Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall
auf der Fahrt zum nahe gelegenen Parkplatz.
»Wieso, Wolf? Traust du ihm das etwa nicht zu?«, antwortete Sabrina mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen.
Tannenberg lupfte die Schultern und produzierte dabei ein Geräusch, das mit den üblichen menschlichen Lauten nur schwerlich in Verbindung zu bringen war. »Weiß nicht«, knurrte er mit gerümpfter Nase.
»Unser Doc ist schließlich ein attraktiver, gut situierter Mann in den besten Jahren«, legte Sabrina Schauß nach.
»Findest du?«
»Ja, sicher. Wobei ich ihm natürlich nicht abnehme, dass er sich ausgerechnet an eine aus dem Turbofood-Team rangeschmissen hat.«
Ihr Vorgesetzter schürzte die Lippen so, als ob er gerade an Buttersäure schnüffeln würde. »Rainer – und eine Freundin? Nee, also das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«
»Ich schon.«
Wolfram Tannenberg brummte nachdenklich. »Na gut, von mir aus. Aber doch nicht eine in deinem Alter«, sagte er mit merklicher Empörung in der Stimme.
»Das sagt ja gerade der Richtige«, höhnte Sabrina. »Hanne ist schließlich mehr als 15 Jahre jünger als du, wenn ich dich daran erinnern dürfte.«
»Ja, ich weiß«, seufzte ihr Vorgesetzter, dem dieser Altersunterschied schon viele schlaflose Stunden bereitet hatte.
»Da vorne ist es«, sagte die junge Kommissarin und erlöste ihn damit von seinen zermürbenden Gedanken.
Ein Streifenwagen stand neben einem am Rande des weitläufigen Parkplatzgeländes abgestellten grauen Mazda 3 älterer Bauart.
»Wir haben eine Halterabfrage durchgeführt«, erklärte ein etwa 50-jähriger Polizeibeamter, der zur Inspektion in der Gaustraße gehörte. »Bei diesem Pkw handelt es sich zweifelsfrei um den eines gewissen Torsten Leppla, geboren am …«
»Danke, Kollege, das reicht«, würgte ihn Tannenberg brüsk ab. »Ist das Auto verschlossen?«
»Ja«, kam es einsilbig von dem sichtlich pikierten Beamten zurück.
»Habt ihr nach dem Schlüssel gesucht?«, fragte der Leiter des K 1. »Vielleicht liegt er ja hier irgendwo im Gras.«
»Nein, da war er nicht«, erwiderte ein bedeutend jüngerer, rothaariger Mann. »Wir haben gerade alles abgesucht.«
»Sehr gut, Kollege«, lobte Tannenberg. Dann wandte er sich an Sabrina Schauß. »Frag doch bitte mal bei Mertel nach, ob vielleicht die Spusi den Autoschlüssel am Ufer oder im Wasser gefunden hat.«
Sabrina griff sogleich ihr Handy und telefonierte. »Nein, nichts«, erklärte sie anschließend. »Und in seiner Kleidung befanden sich auch keine persönlichen Gegenstände. Weder Papiere noch Schlüssel. Karl kommt übrigens gleich zu uns und macht die Tür auf.«
»Wenn wir diesen Star-Einbrecher nicht hätten«, bemerkte ihr Chef schmunzelnd.
Für die Fingerfertigkeit des Spurenexperten stellte das Schloss der Mazda-Tür kein ernst zu nehmendes Hindernis dar. In weniger als einer Minute hatte er das Schloss geknackt und die Kriminalbeamten konnten Lepplas Privat-Pkw durchsuchen. Doch außer jeder Menge Unrat befand sich weder im Innen- noch im Kofferraum irgendetwas Verwertbares.
»War ja auch nicht anzunehmen«, stellte Tannenberg lapidar fest. »Die Täter müssten schließlich ausgesprochen blöd gewesen sein, wenn sie das Auto zwar abgeschlossen, vorher aber nicht gründlich durchsucht hätten.«
»Hier unter dem Lenkrad befinden sich Blutspuren«, ertönte Mertels Stimme aus dem Wageninneren heraus. Sein Kopf tauchte über dem Türrahmen auf. »Es sieht ganz danach aus, als ob diese Killer seine Hände ans Lenkrad gefesselt hätten. Wahrscheinlich hat man ihm auch hier die Fingerknochen zertrümmert.«
13. Etappe
Torsten Leppla wohnte in einem Hochhaus auf dem Fischerrück. Nachdem der Hausmeister die Tür aufgeschlossen hatte, betraten die beiden Kriminalbeamten das Zweizimmerappartement.
»Bah, was für ein Mief«, ächzte Sabrina, als ihr aus dem Wohnungsinneren ein muffiger, abgestandener Geruch in die Nase kroch. Angewidert wandte sie den Kopf zu ihrem Chef um. »Ich reiß erst mal die Fenster auf.«
»Ja, tu das. Hier riecht’s wirklich wie in einer Bärenhöhle«, stimmte Tannenberg zu. Er schaltete die Korridorbeleuchtung ein. »Ach, du Scheiße,« zischte er, als er das Chaos zu seinen Füßen erblickte. »Da ist uns wohl schon jemand zuvorgekommen.«
In der stark verrauchten Wohnung sah es aus, als ob hier wochenlang die Vandalen gehaust hätten. Sämtliche Schubladen waren herausgerissen und ausgekippt worden. Die Schränke standen sperrangelweit offen und
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