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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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entsetzt blieb sie im ersten Moment stehen und versperrte Daniel den Weg. Sie konnte kaum glauben, was sie erblickte. Wie ein verschnürtes Paket lag Benjamin dort. Seine Hände waren mit Isolierband hinter seinem Rücken gefesselt und seine Fußgelenke zusammengebunden.
    Träge hob Benjamin seinen Kopf. Als er sie erkannte, bewegte er sich panisch hin und her und drohte herunterzufallen. Der Klebestreifen auf seinem Mund machte das Reden unmöglich, trotzdem versuchte er es, brachte jedoch nur unverständliche Laute hervor.
    „Ben!“ Völlig aufgelöst stürmte Marie zu ihm hin.
    Hinter ihr schrie Daniel: „Neeeiiin. Nicht reingehen. Bleib hier!“
    Doch nichts und niemand hätte sie in diesem Moment aufhalten können! Sie musste Benjamin befreien, so schnell wie möglich. Mit dem Knie stieß sie gegen eine Sitzbank, Schmerz durchzuckte ihr Bein. Die Handsäge, die neben der Nadel und der Fadenspule darauf lag, fiel polternd herunter.
    Vor Abscheu keuchte sie.
    Plötzlich krachte die Zimmertür hinter ihr zu.
    Daniels Brüllen auf der anderen Seite klang merkwürdig gedämpft, obwohl er nur acht Schritte – oder vier Radumdrehungen seines Rollis – von ihr entfernt war.
    Erschrocken fuhr sie herum. Angst kroch ihre Wirbelsäule empor.
    Als Markus Kranich dahinter hervortrat und arglistig grinste, wusste sie, dass sie einen Fehler begangen hatte.
     

41
     
    Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern oder ein einziges Mal an sein Handicap zu denken, schob Daniel seinen Chopper mit raschen Bewegungen bis zur Wand hinter ihm zurück. Mithilfe seiner Hände stellte er seine Füße waagerecht auf die Stützen. Sogleich gab er Gas. Die Anschaffung von fingerlosen Handschuhen hatte sich wahrlich gelohnt, denn durch den Grip beschleunigte er rasch.
    Als er mit voller Wucht gegen die Tür zur Umkleide prallte, hörte er Marie aufschreien.
    Kam er zu spät? Hatte sich Kranich schon auf sie gestürzt, sie getötet oder begonnen, sie wie Ben mit Isolierband zu verschnüren?
    Es kümmerte Daniel einen Scheiß, ob er sich die Zehen trotz Vorsichtsmaßnahme gebrochen oder die Kniescheiben zersplittert hatte, wenn er Marie und Benjamin nur rettete!
    Durch den Aufprall flog die Tür auf. Daniel sah im hin und her zuckenden Schein seiner Taschenlampe noch, wie Markus, der offenbar noch immer direkt dahintergestanden hatte, durch den Stoß nach vorne geschleudert wurde. Wild ruderte dieser mit seinen Armen.
    Im ersten Moment freute sich Daniel darüber, dass die Hände des jungen Kranichs leer waren. Das verbesserte ihre Aussicht, ihn zu überwältigen. Sie waren zu dritt, er alleine und darin, dass er glaubte, unbesiegbar zu sein – was sich auch darin äußerte, dass er sich nicht bewaffnet hatte, als er sie kommen gehört haben musste –, sah Daniel eine Chance, ihn dingfest zu machen. Denn wer unterschätzt wurde, konnte seinen Vorteil aus einem Überraschungsmoment ziehen.
    Doch schon als er mit seinem Bock in den Raum hineinrollte, bröckelte seine Zuversicht, denn Markus taumelte ausgerechnet in Maries Richtung.
    Erschrocken drückte sie sich gegenüber des Eingangs mit dem Rücken gegen das weiß getünchte Mauerwerk. Kranich griff nach ihr, sie duckte sich weg und machte einen Schritt von ihm fort. Vergebens! Sie kam nicht weit. Brutal packte er ihre Jacke. Mit einem Ruck zog er Marie zurück. Sie verlor ihr Gleichgewicht und stieß hilflos gegen ihn. Sein Arm legte sich wie ein Schraubstock um ihre Hüften, der andere um ihren Hals. Er riss sie hoch, was ihr den Atem raubte. Strampelnd versuchte sie, Halt zu finden. Erst nachdem sie wieder auf ihren Füßen stand, sog sie laut und tief, ja, gierig, Luft in ihre Lungen.
    Daniel schoss mit seinem Chopper nach vorne.
    „Komm näher und ich breche ihr das Genick!“, brüllte Kranich. Seine Augen funkelten in einer explosiven Mischung aus Überheblichkeit und Aggression.
    Bestürzt stoppte Daniel so abrupt, dass er auf dem Sitz etwas nach vorne rutschte. Er stützte sich auf den Armlehnen ab, hob seinen Körper an und setzte sich wieder weiter nach hinten.
    Am liebsten hätte er Markus sein teuflisches Grinsen aus dem Gesicht geschlagen. Offensichtlich amüsierte sich das Schwein prächtig darüber, dass er Marie in seiner Gewalt hatte und von einem Kriminalkommissar auf einer Krüppel-Harley angegriffen wurde.
    Markus Kranich hatte die Situation im Griff.
    Schwer atmend lag Benjamin auf dem Tisch und schaute panisch zwischen ihnen hin und her. Die einzige anwesende Person,

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