Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall
Kriminalbeamten zu Bruce Legslow zu geleiten. In der Luxussuite des Waldhotels hielten sich zu diesem Zeitpunkt der mehrmalige Tour-de-France-Gewinner, dessen Ehefrau Melinda und der Konzernanwalt Professor Grabler auf.
Hat er es nun doch nicht so eilig gehabt, nach Frankfurt zurückzukehren, dieser scheinheilige Winkeladvokat, dachte der Kriminalbeamte bei sich, als er den Juristen entdeckte. Warum wohl? Ganz einfach, weil er genau weiß, dass seine Mandanten Dreck am Stecken haben.
Mit ausdrucksloser Miene präsentierte Tannenberg Kaiserslauterer Mordkommission dem Prominentenanwalt die Durchsuchungsanordnung. Grabler übersetzte seinem Mandanten den Text. Daraufhin schnellte Legslow wie von einer Sprungfeder abgeschossen in die Höhe und brüllte seine Wut den deutschen Ermittlern entgegen. Tannenberg blieb äußerlich betont gelassen, während in seinem Innern gigantische Freudenfeuer flackerten. Er wandte der lebenden Radsportlegende den Rücken zu und gab seinen Kollegen das Startzeichen zur gründlichen Durchsuchung der exklusiven Penthouse-Wohnung.
Legslow wollte sich einen derart massiven Eingriff in seine Privatsphäre nicht bieten lassen. Nach einem verbalen Amoklauf wurde er gegenüber einem Streifenpolizisten sogar handgreiflich. Auf solch eine Entgleisung hatte der Leiter des K 1 nur gewartet. Legslow wurde überwältigt und in Handfesseln hinunter in den Speisesaal des Waldhotels gebracht. Seine Frau zeterte daraufhin noch lautstärker und spuckte regelrecht Gift und Galle.
Auf dem Weg hinunter ins Restaurant hörte Tannenberg, wie Grabler mit Oberstaatsanwalt Dr. Hollerbach telefonierte. Gegen eine offizielle richterliche Durchsuchungsanordnung kann selbst dein geliebter Sigbert nichts machen, lachte er sich ins Fäustchen.
Während der Inspektion der Hotelzimmer und Fahrzeuge des Turbofood-Profi-Rennstalls, die etwas mehr als zwei Stunden dauerte, saßen die verschwitzten Sportler neben ihren Funktionären und Anwälten im Speisesaal. Tannenberg fragte die Gruppe unter anderem nach Anti-Aging-Pralinen mit dem Namen ›Felix‹, doch das Einzige, was er mit seinen Fragen erntete, war eisiges Schweigen.
Daraufhin zog er sich an die Bar zurück und trank zwei Espresso und ein Glas Mineralwasser. Merkwürdigerweise wurden bei den Durchsuchungen nirgendwo Pralinen entdeckt. Dagegen konnte eine Unzahl Socken sichergestellt werden. Es hatte schon etwas Groteskes, als in der Hotelbar gut zwei Dutzend Beamte an Bistrotischen saßen und Strümpfe auf Ölflecken hin untersuchten. Die schmutzigen Wäschestücke wurden zwecks näherer kriminaltechnischer Inspektion in zwei Streifenwagen verstaut, wogegen die frisch gewaschenen Sachen gleich wieder zurückgegeben wurden.
Auf irgendeinem dunklen Wege musste die Presse Wind von der Durchsuchungsaktion bekommen haben, denn urplötzlich tauchte Tannenbergs spezieller Freund, der windige Lokalreporter Torsten Leppla, auf. Wie ein geölter Blitz eilte er im Hotel umher und hielt nicht nur die Socken sortierenden Kriminalbeamten, sondern auch den nach wie vor an den Händen gefesselten Bruce Legslow fotografisch für die Nachwelt fest. Dann baute er sich vor dem Einsatzleiter auf und wollte ihn interviewen.
»Mach dich mal ganz schnell vom Acker, Leppla, sonst nehmen wir dich wegen Behinderung der polizeilichen Ermittlungsarbeit in Gewahrsam«, war alles, was Tannenberg von sich gab.
»Nur ein paar kleine Informationen?«, flehte der Lokaljournalist mit herzerweichendem Gesichtsausdruck.
Ein grimmiger Blick und ein Wink in Richtung der uniformierten Kollegen genügte und Leppla verdrückte sich.
Oh, das wird großen Ärger geben, freute sich Tannenberg im Stillen. Der Leppla wird euch arroganten Radsportsäcken mächtig auf die Füße treten.
In seiner Hosentasche vibrierte es. ›Kääskopp ruft an‹ blinkte es auf dem Display.
»Na, was gibt’s, du alter Goudafresser«, begrüßte er seinen holländischen Freund mit der ihm ureigenen Rustikalität.
»Bist ja nur neidisch. Wäre ich auch, wenn ich immer nur stinkigen Handkäse in mich hineinstopfen müsste.« Benny lachte herzerfrischend auf. Dann räusperte er sich und kam zum eigentlichen Grund seines Anrufs: »Wolf, ich habe einige interessante Neuigkeiten über den ermordeten Joop van der Miel für dich herausgefunden«, erklärte er mit seinem unnachahmlichen Akzent.
»So, dann schieß mal los.«
»Es halten sich schon seit Langem Gerüchte, dass er in seiner Aktivenzeit massiv gedopt
Weitere Kostenlose Bücher