Leidenschaft des Augenblicks
an erster Stelle stehen wird.«
»Jessie...«
»Mein Vater ist ein Workaholic. Und das bist du auch. Workaholics sind keine guten Ehemänner und Familienväter, Hatch. Ich weiß das. Ich bin die Tochter von einem, wenn ich dich daran erinnern darf.«
»Du beschreibst das sehr extrem.«
Jetzt war Jessie wütend. Der Mann stellte sich absichtlich dumm. »Verstehst du es denn wirklich nicht? Wenn ich mich jemals dazu entschließe zu heiraten, dann will ich einen Mann, dem ich wichtiger bin als irgendeine verdammte Firma, einen Mann, für den eine Schulaufführung seiner Kinder mindestens genauso wichtig ist wie ein Geschäftsessen. Ich möchte einen Mann, der weiß, wie kurz das Leben ist, und für den Menschen
- und vor allem seine Familie - eine größere Rolle spielen als das Geschäft.«
»Beruhige dich, Jessie. Du regst dich viel zu sehr auf.«
»Du wolltest dieses Gespräch.« Erst jetzt bemerkte sie, daß ihre Stimme immer lauter geworden war. Sie nahm eine Teetasse in die Hand. »Du hast mir eine Frage gestellt, und ich bin dabei, sie zu beantworten. Und ich bin noch nicht fertig damit. Abgesehen davon, daß ich einen Mann will, der nicht völlig seiner Arbeit verfallen ist, muß er auch Blut in seinen Adern haben und kein Eiswasser. Ich möchte jemanden, der wahre, echte Gefühle für mich hegt und sich nicht scheut, sie auch zu zeigen. Du dagegen bist so verdammt cool und überlegt. Ich will einen Mann, der...«
»Das reicht jetzt, Jessie.«
Sie verstummte, als Hatch aufstand und auf sie zuging. Nach zwei Schritten stand er dicht vor ihr, und sie geriet in Panik und ließ die Tasse fallen, die sie fest umklammert gehalten hatte.
Hatch berührte sie im selben Moment, in dem die Tasse auf die Ablagefläche fiel und in Richtung Spülbecken rollte. Seine feingliedrigen Hände schlossen sich langsam, aber unnachgiebig um ihre Oberarme, und er zog sie mit sanfter Gewalt dicht an sich.
»Ich denke«, sagte Hatch, dessen Mund nur wenige Zentimeter von ihrem trennten, »daß ich dir beweisen sollte, daß in meinen Adem alles andere als Eiswasser fließt. Küß mich, Jessie.«
Jessie stand da wie erstarrt und sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an. Es war das erste Mal, daß er sie in seine Arme nahm. Und wenn sie ihn jetzt küßte, dann wäre auch das das erste Mal. Sie begann zu zittern. »Hatch, ich habe dir doch gerade erklärt...«
»Küß mich«, befahl er noch einmal, und obwohl seine Augen leuchteten, klang seine Stimme sehr sanft. »Und dann kannst du mir sagen, ob in meinen Adem Blut oder Eiswasser fließt.«
»Oh, Hatch...« Jessie warf alle Vorsicht über Bord. In diesem Moment wurde ihr klar, daß sie nicht weiterleben konnte, ohne Sam Hatchard wenigstens einmal geküßt zu haben. Die Anspannung, die sie in seiner Gegenwart empfand, hatte sich im Laufe der letzten Wochen ins Unermeßliche gesteigert, und sie mußte sie irgendwie loswerden.
Sie stieß einen leisen Seufzer aus, schlang ihre Arme um seinen Hals und zog seinen Kopf zu sich herab. Auf Zehenspitzen stehend, preßte sie ihre Lippen auf seinen Mund.
Ihr erster Eindruck war, am Rand eines Vulkans zu stehen. Wie ihr Gefühl sie gewarnt hatte, ergoß sich kochendheiße Lava aus dem Herz des Berges. Hier war definitiv Glut vorhanden, doch sie lag unter einer eiskalten Schutzschicht, war von eiskalten Steinmassen umgeben. Bilder von Schmelzöfen, von eingedämmter Feuersbrunst drängten sich ihr auf.
Wie die Motte, die sich der Flamme nähert...
Hatchs Mund glitt langsam über ihre Lippen. Mühelos gewann er die Kontrolle über den Kuß. Jessie war sich nicht bewußt, wann genau sie aufhörte, ihn zu küssen, und statt dessen von ihm geküßt wurde.
Hatchs kräftige, gefährliche Hände packten sie fester und hielten sie dicht an die ganze Länge seines Körpers gepreßt. Sie konnte die harte Muskulatur seiner Oberschenkel fühlen. Seine Stärke durchdrang sie und ließ alles Weibliche in ihr fasziniert erbeben.
Doch alle anderen Gefühle wurden von Hatchs unglaublicher Selbstbeherrschung überschattet.
Jessie wußte nicht, was sie erwartet hatte - vielleicht, daß Hatch physisch genauso kalt sein würde, wie er äußerlich immer wirkte. Vielleicht hatte sie sogar gehofft, daß dies der Fall wäre und daß damit ihre ach so widersprüchlichen Gefühle für ihn ein für allemal geklärt sein würden.
Doch was sie entdeckte, steigerte ihre Unruhe ins Unermeßliche. Wie angenehm wäre es gewesen herauszufinden, daß dieser Mann
Weitere Kostenlose Bücher