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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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Platz sitzen. Nicht sitzen, sondern... Ach, Scheiße.“
    Sein Gesicht lief so rot an, dass Daniel befürchtete, sein Kopf könnte wie eine Bombe platzen. Nun tat der Neue ihm leid. Er brummte und winkte ab. „Schon gut. Schwamm drüber. Gehen Sie einfach. Ich muss etwas mit Tomasz besprechen. Unter vier Augen.“
    Leander eilte hinaus.
    „Musste das sein?“ Missbilligend rollte Tom mit seinen Augen. „Er ist ganz in Ordnung, sehr engagiert, aber eben noch etwas unsicher.“
    „Wenn sich das nicht rasch ändert, werden die Wölfe ihn fressen.“
    „Die Kriminellen?“
    „Nein, die Kollegen.“
    Tom lachte herzhaft und wurde dann wieder ernst. „Du brauchst deinen Platz nicht gegen ihn zu verteidigen, du kannst ihn jederzeit zurückhaben.“
    „Ich wollte nie wieder zurückkehren.“ Aus Scham, aber auch weil man ihn nicht mehr bei der Mordkommission arbeiten lassen wollte. „Doch Julia Kranich geht mir nicht mehr aus dem Sinn.“
    „Das tote Mädchen aus dem Rhein?“
    „Es wird nicht jeden Tag die Freundin eines Familienmitgliedes ermordet.“ Daniel lüftete seine Schiebermütze, kratzte sich an der Kopfhaut und setzte sie wieder auf. „Sie war erst siebzehn und Benjamin hielt sich auf derselben Party auf. In seiner Nähe brachte jemand seine Freundin um, ging vermutlich abgebrüht an den Feiernden vorbei in den Keller des Abbruchhauses, riss ein Kabel aus der Wand und band einen Stein an ihren Fuß, um sie damit im Rhein zu versenken. Wie kaltblütig muss man sein?“
    Selbstgefällig lehnte sich Tomasz zurück, streckte seine Arme und lächelte, vielleicht, so vermutete Daniel, weil er spürte, dass sein alter Partner wieder heiß auf die Polizeiarbeit war. „Und jetzt willst du den Kerl schnappen.“
    Verdammt, ja, das wollte er, das war sein Job, nein, mehr als das, es war seine Berufung. Das Schicksal hatte ihn seiner Beine beraubt. Jetzt wollte man ihm auch noch das nehmen, wodurch er sich lebendig fühlte, die einzige Aufgabe, durch die er sich trotz seiner Behinderung wie ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft und nicht wie nutzloser Ballast fühlte: Mörder zu jagen.
    Er dämpfte seine Stimme. „Ich kann nicht glauben, dass keiner der Zeugen etwas Hilfreiches gesehen haben will, dass es keine Kampfspuren am Ufer gab, dass die Leiche keine Hinweise geliefert hat und ...“
    „Wer sagt das?“
    Daniel stutzte. Dann begriff er. „Du hast mir nicht alles erzählt. Da war noch mehr. Los, rück schon raus mit der Sprache.“
    Tomasz öffnete seinen Mund, doch bevor er etwas erwidern konnte, stand der Erste Kriminalhauptkommissar im Türrahmen.
    „Zucker!“ Karsten Fuchs’ Haare waren dunkelrot wie der Rost an Maries altem Smart. Sogar auf seinen Augenlidern hatte er Sommersprossen. „Der Korridorfunk hat tatsächlich recht. Der verlorene Sohn ist heimgekehrt.“
    Er kam zu Daniel und schüttelte seine Hand so fest, als beabsichtigte er, sie zu zerquetschen. Daniel gefiel das, denn die Kollegen hatten ihn angefasst, als würde er bei der leichtesten Berührung in tausend Stücke zerbersten, dabei sah er sich immer noch als richtigen Kerl an. Das wurde ihm mit einem Mal bewusst und es fühlte sich gut an. Innerlich lächelte er.
    „Ich habe keinen Termin mit der Personalabteilung, falls es das ist, was du erhoffst.“
    „Das wünsche ich mir nicht nur, ich erwarte es sogar ausdrücklich von dir.“
    Überrascht hob Daniel seine Augenbrauen.
    „Du bist einer von meinen Männern und die geben sich nicht auf. Unter keinen Umständen!“ Karsten ballte seine Hand zur Siegerfaust. „Nimm dir alle Zeit der Welt, um zu heilen. Aber irgendwann musst du deine Arschbacken zusammenkneifen und dein Leben wieder aufnehmen.“
    „Mit dem Zusammenkneifen ist das in meinem Zustand so eine Sache“, gab Daniel sarkastisch von sich.
    „Dann nimm deine Hände zu Hilfe, verdammt noch mal.“
    Daniel konnte nicht anders, als zu schmunzeln. Es tat gut, verbal in den Allerwertesten getreten zu werden. Das brauchte er, um wieder hochzukommen, merkte er. Zum ersten Mal, seit er das Gebäude betreten hatte, entspannte er sich. „Im Präsidium gibt es um die sechshundert Mitarbeiter, in ganz Köln viertausendachthundert. Ihr habt genug andere Polizisten, die Verbrecher jagen.“
    „Aber nur wenige, die so gut sind wie du.“
    Daniel ärgerte sich, dass das Kompliment bei ihm ins Schwarze traf. Er fühlte sich geschmeichelt.
    „Sobald du hier“, Karsten zeigte erst auf Tomasz und dann auf Daniel, „fertig

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