Leidenschaft in Rot
vollkommen automatisch. »Bourbon, wenn Sie welchen haben. Schwach, mit viel Eis und Wasser.«
Ich glaube, eigentlich wollte sie gar keinen, aber ich brauchte eine Gelegenheit, mich wieder zu fassen und ein bißchen aus dem Fettnapf zu kommen, in den ich mich gesetzt hatte. Ich hatte ihre unbeteiligte Reserviertheit gesehen und sie für Ablehnung und Mißbilligung gehalten. Sie war schlicht und einfach ausgebrannt. Drähte hatten sich überkreuzt, und eine wunderschöne Maschine hatte einen Kurzschluß bekommen und ausgesetzt, war zu einer nutzlosen Last geworden, die sie ihr Leben lang würde mit sich herumschleppen müssen. Ich kam mir vor wie ein halbwüchsiges Arschloch, das vor richtigen Erwachsenen einen schmutzigen Witz erzählen wollte.
Als ich mit den Drinks zurückkam, stand sie, den Rücken zu mir gewandt, die Beine mit den kräftigen Waden gespreizt, die Faust in die Rundung ihrer fülligen südländischen Hüfte gestemmt, den Kopf nach vorn gestreckt vor einem Gemälde.
»Gefällt es Ihnen?«
Sie drehte sich mit geschmeidiger Grazie um. »Sehr.«
»Syd Solomon. Er lebt drüben in Sarasota. Es ist Teil einer Serie über die Bahamas, die er vor ein paar Jahren gemalt hat.«
»Es ist sehr ausdrucksstark. Sind Sie Sammler?«
»Manchmal. Ich habe etwa fünf Bilder an Bord, und ungefähr ein Dutzend ist eingelagert. Von Zeit zu Zeit tausche ich sie aus.« Sie nippte an ihrem Glas. »Schmeckt es Ihnen?«
»Ja. Danke. Was trinken Sie? Was ist das?«
»In letzter Zeit Plymouth Gin on the rocks mit zwei Tropfen Wermut.« Ich konnte geradezu das Klicken hören, mit dem sie das abspeicherte. Ich hatte eine Cocktailmixerin ergattert.
Sie kehrte zu der gepolsterten Staukiste zurück und setzte sich. »Übrigens«, sagte sie, »meine Spesen gehen nicht von dem Geld ab, das ich Ihnen gebracht habe. Gibt es etwas, womit ich gleich heute anfangen könnte? Mein Schreibtisch ist ziemlich leer, und das Mädchen kommt erst später.«
Ich ging zu dem Safe und nahm den Umschlag heraus. Lysa Deans Fotos steckte ich wieder zurück und nahm diejenigen, die Gabe gemacht hatte. Ich reichte sie ihr. Sie schaute sich drei davon an, worauf sie mich mit sachter Verblüffung und noch sachterer Anerkennung anblickte. »Die haben Sie anfertigen lassen oder selbst angefertigt, nachdem Sie gestern gegangen sind?«
»Ich habe sie machen lassen.«
»Ziemlich schlau. Ich glaube, ich verstehe, was Sie vorhaben. Die hier bedeuten keine Gefahr für sie. Sind die anderen in Sicherheit?«
»Ja.« Ich wartete ab, bis sie den Satz durchgesehen und ihn beiseite gelegt hatte. »Würden Sie ein paar Dinge notieren?«
Mit erstaunlicher Geschwindigkeit hatte sie einen Notizblock und einen goldenen Kugelschreiber hervorgeholt und schaute mich erwartungsvoll an. Ich nannte ihr Gabes vollen Namen und Adresse. »Schreiben Sie einen Scheck über hundert Dollar aus, und schicken Sie ihn ihm für die Fotoarbeiten. Das Scheckheft liegt in der Schreibtischschublade da drüben. Schauen Sie, ob Sie Verbindung zu Carl Abelle aufnehmen können, wahrscheinlich Skilehrer in der Mohawk Lodge in Speculator, New York, früher in Sun Valley. Rufen Sie ihn unter irgendeinem Vorwand an, der ihn nicht allzu neugierig macht. Wenn er sich dort aufhält, suchen Sie die beste Verbindung dahin heraus und besorgen Sie Tickets für Dienstag.«
»Auch Übernachtungen in dieser Lodge?«
»Das werden wir sehen, wenn wir uns umgeschaut haben, falls er dort ist. Als nächstes sehen Sie, was Sie über Mr. und Mrs. Vance M’Gruder herausfinden können. Könnte sein, daß sie ein Haus in Carmel besitzen. Er fährt Ozeanregatten. Das ist eine kleine eingeschworene Bruderschaft, da sollte das nicht allzu schwierig sein.« Ich ging hinüber, setzte mich neben sie und gab ihr meine Notizen. »Das sind die Namen und Nummern aller Beteiligten, soweit Lee sich erinnern konnte.« Ich zeigte sie ihr auf den Bildern. »Alles klar?«
»Ja, Sir.«
»Ja Trav Läßt sich das machen, Dana?«
»Natürlich, Trav.«
»Wann kommen Sie los?«
»Gleich heute nacht, nach Mitternacht. Das neue Mädchen übernimmt meine Unterkunft im Sultana in Miami Beach. Ich treffe mich am Montagmorgen mit Ihnen genau hier. Sagen wir neun Uhr?«
»Sagen wir zehn. Oder Sie können auch gleich heute nacht kommen, wenn Sie fertig sind. Es gibt hier noch eine Extrakabine. Mit einem Schloß an der Tür.«
Sie nickte. »Das wäre einfacher. Ob mit oder ohne Schloß, Trav. Das dürfte kein Problem werden, und
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