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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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Rollstuhl immer noch so schnell um die Ecke, dass er drohte, zur Seite zu kippen, was nur nicht passierte, weil er seinen Bock durch die Lederhandschuhe perfekt im Griff hatte, und nutzte den Schwung aus, um rasant weiterzufahren. Ein Junge mit einem Turnbeutel, der auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig ging, schaute ihm mit offenem Mund hinterher.
    Voigt und die Personalspackos sollten noch mal behaupten, er könnte keine Verbrecher jagen. Und ob! Bestimmt war er mit seinem Rolli schneller als der Direktionsleiter, dessen teigiger Statur man ansah, dass er seit seiner Beförderung nur noch Büroarbeit leistete.
    Die Gärten zweier Parallelstraßen bildeten hinter den Häusern zusammen eine grüne Oase, die in der Mitte ein schmaler betonierter Pfad in zwei Hälften trennte. Daniels Puls beschleunigte sich, als er den Weg einschlug. Der Zaun zu Backes’ Garten reichte bis zu den Armlehnen seines Bocks. Das Tor ließ sich leicht öffnen, da es nur durch einen Hebel gesichert war.
    Schon von der Grundstücksgrenze aus fiel Daniel sofort ins Auge, dass die Terrassentür offen stand. „Frau Backes?“
    Niemand beantwortete sein Rufen. Lediglich im Nachbargebäude wurde eine Balkontür geschlossen, als fühlte sich jemand gestört. Vom Fenster im ersten Stock beobachtete Maja ihn. Daniel hob die Hand, worauf sie heftig winkte. Sie trug noch immer ihre Lederjacke.
    Daniel schwitzte noch mehr und führte das auf den Sprint zurück. Aber warum war sein Rücken immer noch eiskalt, als würde ihn eine eisige Hand im Nacken gepackt halten, um ihn davon abzuhalten, näher auf die Glastür zuzufahren?
    Regenwolken hingen tief über den Dächern, drückten auf die Stimmung und ließen den Abend älter erscheinen, als er war. Warum brannte in der Wohnung kein Licht? War Backes gar nicht daheim und hatte nur vergessen, alles zu schließen? Letzteres schloss Daniel aus, schließlich war sie Polizistin.
    Also, warum stand diese verdammte Tür offen, wenn Corinna nicht in der Nähe war?
    Daniel atmete bis ins Zwerchfell ein und wieder aus. Er bemühte sich, konzentriert zu bleiben und sich langsam der Glasfront zu nähern, damit Corinna Backes keinen Schrecken bekam, sollte sie doch zu Hause sein.
    Beim ersten Blick ins Wohnzimmer übergab er sich beinahe. Würgend hielt er sich die Hand vor den Mund. Er hatte schon vieles gesehen, nicht nur auf Tatortfotos, sondern auch mit eigenen Augen.
    Aber dieses Schlachtfeld vor ihm glich einem Horrorszenario!
    Corinna Backes lag auf der Seite zu ihm. Ihr Gesicht war fast zugeschwollen. Dennoch sah Daniel, dass ihre Augenhöhlen leer waren, als wären sie mit einem Esslöffel ausgeschabt worden. Vielleicht waren sie das sogar.
    In der Mitte des Raums gerann eine große Blutlache, die nicht älter als ein paar Stunden sein konnte. Dort musste der Täter ihr den riesigen Bauch aufgeschlitzt haben. Sie hatte sich noch bis zum Couchtisch geschleppt, aber das Telefon darauf hatte sie nicht mehr erreicht.
    Daniel schmeckte Galle aufsteigen. Um den Tatort nicht zu kontaminieren, schluckte er sie herunter. Zitternd holte er sein Handy aus der Tasche und musste an die Ratten in der Volksküche denken. Die Handschrift des Patrons, sie war unverkennbar.
    GeoGod hatte seine Trophäensammlung von Michael Schardts Händen und Günther Lenz’ Füßen erweitert. Mit den Augäpfeln und dem ungeborenen Kind von Corinna Backes.
     

27
     
    Tomasz gab seinem Kollegen, der auf der Terrasse mit dem gerade eingetroffenen Staatsanwalt sprach und ihn über den Leichenfund aufklärte, einen Wink, dass er sich mit Daniel auf die Straße begeben würde, um dort seine Aussage aufzunehmen.
    Während der Rechtsmediziner gerade auf Corinna Backes’ Haut Stück für Stück Folie klebte, um mögliche Faserrückstände zu sichern, und der Erkennungsdienst die Terrassentür abpuderte, die Fingerabdrücke auf dem Glas fotografierte und mit der klebrigen Oberfläche eines Streifens Transparentfolie sicherte, fuhr Daniel vor Tomasz den betonierten Gartenweg entlang. Die Kollegen von der Schutzpolizei waren dabei, den Zugang mit Flatterband abzusperren, denn der Täter mochte auf diesem Weg in Backes’ Haus eingedrungen und auch wieder geflohen sein, deshalb mussten der Pfad und die Gärten der Nachbarn ebenso akribisch untersucht werden wie das gesamte Haus. Das würde die ganze Nacht dauern.
    Aus der Lebertemperatur und dem Gerinnungsgrad des Blutes, das die ermordete Polizistin verloren hatte und sich bereits in Gerinnsel

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