Leiden sollst du
Jacke unterhalb seiner Achsel. „Aber du weißt mehr.“
Daniel zögerte ein, zwei Sekunden und verriet sich dadurch. Das war jedoch noch lange kein Grund für ihn, gleich alle Karten auf den Tisch zu legen. „Rollstuhlfahrer sind zu dumm, um bei der Kripo zu arbeiten.“
„Mit dieser Scheiße brauchst du mir erst gar nicht zu kommen“, blaffte Tom, während er mit dem Stift auf Daniel deutete, und schaute sich dann schuldbewusst um, ob einer der Kollegen von der Schutzpolizei, die vor dem Absperrband Wache hielten, ihren Disput mitbekommen hatte. Er fuhr leiser fort: „Also, Kumpel, was zum Teufel geht in unserer Stadt vor sich?“
Daniel steckte in einem Dilemma. Er wollte seine Informationen ja mit Tom teilen, aber damit würde er seinen Plan, den Fall selbst zu klären und zum KK 11 zurückzukehren, zunichtemachen. Zudem bekämen auch Marie und Ben Probleme, da sie sich strafbar machten, indem sie Informationen, die eine polizeiliche Ermittlung betrafen, zurückhielten.
„Es hat etwas mit Julia Kranich zu tun, habe ich recht?“ Tomasz seufzte, klickte auf den Kugelschreiber und schob ihn samt Block in seine Brusttasche.
Anerkennend hob Daniel seinen Daumen. „Siehst du, du brauchst mich doch gar nicht.“
„Der Streetworker besuchte die Feier der Volksküche und Backes ermittelte zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Kommissar Karl Görtz, als Julia nach dem Fest verschwand, so viel wissen wir schon. Aber wie passt der Obdachlose ins Bild?“
Daniel haderte. Wie viel durfte er Tomasz erzählen?
Verschwörerisch kam Tom näher, neigte sich etwas vor und dämpfte seine Stimme weiter: „Okay, machen wir einen Deal. Du sagst mir, was du weißt, und ich nehme dich mit zur Familie Kranich. Ich möchte herausfinden, ob ihnen die Namen Michael Schardt, Günther Lenz oder Corinna Backes etwas sagen. Vielleicht hat Julia sie über ihre Eltern kennengelernt.“
„Du würdest mich gegen den Willen von Direktor Voigt in die Ermittlung einbinden?“ Daniels Augen weiteten sich.
„Nein, ich biete dir nur an, mit zu Julias Eltern zu fahren. Nicht mehr und nicht weniger“, sagte Tom und richtete seinen Oberkörper wieder auf. „Interessiert?“
Daniel brauchte nicht lange zu überlegen und nickte.
Nachdem Tomasz die Schachtel aus der Innentasche seiner Jacke genommen hatte, entnahm er ihr eine Zigarette und zündete sie an. „Nun, was ist mit Schardt?“
„Er war auch dort.“
„Woher weißt du das?“ Tief inhalierte er das Nikotin.
Daniel schob die Erinnerung an Julias letztes Foto, das Marie ihm detailliert beschrieben hatte, beiseite. „Hat jemand mir erzählt.“
„Wer?“, fragte sein Freund und stieß gleichzeitig Rauch aus.
Daniel überlegte kurz, ob er Gully erwähnen durfte, entschied sich aber dagegen, um Marie zu schützen. „Weiß ich nicht mehr.“
Seufzend fuhr sich Tom durch seine Haare. „Zucker, du treibst mich in den Wahnsinn!“
„Ist doch nichts Neues.“ Daniel hoffte auf ein wenig Glück und schlug vor: „Schau mal in euren Zeugenbefragungen nach. Vielleicht erwähnt dort jemand einen Schnapper. So hieß Günther Lenz auf der Straße. Möglicherweise habt ihr deshalb den Zusammenhang nicht herstellen können.“
„Hast du die Info von Ben? Hat er dir mehr gesagt als uns?“
„Er ist verschlossen wie Fort Knox.“
Tom aschte ab. „Bist du deshalb zu Corinna Backes gegangen? Um etwas von ihr zu erfahren, das ihn entlastet?“
In Gedanken bedankte sich Daniel bei seinem Freund, da er ihm gerade eine brauchbare Erklärung für seinen Besuch bei der Polizistin geliefert hatte. „Zählt er denn zu den Verdächtigen?“
„Was glaubst du?“ Tomasz nahm einen weiteren Zug, ließ einen Teil des Rauchs über seine Nase entweichen und stieß den Rest über seinen Mund aus.
Natürlich tat Ben das. Maik, Denis und er hatten sich gegenseitig ein Alibi verschafft, was jedoch nicht viel zählte. Die anderen Partygäste hatten nicht mehr nachvollziehen können, wer wann wo gewesen war. „Er war es nicht.“
„Das möchtest du glauben.“
„Julia war seine Freundin!“, erwiderte er empört, dachte aber daran, dass Benjamin ihr das Handy aus der Hand geschlagen hatte, als sie ihr letztes Foto schoss. Zumindest hatte es für Marie den Anschein gemacht. Um von Ben abzulenken, kam Daniel zurück auf die drei Toten zu sprechen. „Die Männer waren Gäste der Vokü gewesen.“
„Nicht so Backes.“ Mit der Zungenspitze befeuchtete Tom seine Lippen und paffte
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