Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
es ihr Haus war - und daß sie ihre Schafe in der Obhut dieses Einsiedlers gelassen hatte. Wenn sie sich jetzt auch Zeit fürs Frühstück ließ, würde alles nur noch komplizierter werden. Außerdem war sie fest entschlossen, die Eigentümerfrage vor Gericht zu bringen. Wenn der Richter erst entschieden hatte, daß die Ranch und das Land ihr gehörten, würde sie Tristan für seine Freundlichkeit danken und ihn bitten, seine Sachen zu packen und sofort zu verschwinden.
Während sie noch darüber nachdachte, wurde die Tür geöffnet, und Tristan betrat den Raum. In den Armen trug er eine Ladung Brennholz, die er in die Kiste neben dem Ofen fallen ließ. Er schaute Emily bedauernd an. »Ich kann zwar Kaffee machen, aber sonst...«
»Ich kann kochen«, erwiderte sie und war selbst überrascht, daß sie sich freiwillig angeboten hatte.
»Sehr gut«, meinte Tristan und putzte sich die Hände ab. Bevor Emily antworten konnte, um die Sache klarzustellen, war er wieder verschwunden. Sie beobachtete, wie er zum Vorratshaus ging. Zu ihrem Vorratshaus! Es fiel ihr schwer, in Tristan einen Gegner zu sehen - denn sie dachte daran, daß sie vielleicht hier auf der Ranch endlich ein Heim finden könnte - und es schien in seiner Macht zu liegen, daß sie es fand.
Sekunden später kam er mit einer Schale aus dem Vorratsraum zurück, die mit einem Tuch bedeckt war.
»Eier«, erklärte er. »Ich habe sie gestern frisch gekauft.« Er setzte die Ladung vorsichtig ab. »Und Schinken habe ich auch.«
Emily lief das Wasser im Mund zusammen. Seit Wochen hatte sie keine Eier mit Schinken mehr gegessen. Sie stellte eine Pfanne auf den Herd und sagte sich, daß es gar nichts zu bedeuten hatte, wenn sie einmal im Leben Frühstück für Tristan Saint-Laurent machte. Das war doch das mindeste, was sie tim konnte, um ihm seine Gastfreundschaft zu vergelten.
»Schneid den Schinken bitte in dünne Scheiben«, forderte sie ihn über die Schulter gewandt auf. »Aber wasch dir bitte zuerst die Hände.«
Tristan legte die Hand an die Stirn und salutierte. »Ja, Ma'am.« Seine blauen Augen blitzten.
Emily sah durchs Fenster, wie er zur Pumpe im Hof ging und seine Hände mit Seife w u sch .
Wenig später saßen sie sich am Tisch gegenüber und genossen die Mahlzeit. Emily fühlte sich ein bisschen durcheinander, denn sie wusste nicht, wie sie dazu gekommen war, die Eier mit Schinken zu braten, wo sie doch eigentlich das Haus hatte verlassen wollen, ohne noch etwas von Tristan anzunehmen. Sie konnte sich nicht erklären, wie das hatte geschehen können.
»Was hast du in Minnesota gemacht?« fragte Tristan, nachdem er die letzte Gabel Ei mit Genuß verspeist hatte.
Emily ließ langsam die Luft aus den Lungen entweichen. »Ich war verheiratet.«
Tristan schwieg eine ganze Weile. Sie Wunderte sich, daß sie das Bedürfnis hatte, ihm alles über ihre Ehe zu erzählen. Daß Cyrus nie ein wirklicher Ehemann gewesen war und daß sie nachts allein im Bett gelegen hatte und sich wie ein Baby zusammengerollt hatte.
»Was wurde aus dem Mann?« hakte Tristan schließlich nach. Seine Stimme klang unpersönlich, aber sie spürte, daß er ehrlich an einer Antwort interessiert war.
»Er ist gestorben. Einfach so. Eines Tages ist er auf dem Feld zusammengeklappt.«
»Tut mir leid.« Es hörte sich an, als würde er sich für sein Mitgefühl schämen.
Sie blickte ihm in die Augen. »Nun bist du dran«, meinte sie. »Warum hast du einen anderen Namen als dein Zwillingsbruder?«
»Das ist eine lange Geschichte, aber ich werde es kurz machen. Shay und ich wurden auf einem Trail nach Westen geboren. Unsere Eltern wurden bei einem Indianerüberfall getötet, und wir wurden von zwei verschiedenen Familien adoptiert. Die McQuillans zogen mit Shay hierher nach Kalifornien, während meine Leute, die Saint-Laurents, sich weiter im Norden niederließen.«
» Wusste st du, daß du einen Bruder hattest?«
Tristan schüttelte den Kopf. »Meine Mutter - oder genaugenommen meine Adoptivmutter - hat es mir erst erzählt, als sie im Sterben lag. Sie gab mir das Tagebuch meiner leiblichen Mutter. Aber ich hätte Shay nie gesucht und gefunden, wenn es nicht andere Gründe gegeben hätte.« Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, sah Tristan verunsichert aus. »Ich wollte auch längst weiterziehen, nachdem ich gefunden hatte, wonach ich gesucht hatte.«
Emily spürte plötzlich, daß es hinter der liebenswerten, beinahe jungenhaften Fassade noch eine andere, eine dunkle Seite
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