Leidenschaftliches Wiedersehen in Sydney
eigene Übermüdung geschoben. Und jetzt war ihre kleine Tochter im Krankenhaus, und das alles nur, weil sie sie vernachlässigt hatte …
Die Taxifahrt verlief ohne große Vorkommnisse, wofür Charlotte dankbar war. Nur Damons intensive Fragen gingen ihr auf die Nerven.
„Solltest du ihren Vater nicht anrufen?“
Sie lehnte die Stirn an die Scheibe und sah hinaus. „Nein.“
Fragend starrte er sie im dunklen Taxi an. „Wieso nicht? Er muss doch über den Unfall informiert werden.“
„Er weiß nicht einmal, dass sie überhaupt auf der Welt ist.“
Ungläubig hob Damon eine Augenbraue. „Was soll das heißen? Hast du es ihm verheimlicht? Ganz gleich unter welchen Umständen, will doch jeder Mann wissen, dass er ein Kind hat, oder?“
Resigniert sah sie ihn endlich an. „Genau genommen habe ich es ihm gesagt, aber er zog es vor, mir nicht zu glauben.“
Damon fühlte sich, als habe ihm jemand eine Faust in den Magen gerammt. Das konnte doch nicht wahr sein, oder?
Ein nagender Zweifel war in ihm, der sich nicht verleugnen ließ. Damals hatte er sie wieder für eine Lügnerin gehalten. Aber was, wenn er unrecht gehabt hatte?
Sie hatten verhütet, rief er sich ins Gedächtnis. Und dennoch ließ sich der Zweifel nicht verleugnen, wenn er sich jetzt an die letzten Male erinnerte, als sie sich geliebt hatten. Vor vier Jahren, bevor er sie weggeschickt hatte …
Seine Leidenschaft für sie war zu stark gewesen, absolut unkontrollierbar. Er hatte sie spüren wollen ohne eine störende Barriere zwischen ihnen.
„Ich bin ihr Vater?“, fragte er heiser.
Ein winziges Nicken war ihre einzige Antwort.
„Das glaube ich dir nicht.“ Sobald ihm diese Worte entschlüpft waren, bereute er sie auch schon. Er sah Charlotte an, dass er sie wieder verletzt hatte. An ihrer verkrampften Haltung erkannte er, wie schwer es ihr fiel, die Fassung zu wahren.
„Das hatte ich auch nicht anders erwartet“, gab sie bitter zurück. „Du hast mir noch nie geglaubt, wieso solltest du jetzt?“
Schließlich fand er seine Stimme wieder. „Warum hast du es mir nicht gesagt?“
Charlottes blaue Augen waren voller Reue. „Ich habe es dir gesagt, aber du hast dich geweigert, die Möglichkeit einer Schwangerschaft überhaupt in Erwägung zu ziehen. Du hast mich des Diebstahls bezichtigt und warst davon überzeugt, dass ich log, wann immer ich den Mund aufmachte.“
Schuld durchfuhr ihn, und kalter Schweiß trat auf seine Stirn. Seine Brust zog sich zusammen, sodass er kaum atmen konnte. Alles hatte er falsch gemacht.
Unter Androhung, sie der Polizei auszuliefern, hatte er sie fortgeschickt. So blind war er von ihrer Schuld überzeugt gewesen, dass er keinen anderen Gedanken auch nur zugelassen hatte.
Allerdings hatte es auch keine anderen Verdächtigen gegeben …, da er nicht bereit gewesen war, seine Mutter und seine Schwester in den Kreis der potenziellen Täter einzuschließen.
Und wenn Charlotte das Ganze geplant hatte? Ein paar Skulpturen waren nichts im Vergleich hierzu. Ein Kind wäre die perfekte Rache. Und dieses Kind hatte sie jahrelang vor ihm geheim gehalten, hatte nach den paar Versuchen am Anfang nie wieder versucht, Kontakt mit ihm aufzunehmen.
„Ich habe eine Tochter …“, die Worte fühlten sich noch fremd an auf seinen Lippen, wie eine Sprache, die er noch nicht gelernt hatte.
„Sie heißt Emily Alexandrine“, sagte Charlotte.
Damon warf ihr einen schmerzverzerrten Blick zu. „Du hast sie nach meiner Mutter benannt?“
Tränen schimmerten in ihrem Blick. „Das war das Mindeste, was ich tun konnte. Deine Mutter war so gut zu mir …“
Seine Kehle wurde von Tränen zugeschnürt. Doch in diesem Moment fuhren sie bereits vor dem Kinderkrankenhaus vor.
In diesem Betonklotz war seine kleine Tochter, seine Tochter, von der er bis vor wenigen Minuten noch nichts geahnt hatte. Eine Tochter, die ihn auf höchst innige Weise mit Charlotte verband. Ihrer beider Blut floss in ihren Adern.
„Wie alt ist sie?“, fragte er dumpf.
„Vor drei Monaten ist sie drei geworden. Ihr Geburtstag ist der fünfzehnte April.“
Damon schloss die Augen, als eine Flut widersprüchlicher Gefühle über ihn hereinbrach. Er hatte so viel verpasst, hatte sie nicht als Baby gekannt, nicht gesehen, wie sie die ersten Schritte machte, ihre ersten Worte nicht vernommen … Nie hatte er sie auf dem Arm gehalten, gewickelt oder getröstet, mit ihr gespielt, gelacht oder ihr vorgelesen. Auf der Straße hätte er an ihr
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