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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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ein öffentlicher Ort. Dort sind Kameras und viele Wächter. Man kommt ungesehen weder rein noch raus.“
    „Was auch immer er dort deponiert hat, ich muss es finden und entwenden.“
    „Das ist unmöglich! Absolut unmöglich.“
    Plötzlich richtete er sich auf und schaute ihr geradewegs ins Gesicht. „Dann muss ich eben nachts dort einbrechen. Ich habe keine Wahl.“
    Ihr Hals war trocken, denn sie verstand sehr wohl, was er damit sagen wollte. Er musste tun, was immer GeoGod von ihm verlangte, da sonst seine Eltern für seine Verweigerung büßten. Der Patron war Ben haushoch überlegen. Vermutlich hatte er längst alles über den Jungen und sein Umfeld in Erfahrung gebracht, während er selbst ein Phantom blieb. Er ging clever und skrupellos vor. Zwar behauptete er, dass es sich um ein Spiel handelte, doch in Wahrheit war es bitterer Ernst.
    Längst hatte sich Marie entschlossen, Benjamin beizustehen. Auch wenn sie es nicht guthieß, würde sie ihn das nicht alleine durchstehen lassen. Trotzdem sagte sie: „Hausfriedensbruch ist eine Straftat.“
    „Nicht die erste, die ich begangen habe.“
    Maries Augen weiteten sich. Was hatte das nun schon wieder zu bedeuten?
     

7
     
    Während sich Daniel fragte, warum er sich dieser Peinlichkeit aussetzte, klappte er den Kragen seiner schwarzen Jacke hoch.
    Als gäbe sein Unterbewusstsein ihm die Antwort, wechselten sich vor seinem geistigen Auge die Bilder so schnell ab, dass ihm schwindelig geworden wäre und er die Balance verloren hätte, säße er nicht im Rollstuhl. Sie waren gespickt mit den unterschiedlichsten Gefühlen und so aufwühlend, dass sich sein Nacken verspannte. Benjamin mit schockstarrem Gesicht, die aufgedunsene Wasserleiche einer Jugendlichen, ein Mauerbrocken, der mit einem Kabel an ihrem Fuß hing, Maries Augen, groß und rund wie die des Gestiefelten Katers aus den animierten Dreamworks-Filmen, und er selbst an seinem Schreibtisch im Kriminalkommissariat 11, seinem zweiten Zuhause, zumindest bis vor wenigen Monaten. Neben seiner Ehe war sein Job der zweite Pfeiler in seinem Leben gewesen. Nun, da er seit Monaten das erste Mal wieder in Kalk war, fühlte er sich, als wäre er gewaltsam von diesem Ort entwurzelt worden. Ihm wurde schmerzlich bewusst, wie sehr ihm seine Arbeit fehlte.
    Zähneknirschend zog er seine Schiebermütze tiefer ins Gesicht, damit die Kollegen, die an ihm vorbeigingen, ihn nicht erkannten. Da ihm das immer noch nicht reichte, rollte er seinen Bock weg von der Anmeldung hin zu der Fensterfront gegenüber und parkte sich neben den zwei gläsernen Schaukästen. Intensiv schaute er nach draußen, als würde er vor dem Polizeipräsidium eine verdächtige Person observieren, die er unter keinen Umständen aus den Augen verlieren durfte. In Wahrheit verkroch er sich nur in sich selbst.
    Es versetzte ihm einen Stich, dass er im überdachten Innenhof warten musste wie ein Besucher. Aber nach seinem schweren Unfall, der ihn zwang, seine Füße durch Räder zu ersetzen, hatte er Ausweis und Schlüssel abgeben müssen. Offiziell hieß es, das sei eine Sicherheitsmaßnahme gewesen, damit sie ihm nicht gestohlen wurden. Inoffiziell hatte damals kaum jemand daran geglaubt, dass er in den Dienst zurückkehrte, zumindest nahm Daniel das an.
    Umso mehr hatte ihn überraschte, dass Kriminaldirektor Voigt auf ihn zugekommen war und ihm mitgeteilt hatte, er wäre in Kalk mehr als willkommen, es wäre ihm sehr daran gelegen, einen wertvollen Mitarbeiter wie ihn zu behalten. Ein Teil von Daniel fühlte sich gebauchpinselt, ein weitaus größerer machte sich vor Schiss in die Hose, weil er sein Leben nicht mehr im Griff hatte. Veränderungen waren nicht sein Ding. Deshalb würde er Köln niemals verlassen, darum mochte er die altbackene Eckkneipe Zum stolzen Römer , und sein Wunsch nach Beständigkeit war einer der Gründe, warum es ihn zurück in das Präsidium zog. Hier gehörte er hin. Zumindest der alte Daniel Zucker. Der neue war sich da nicht so sicher.
    Er öffnete seine Jacke, weil ihm warm wurde. Die Sonne schien immer noch, doch mit jedem Septembertag, der verging, verlor sie an Kraft. Wenn man von der Eingangshalle hinausblickte, konnte man meinen, es wäre draußen heiß wie im Sommer, doch der Wind frischte zunehmend auf.
    Das Wetter stand kurz davor, zu kippen, der Herbsteinbruch war nicht mehr weit und mit ihm würden Regen, Dunkelheit und der erste Frost kommen.
    „Welch eine Überraschung!“ Tomasz stand plötzlich neben ihm

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