortegrond van Vincent van Gogh.
    »Das hab ich Ihnen bestellt.« Fortier grinste, unsicher, ob er sich mit diesem Mitbringsel gerade etwas zu weit aus dem Fenster lehnte.
    »Oh! Das ist …«, Ivy räusperte sich, » …erstaunlich.«
    »Wollen Sie mich«, Fortier rieb seine Hände aneinander. In seinem Kopf rauschte es, er wusste, dass er das jetzt besser lassen sollte. Doch er war längst auf die Schiene der Unvernunft gesetzt und sauste mit Überschallgeschwindigkeit Richtung Peinlichkeit. »Wollen Sie nicht mal, also, wollen Sie nicht mal zu mir kommen und gemeinsam meine neue Küche einweihen? Ganz unverfänglich? Sagen wir morgen? Samstagabend?«
    Ivy nickte sprachlos.
    »Fantastisch!« Fortier hörte gar nicht mehr auf zu lächeln, da ihm gerade aufging, dass er tatsächlich, wider

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