Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
war eindeutig die Königin des Abends.
»Oh, Frankie, die siehst atemberaubend aus«, hauchte Ven. »Gehen wir schnell los und lassen uns noch fotografieren, bevor wir etwas essen.«
Und so stöckelten sie in Richtung der großen Treppe mit der Mermaidia -Wandskulptur und fühlten sich wie Stars.
Das Timing hätte nicht besser sein können. Als die vier für den Fotografen posierten, guckten Vaughan und seine Gruppe oben von der Galerie hinunter.
»Nicht nach oben gucken«, raunte Roz aus dem Mundwinkel wie ein grottenschlechter Bauchredner. »Vaughan auf zwölf Uhr. Von da oben hat er einen 1-a-Blick auf deine Möpse.«
Frankie konnte indes nicht widerstehen. Ihr Blick begegnete Vaughans, ehe sie arrogant wieder nach vorn zum Fotografen guckte. Es tat ihrem Ego ein klein wenig gut, dass sie es war, die als Erste wegsah, auch wenn sie nach wie vor traurig war und wünschte, das Gefühl würde endlich weggehen. Ihr war klar, dass es dazu Zeit und vor allem Abstand bräuchte, also konnte sie vorerst kaum auf Besserung hoffen. Und deshalb schwang sie ihren Po erst recht im Mae-West-Stil, als sie den anderen die Treppe hinauf zum Restaurant folgte.
Sie waren ein bisschen spät dran, und Ven stellte entzückt fest, dass Nigel doch nicht ins Cruz gegangen war, sondern auf seinem üblichen Platz an ihrem Tisch saß. Er stand auf, sowie sie sich dem Tisch näherten. Da bemerkte Ven, dass er es vermied, sie direkt anzusehen. Mal wieder.
Das Tischgespräch kam unweigerlich auf den Vorfall am Topaz Pool, denn natürlich hatten sich jede Menge Gerüchte darüber auf dem Schiff verbreitet. Royston und Stella hatten von einer Auseinandersetzung zwischen Teenagern gehört, bei der ein ganzes Tablett voller Cocktails zu Bruch ging. Die vier Frauen erzähltenihnen, was wirklich passiert war. Nigel antwortete nur ausweichend auf Fragen, wie sein Gespräch hinterher mit Dom Donaldson verlaufen war. Er sagte lediglich, »die Angelegenheit wurde geregelt«. Er tanzte um den heißen Brei herum.
Ven folgerte, dass Nigel mit Dom Donaldson in sein Büro gegangen war, sich in aller Form bei ihm entschuldigt und sein aufgeblasenes Ego gestreichelt hatte. Warum sonst sollte er so zugeknöpft reagieren? Sie war maßlos enttäuscht von ihm. Und so stürzte auch Nigel an diesem Tag von Vens Podest, wie zuvor schon Dom Donaldson. Ihr Puls ging nicht mal schneller, als er beim Hauptgang nach dem Pfeffer griff und sein Bein versehentlich an ihres stieß. Und als er sich vor dem Kaffee verabschiedete, um auf die Brücke zurückzukehren, blickte sie ihm zum ersten Mal nicht mit einem stummen Seufzer nach. Der einzige Mann, von dem sie in ihrem Leben niemals enttäuscht worden war, war ihr Dad gewesen. Er war und blieb ihr großes Vorbild, und es hatte noch niemand geschafft, ihm das Wasser zu reichen.
Während die beiden älteren Paare ins Flamenco gingen, um sich eine Jazzband anzuhören, schlenderten die vier Freundinnen zu einer weiteren Vorstellung der Mermaidia Theatre Company. Die Schauspieler mussten allesamt ein Elefantengedächtnis haben, dass sie sich solche Unmengen an Text und Liedern merken konnten. Heute Abend gaben sie For Your Eyes Only – ein Potpourri aus James-Bond-Titelsongs. Hinterher saßen sie im Café Parisienne bei warmem Kakao, amüsierten sich darüber, was für alte Schachteln sie allmählich wurden, und beobachteten die Teenager, die an ihnen vorbei zum Harlequins-Nachtclub ein Deck tiefer strömten.
Anschließend zogen sich die anderen in ihre Kabinen zurück, und Ven begab sich zu ihrem üblichen – »obligatorischen«, wie die anderen scherzten – Spaziergang auf dem obersten Deck. Sie brauchte frische Luft, denn in ihrem Kopf wimmelte es von Nigel und Dom Donaldson. Was hast du denn von dem Captain erwartet? , fragte eine Stimme in ihrem Kopf, die ihr vorwarf, dass sie unfair war. Hätte er ihm die Faust auf die Nase donnern und ihn in den Pool befördern sollen? Wir reden hier über Captain Nigel, nicht Chuck Norris!
»Guten Abend, meine Liebe«, sagte eine fröhliche Stimme neben ihr und riss Ven jäh aus ihren Gedanken. Es war Florence in ihrem schwarzen Glitzerkleid und ihrer Perlenkette. »Oh, ich störe Sie hoffentlich nicht, nein? Sie wirken nachdenklich.«
»Nein, nein, ist schon gut.« Ven lächelte. »Wie schön, Sie wiederzusehen. Wie geht es Ihnen?«
»Ausgezeichnet, danke«, sagte Florence und breitete die Arme aus, als wollte sie das Meer und den Sternenhimmel umarmen. »Wie kann
Weitere Kostenlose Bücher