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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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und drückte seine Schulter. „Nach unserem letzten Gespräch hatte ich nicht erwartet, dich bei uns zu sehen. Was machst du hier?“
    Verschwörerisch sah Daniel sich um. „Können wir nicht erst einmal raufgehen?“ Damit meinte er in die Abteilung des KK 11.
    Tom betrachtete ihn stirnrunzelnd, schließlich nickte er und ging voraus. Daniel folgte ihm. Normalerweise machte ihm das nichts aus, sie waren stets gleichwertige Partner gewesen. Aber jetzt fühlte er sich wie ein Kind, nicht nur weil er zu seinem Freund hochgucken musste, sondern weil er beim Öffnen der Türen auf ihn angewiesen war, so oder so, als Besucher wie als Rollstuhlfahrer. Es gab allerdings für Mitarbeiter im Rolli ein Chipsystem, sodass die Eingänge elektronisch aufschwangen, aber das wollte er eigentlich gar nicht benutzen. Er war bestrebt, dass alles so normal wie möglich blieb.
    Daniel bekam schwer Luft. Er schob das darauf, dass sie das halbe Gebäude durchqueren mussten, um an ihr Ziel zu kommen. In Wahrheit hatte er eine gute Kondition, denn er ging zwar zu keinem Psychiater, nahm jedoch die Stunden beim Physiotherapeuten wahr. Das Gefühl kehrte dadurch zwar nicht in seine Beine zurück, aber er wollte verhindern, dass der Rest seines Körpers einrostete. Nein, die Anstrengung war nicht der Auslöser dafür, dass er schlecht Luft bekam.
    Doch je näher er seiner alten Abteilung kam, desto enger zog sich sein Brustkorb zusammen. Eigentlich war er tough. Er war bewaffneten Kriminellen hinterhergejagt, auch schon den einen oder anderen riskanten Undercovereinsatz hinter sich und Marie geheiratet, obwohl er damit ihre versnobten Eltern Irene und Rainer Bast an der Backe hatte. Seinen ehemaligen Kollegen in diesem jämmerlichen Zustand zu begegnen kostete ihn allerdings große Überwindung.
    Er hatte sich noch nie so verletzlich gefühlt wie in dem Moment, in dem er in den Korridor, wo sich die Mordkommissionen befanden, hineinrollte. Sein Herz wummerte. Am liebsten wäre er wieder umgedreht. Dafür war es jedoch zu spät. Außerdem, wenn er sich erst einmal zu etwas entschieden hatte, zog er das auch durch.
    Die ersten Kollegen bemerkten ihn. Ihr Lächeln wirkte unsicher. Zögerlich kamen sie zu ihm, schüttelten ihm weichgespült die Hand und verabschiedeten sich rasch wieder, als hätte er eine ansteckende Krankheit. Daniel war klar, dass sie lediglich nicht wussten, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollten, aber das machte die Begegnung nicht weniger unangenehm. Für beide Seiten.
    Er war froh, als er sich mit Tomasz in ihr ... dessen Büro zurückzog. Doch dann sah er, dass sich fremde Unterlagen auf seinem Schreibtisch türmten, und zwar so akkurat, wie er es nie zustande gebracht hätte. Bei ihm hatte stets ein Chaos geherrscht, das EKHK Karsten Fuchs auf die Palme gebracht hatte. „Wer zum Henker sitzt auf meinem Platz?“
    „Ein Hospitant. Leander.“ Tom zuckte mit den Achseln und schaute im Raum umher, als würde sein Blick einer Fliege folgen, aber da war keine.
    „Sag mir bitte, dass der nicht wirklich so heißt.“
    Grinsend setzte sich Tom auf seinen Stuhl. „Er soll in die Mordkommission hineinschnuppern, um herauszufinden, ob der Job etwas für ihn ist. Zu viele neue Kollegen wechselten von der Kripo in eine andere Bereiche, bevor sie überhaupt eingearbeitet waren, darum hat der Fuchs eine Art Volontariat eingeführt.“
    Das fand Daniel ja sinnvoll. Bis man Erfahrung hatte und voll drin war, dauerte es ungefähr vier Jahre, aber viele Kollegen fanden schnell heraus, dass man sich in anderen Abteilungen seine Lorbeeren einfacher verdienen konnte. Trotzdem, Nachwuchsprobleme hin oder her, das war immerhin noch sein Tisch! Plötzlich verspürte er eine Wut in sich, die er kaum zügeln konnte.
    Trotzig stieß er Leanders Bürostuhl zur Seite und rollte an seinen Platz. Er schob unwirsch die Unterlagen beiseite, zufrieden darüber, dass sich der akkurate Stapel Papiere nun über die linke Tischhälfte ergoss wie in alten Zeiten, legte seine Unterarme besitzergreifend neben die Computertastatur und biss seine Kiefer so fest aufeinander, dass es wehtat. Natürlich konnte er nicht sicher sein, dennoch hatte er das Gefühl, der Volontär wäre auf seinen Job aus. Wie ein Löwe wollte Daniel seine Stelle verteidigen! Wollte er das wirklich? Er war selbst erstaunt über seinen plötzlichen Kampfgeist.
    Tom lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor seinem Brustkorb. „Bist du hier, um dich vom

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