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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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Herbst seinen Job und kurz darauf auch seine Freundin. Nachdem Julia vom Erdboden verschwand, ging sein Leben den Bach runter. Der Kummer fraß ihn innerlich auf, so sehe ich das, aber inzwischen hat er sich wieder im Griff.“
    Klack.
    Hatte Kranich das wirklich? Hatte er nicht vielmehr ein Ventil gefunden, das ihm Erleichterung verschaffte, um nicht an dem Verlust seiner Schwester zu zerbrechen?
    „Sind wir nicht alle auf die eine oder andere Art beschädigt?“, hatte Kranich ihn bei ihrem Besuch gefragt. Daniel hatte gedacht, er hätte damit auf Daniels Rollstuhl und die Prügel, die Markus als Kind von seinem Vater kassierte, angesprochen. Aber jetzt war er sicher, dass er damit gemeint hatte, dass Julia ihm gewaltsam entrissen worden war. Der Verlust hatte offenbar sein Herz gebrochen, es war eine offene Wunde.
    Klack.
    Daniel konnte dennoch kein Mitgefühl für ihn entwickeln. Verletzte Tiere waren die gefährlichsten. Bisher war er unfähig, Markus’ Charakter vollkommen zu durchschauen, weil dieser ihn durch seine Stimmungsschwankungen in die Irre geführt hatte, aber der Nebel lichtete sich langsam.
    Mehr und mehr sah Daniel klarer. Er stand kurz vor einem Durchbruch, er spürte es mit jeder Faser seines Körpers, in dem er noch Gefühl hatte. Er ließ seinen Gedanken freien Lauf. Sie liefen im Zickzackkurs wild umher und sammelten die Puzzleteile ein.
    Wie hatte der kanadische Kriminalpsychologe Robert D. Hare einen Psychopathen noch beschrieben? Charmant wie George Clooney, verlogen wie Pinocchio, betrügerisch wie Bernard Madoff, selbstherrlich wie Josef Stalin und aufbrausend wie Adolf Hitler. Ein „Raubtier im Menschen“, ohne Gewissen.
    Markus’ blutendes Herz ... Die abgeschlachteten Ratten und die Leichen von Mike Schardt, Günther Lenz und Corinna Backes tauchten vor Daniels geistigem Auge auf.
    Klack.
    Marie schaute ihn besorgt an und er erinnerte sich wieder an seine Gedanken. Selbst jemand, der so perfekt aussah und auftrat wie Marie, trug Narben auf seiner Seele und verbarg sie vor der Welt, bis etwas geschah, das ihn aufbrechen ließ, sodass er sich offenbarte. Das konnte etwas Gutes, aber auch etwas Schlechtes bedeuten.
    Kranich war durch Julias Ermordung regelrecht explodiert. Die Misshandlung durch seinen Vater hatte aus ihm selbst einen Schläger gemacht. Und Julias Ermordung machte aus ihm ... einen Mörder?
    Innerlich nickte Daniel bestätigend. Dasselbe Verhaltensmuster.
    Klack.
    „Ich hätte ihn erkennen müssen“, murmelte er verbissen. Markus Kranich trug die gleiche Glut in seinen Augen wie sein Vater, wusste sein Temperament aber zu verbergen. Er war ein Schauspieler, gab auf der Bühne des Alltags den Engel und tobte hinter den Kulissen wie ein Teufel.
    Genau diese niederträchtige Intelligenz hatte Daniel dem Serienmörder zugesprochen, als ihm klar wurde, dass sie zwei Straftäter suchten. Horst gab seine Aggression offen zu, das hätte der Mörder, der die drei Erwachsenen nicht nur getötet, sondern auch gefoltert und hergerichtet hatte, um eine Botschaft zu vermitteln, niemals getan.
    Klack.
    Aber was zur Hölle wollte Markus Kranich ihnen durch die abgehackten Gliedmaßen, die zugenähten Körperöffnungen und den aufgeschlitzten Bauch mitteilen?
    Daniel hörte zwar, dass Marie sich weiterhin mit Nadines Eltern unterhielt, aber die Worte drangen nicht zu ihm durch. Er bezweifelte, dass sie ihm noch mehr Informationen liefern konnten.
    Seine Gedanken kreisten erneut um das Zusammentreffen mit dem jungen Kranich. Ihm wurde klar, dass Markus ihn und Tomasz durch verbale Attacken gereizt hatte, damit sie preisgaben, wie viel sie über ihn und sein Alter Ego wussten. Er hatte versucht, den Stand der Ermittlungen herauszufinden, ob sie ihm auf die Schliche kamen. Was musste er sich innerlich kaputtgelacht haben, als er erfuhr, dass die Kripo vermutete, Julias Mörder wäre auch der von Schardt, Lenz und Backes, und deshalb in die falsche Richtung ermittelte!
    Sein Alter Ego kannte Daniel sogar auch. Der Patron, wie er sich selbst nannte.
    Klack.
    Er ballte die Hände um die Armlehnen und knirschte mit den Zähnen, weil er so blind gewesen war.
    „Es handelt sich um einen vorausplanenden Täter und keinen impulsiven, denn er hat seine Opfer gezielt ausgewählt“, hatte er zu Tomasz gemeint, als sie über die Täteranalyse sprachen. „Sie müssen mit der Party in Zusammenhang stehen.“
    „Er ist ein Perfektionist, bisher hat er nie Spuren hinterlassen und mit an

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