Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
früher oft darüber gesprochen. „Wie läuft’s zurzeit mit deinem Vater?“
Leif sah mich erstaunt an. „Wie kommst du darauf?“
„Ich hab das mitbekommen neulich Abend …“
„Ach, Scheiße, weißt du, wie ätzend das ist, Lehrerkind zu sein? Alle erwarten von dir, dass du dich wie ein Vorbild verhältst und bloß nicht aus der Reihe tanzt. Die anderen Schüler meinen, du hast als Lehrersohn in allen Fächern Vorteile … du musst ihnen immer das Gegenteil beweisen …“
Übertrieb er es deshalb so oft? Tat er alles, das er tat, nur, um anderen Leuten etwas zu beweisen?
„Na ja, für deinen Vater ist es nicht viel leichter.“
„Hab’ ich ihn drum gebeten? Er hat es sich so ausgesucht, ich wurde da reingeboren.“
„Jetzt verhältst du dich kindisch! Ich versteh dich einfach nicht, Leif! Es gab eine Zeit, da wolltest du unbedingt ein Zeichen setzen. Erinnerst du dich? Du bist tagelang nicht nachhause gekommen, weil du deinen Eltern beweisen wolltest, dass du nicht so bist, wie die ganze Welt dich sieht. Warum eigentlich? Bei all dem Scheiß, den du so angestellt hast, hättest du dir die Mühe echt sparen können! Oder hast du dich einfach entschieden, dich genauso zu verhalten, wie es von dir erwartet wird? Willst du alle Menschen, einschließlich deiner Eltern, in ihrer schlechten Meinung über dich bestätigen? Frei nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert .“
Leif öffnete den Mund, weil er etwas sagen wollte, aber ich ließ ihm gar keine Gelegenheit dazu.
„Wenigstens hier könntest du den privaten Zwist mit deinem Vater außen vor lassen! Vor den anderen untergräbst du seine Autorität! Wie soll er die Schüler dazu bringen, auf ihn zu hören und seine Verbote einzuhalten, wenn sein eigener Sohn ihnen beweist, wie sehr es ihm am Arsch vorbeigeht? Was auch immer du für ein Problem mit deinem Vater hast, bügelt es zuhause aus! Sieh mal seine Position: Wenn irgendeinem Schüler hier was passiert, weil er Alkohol getrunken hat, sind die Lehrer dran und damit unweigerlich dein Vater … außerdem, weißt du denn nicht, was es für ein Glück ist, dass er sich bereiterklärt hat, mitzukommen? Die ganze Reise wäre ohne ihn ins Wasser gefallen!“
Ich kam mir vor wie Frau Neunmalklug, aber es lag mir auf der Seele, ihn von seinem hohen Ross und seinen falschen Ansichten runterzuholen.
Leif sagte nichts mehr. Ich nahm an, er war zu Tode beleidigt oder stinkig auf mich. Vielleicht hatte ich ihm auch nur etwas zum Nachdenken gegeben.
Die nächsten paar Minuten widmete ich mich wieder meinem Buch, bis Leif aufstand. „Ich hole mir ein Eis. Willst du auch eins?“
„Mhm. Aber ich komme mit, ich muss mal aufs Klo.“
„Die schwache Blase wieder, hm? Manche Dinge ändern sich nie.“
Ich wusste nicht, ob er mich ärgern wollte, und reagierte nicht auf seinen Spruch.
Ich raffte mich auf. Zu meiner eigenen Überraschung war Leif sofort zur Stelle, um mir zu helfen. Und dann war ich ihm so nahe wie lange nicht mehr. Ich stand dicht vor ihm. Dicht genug, um zu merken, dass er zitterte. Dicht genug, um seinen Atem auf meiner Haut zu spüren. Ich blickte in seine sanften braunen Augen. Ich nahm seinen Arm wahr, den er um mich gelegt hatte, um mich zu stützen und der meine Taille berührte. Seine Hand wanderte meinen Rücken hinauf, sein Gesicht näherte sich meinem, seine Lippen landeten auf meinem Mund. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wollte mehr. Ich konnte es nicht zulassen. Ich erwiderte seinen Kuss. Mit geschlossenen Augen genoss ich, wie seine Zunge zärtlich mit meiner spielte. Mein Magen schlug Purzelbäume.
Wir hörten gleichzeitig auf, wichen voneinander zurück. Verwirrt wandte ich mich ab und setzte meinen Weg zum Klo fort. Als ich mir die Hände gewaschen hatte und Richtung Ausgang humpelte, stand er so plötzlich vor mir, dass ich zusammenzuckte. Seine Augen, die mich gerade eben noch so sanft angeblickt hatten, funkelten wütend. Dann streckte er die Arme aus und riss mir die Bluse auf. Alles, was ich denken konnte, war: Ich muss im falschen Film sein !
Fassungslos starrte ich ihn an, während er seine Hände auf meine Taille legte und mich hochhob. Da ich nicht wusste, wie mir geschah, schloss ich die Beine um seine Hüften. Er drückte mich gegen die Wand, presste hart seine Lippen auf meine. Da wurde es mir zu bunt. Ich erwiderte den Kuss nicht in der Art, wie er es erhofft hatte. Ich biss zu. Nicht zu heftig, aber genug, um Wirkung
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