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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Ferne, wo drei Umrisse aus dem Nebel auftauchten und mit jeder Sekunde klarer wurden. »Sieh mal, Irene, die Duchess Alexandra . Da ist sie, die Gute.« Seine Stimme versagte, und zur allgemeinen Überraschung zog Eric ein Taschentuch heraus und schnäuzte sich laut. Er weinte natürlich wie ein Mann: hüstelte und schüttelte den Kopf, um es zu verbergen. Doch es waren eindeutig glitzernde Tränenspuren auf seinen Wangen.
    Olive bemerkte, wie er Irenes Hand ergriff und sie festhielt.
    »Auf diesem Schiff haben wir uns vor sechsundvierzig Jahren kennengelernt«, erklärte Irene mit ihrer flüstersanften Stimme. »Für uns ist es mit einigen wundervollen Erinnerungen verbunden.«
    Ein lautes Tuten der Mermaidia erschreckte sie alle halb zu Tode. Und als die drei entgegenkommenden Schiffe antworteten, war es ein unglaublich rührender Moment, als riefen sich die würdigen alten Ozeanriesen gegenseitig zu.
    »Sie grüßen uns«, sagte Olive.
    »Oder wünschen uns Lebwohl«, schniefte Eric. »Was für ein prächtiges altes Mädchen die Duchess ist. Stark wie ein Felsen. Nicht mal bei Windstärke zwölf geht die zu Kehr. Sagenhaft, sagenhaft. Gott segne sie.«
    Mittlerweile waren Passagiere auf allen Decks, dennjeder wollte sehen, wie die große schwarz-weiße Duchess mit ihren leuchtend orangenen Schornsteinen an ihnen vorbeiglitt, flankiert von zwei kleineren Schiffen: ihren Hofdamen. Es schien, als würden sie geistergleich auf dem seltsamen Nebel schweben. Die Leute auf den Decks jubelten nicht, sondern standen in stummer Ehrfurcht da.
    Die drei alten Grandes Dames der See, allesamt mit Passagieren beladen, ordneten sich für eine kurze Weile neben der Mermaidia ein, ehe sie wieder in den Nebel abdrehten und mit einer Geschwindigkeit weiterfuhren, von der die weit massigere Mermaidia nicht einmal träumen konnte. Die drei Schiffe tuteten zum Abschied, und das junge Kreuzfahrtschiff antwortete. Keiner auf dem Deck rührte sich, bis die drei alten Seemajestäten vollständig im Nebel verschwunden waren. Manche Leute winkten ihnen nach, Eric eingeschlossen. Seine Hand bewegte sich in einem langsamen, traurigen Bogen durch die Luft. Die Reaktionen bewegten sich zwischen Staunen und Trauer. Sogar Roz wurde ertappt, wie sie sich die Augen wischte.
    »Also wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich mal wegen ein paar alten Schiffen flenne, hätte ich den in Grund und Boden gelacht«, sagte Olive, die sich ebenfalls die Augen tupfte.
    »Komm, mein Lieber.« Irene nahm Erics Arm. »Gönnen wir uns einen Kognak.«
    »Ja«, seufzte Eric und schnäuzte sich in sein großes Taschentuch.
    Venice wollte ihn küssen. »Nehmt beide einen doppelten!«, rief sie ihnen nach.
    Eine halbe Stunde später gingen die vier Freundinnen wieder an den Topaz Pool, um sich die Vorführung eines Eisschnitzers anzusehen. Ein Mitglied der Kombüsen-Crew hackte mit einer Art großem Meißel auf einen riesigen Eisklotz ein und verwandelte ihn in eine formvollendete Meerjungfrau. Bei ihm wirkte es ungefähr so schwierig, wie eine Banane zu schälen. Die Skulptur wurde nach unten gebracht, wo sie mittags im Ambrosia der Blickfang des Meeresfrüchte-Büfetts sein sollte. Und die vier Frauen mussten selbstverständlich dabei sein. Es gab eine atemberaubende Auswahl an Meeresfrüchten: große Shrimps und gebeizten Lachs, Tintenfisch, Jakobsmuscheln, gegrillte Scheiben von weißem Fisch und das Ganze begleitet von den köstlichsten Salaten. Die Fressler-Zwillinge waren auch da. Auf ihren Tellern stapelte sich das Essen so hoch wie der Eiffelturm. Es war die Sternstunde der Vielfraße.
    Olive stach ihre Gabel in den gebackenen Kabeljau. Nach diesem Festmahl wird Turbots Fish&Chips-Laden nie wieder denselben Reiz für mich haben wie früher, dachte sie, verscheuchte aber sogleich alle Gedanken an zu Hause, ehe sie ihr den Tag vermiesten. Und sie wollte lieber nicht darüber nachdenken, wie leicht ihr das fiel.
    Bei ihrer Rückkehr zum Topaz Pool fanden sie tatsächlich vier freie Liegen direkt am Pool und mit einem hervorragenden Blick auf die riesige Leinwand vorn. In zehn Minuten würde Mamma Mia gezeigt, und sie lagen an der Poolseite mit der Bar. Leider saßen sie auch viel zu nahe bei einem Mann mit einer viel zu lauten Stimme.
    Frankie schmierte sich mit Faktor vierzig ein, während Roz, Olive und Ven sich ihre Faktor-dreißig-Sonnencreme auftrugen, die nach Kokosnuss roch. Sie hatten sich langsam und vernünftig gebräunt, nicht wie manche Teenager an Bord,

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