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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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und war alkohol- und drogenabhängig gewesen. Nach einem Haftaufenthalt, bei dem ein Mitgefangener ihm das Gesicht zerkratzte, sodass er bleibende Narben zurückbehielt, änderte er sein Leben und wurde Streetworker, damit anderen sein Schicksal erspart blieb. Sachdienliche Hinweise nimmt das örtliche Polizeirevier oder das Polizeipräsidium in Kalk auf.
     
    Marie lehnte sich gegen die Tonne. Die Narben in Schardts Gesicht stammten gar nicht von Akne, sondern waren ein unschönes Mitbringsel aus der Strafanstalt. Hatte der ehemalige Knastbruder ihn wiedergetroffen und seinem Hass freien Lauf gelassen, nun, da ihn keine Wärter zurückhielten?
    Kopfschüttelnd über so viel Gräuel rollte Marie die Zeitung zusammen und schob sie in ihre Handtasche.
    Zwei Gäste der Volksküchen-Party waren tot. Beide waren ermordet worden. Beiden hatte man vor ihrem Tod Gewalt angetan. Konnte das Zufall sein? Hatten die Taten etwas miteinander zu tun? Was war auf der Feier damals in dem heruntergekommenen Haus passiert?
    Allerdings sprach gegen einen Zusammenhang, dass viele Monate zwischen den Morden lagen. Außerdem arbeitete der Streetworker mit Menschen, die Probleme mit Drogen, Alkohol und der Integration in die Gesellschaft hatten. Es war naheliegender, dass ein Süchtiger ihm das Leben genommen hatte. Aber würde dieser im Rausch so gezielt vorgehen und seinem Opfer die Augen zunähen?
    Marie holte Julias Smartphone aus ihrer Handtasche und betrachtete Schardts Foto erneut. Er wirkte abweisend, genervt und fast aggressiv. Definitiv wollte er nicht fotografiert werden. Warum nicht? Was war so schlimm daran? Julia hatte es dennoch getan. Hatte sie für diesen Fehler mit ihrem Leben bezahlt? Hatte Schardts Ermordung gar nichts mit ihr zu tun, sondern etwas mit seinem Job? Oder standen die Morde in Verbindung miteinander?
    Während sich Marie erneut die Fotos ansah, die Julia Kranich auf der Party geschossen hatte, grübelte sie darüber nach, wie sie vorgehen sollte. Die Fingerabdrücke auf Julias Handy hatte sie längst verschmiert, daher hatte es wenig Sinn, das Telefon der Kriminalpolizei auszuhändigen. Zumindest redete sie sich das ein.
    In Wahrheit hielt sie etwas anderes davon ab, sofort zur Daniels Kollegen zu gehen. Es war das letzte Foto, das das Mädchen in seinem Leben gemacht hatte.
     

13
     
    „Benjamin! Benny“, kreischte Heide Mannteufel. Die Schreie seiner Mutter hallten in seinen Ohren wider.
    Ein zweiter Pfeil mit brennender Spitze flog in sein Zimmer. Er schlug hinter ihm gegen die Wand, fiel zu Boden und steckte den Haufen Kleider an, der dort verstreut lag. Ein dritter Pfeil zischte an Bens Kopf vorbei. Seine Haare rochen verbrannt. Hektisch schlug er gegen seinen Schopf, weil er befürchtete, zu brennen, aber die Spitzen waren nur angekohlt.
    Wer auch immer dort draußen stand und schoss, versuchte, ihn zu treffen.
    Das Knistern der Flammen aus der restlichen Wohnung wurde lauter. Rauch drang durch die Türschlitze.
    Ma , dachte Ben ängstlich. Er griff die Wasserflasche, die neben seinem Bett stand, benässte ein herumliegendes T-Shirt und hielt es sich vor Mund und Nase. Geduckt rannte er am geöffneten Fenster vorbei. Er riss die Tür auf. Seine Mutter humpelte gerade aus dem Wohnzimmer in den Korridor.
    Als sie ihn sah, stoppte sie und winkte ihn zu sich. Sie wollte ihm etwas zurufen, bekam aber durch den Rauch einen Hustenanfall.
    Benjamin stürmte zu ihr. Vorsichtig schlug er ihr auf den Rücken. Ob das half, wusste er nicht, ihm fiel jedoch nichts Besseres ein. Langsam fing sie sich. Wie eine Achtzigjährige stand sie japsend über ihre Krücken gebeugt, das versetzte Ben einen Stich.
    Kühle Luft drang zu ihm und nahm ihm etwas von dem Rausch des Blunts. Auch das Adrenalin ließ ihn klarer denken als noch vor wenigen Minuten.
    Er betrat das Wohnzimmer, um das Fenster zu schließen, denn er wusste, dass Luft Feuer anfachte, aber er kam nicht weit. Die Vorhänge und die Couch brannten bereits lichterloh. Hier und da lagen Pfeile herum. Das Panoramafenster war zerbrochen.
    Etwas zerbarst unter seiner Schuhsohle. Überfordert von der Situation nahm er erst nur verschwommen wahr, um was es sich handelte. Ein weiterer Holzpfeil. Allerdings besaß er eine Spitze aus Metall. Wahrscheinlich hatte der Angreifer damit die Scheibe zertrümmert, um den Weg für das Feuer zu bereiten.
    Wütend spähte Benjamin zum Nachbarhaus hinüber, er konnte den Bogenschützen sehen. Er konnte den Dreckskerl tatsächlich

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