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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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doch sie bekam das gemauerte Sims zu fassen und zog sich zu der klaren Fensterscheibe hinauf.
    »Was siehst du?«, fragte Will unter ihr.
    »Noch nichts.«
    Die Scheibe war verdreckt bis zum Gehtnichtmehr. Alex spuckte auf das Glas und wischte mit dem Ärmel einen kleinen Kreis frei; dann drückte sie das Auge an das Glas und spähte ins Innere. Nachdem ihr Auge sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, entdeckte sie eine Wand voller Käfige. Dutzende von Käfigen. Und in jedem davon einen schlafenden Hund. Kleine Hunde. Beagles, wie es schien.
    »Kannst du was erkennen?«, fragte Will. »Mein Rücken ist nämlich nicht mehr das, was er mal war.«
    »Hunde. Dutzende von Hunden, die in ihren Käfigen schlafen.«
    »Kein Wunder – schließlich züchten sie hier Hunde.«
    »Ich weiß. Trotzdem, irgendwas ist merkwürdig an der Sache.«
    »Und was?«
    »Sie schlafen.«
    »Und?«, schnaufte Will mühsam.
    »Sie können unmöglich alle schlafen, oder?«
    »Hast du nie das Sprichwort gehört: ›Weck keine schlafenden Hunde‹?«
    Beinahe hätte Alex aufgelacht. »Es sind bestimmt hundert Stück, Will. Sie können unmöglich alle gleichzeitig schlafen!«
    »Vielleicht sind sie betäubt worden …«
    Während Alex in den verdunkelten Raum spähte, erklang das Geräusch eines Motors. Es kam näher und wurde von Sekunde zu Sekunde lauter. Noch bevor sie den roten Lieferwagen sah, der den eingezäunten Perimeter entlang davonraste, erwachte der Instinkt, der sie durch so viele erfolgreiche Geiselverhandlungen geführt hatte.
    »Lauf!«, rief sie und sprang aus Wills Hand zu Boden.
    »Was ist denn?«, ächzte er, wobei er gleichzeitig versuchte, seine Pistole zu ziehen und sich aufzurichten.
    »Lauf, verdammt!« Alex packte ihn am Arm und zerrte ihn von der alten Bäckerei weg.
    »Und was ist mit meinem Wagen?«, rief Will.
    »Egal. Weg hier!«
    Sie waren noch keine zehn Meter weit gekommen, als eine alles versengende Wand aus Feuer sie zu Boden stieß wie die Hand Gottes. Alex schlitterte über den Beton und schürfte sich dabei die Ellbogen ab. Sie schrie nach Will, hörte aber nichts außer einem gewaltigen Rauschen.
    Es dauerte fast eine Minute, bis sie wieder atmen konnte. Langsam rollte sie sich herum und setzte sich auf.
    Will war ein paar Meter entfernt auf den Knien und bemühte sich vergeblich, einen großen Glassplitter aus seinem Rücken zu ziehen. Hinter ihm stieg eine gewaltige Rauchsäule in den Himmel. Sämtliche Fenster der vorderen Fassade waren verschwunden. Hinter dem Rauch sah Alex blau-weiße Flammen, die mehr nach einem Bunsenbrenner als nach einem ungezähmten Feuer aussahen. Die Hitze, die aus dem Gebäude kam, war beinahe unerträglich.
    Als sie sich auf die Beine mühte, hallte ein unmenschliches, fürchterliches Kreischen über den leeren Parkplatz. Eine Sekunde später schoss eine dunkle Affengestalt aus dem Gebäude. Sie rannte auf allen vieren davon und zog eine Wolke aus Feuer und Rauch hinter sich her.
    Alex machte drei taumelnde Schritte auf Will zu. Sie sagte ihm, dass er den Splitter lassen sollte, wo er war; dann kippte sie vornüber aufs Gesicht.

47
    Andrew Rusk hatte zwei Valium, eine Lorcet und einen Beta-Blocker genommen. Trotzdem hämmerte ihm das Herz bis zum Hals. Seinem Kopf ging es noch schlimmer. Er starrte in die geistlosen Augen seiner Frau und hatte das Gefühl, als hätte jemand seine Wirbelsäule an der Stelle gepackt, wo sie in den Schädel mündete, um sie herauszureißen.
    »Aber ich verstehe das nicht!«, sagte Lisa wenigstens zum achten Mal in ebenso vielen Minuten.
    »Diese Männer da draußen«, erklärte Rusk und deutete auf die dunklen Patio-Fenster des Hauses. »Diese Männer sind Agenten vom FBI.«
    »Woher willst du das wissen? Vielleicht sind sie von der Steuerfahndung oder sonst was?«
    »Ich weiß es, weil ich es weiß«, sagte er.
    »Aber … Kuba?«, jammerte Lisa.
    »Pssst!«, zischte Rusk und drückte ihren Oberarm. »Nicht so laut! Du musst flüstern!«
    Sie riss sich von ihm los. »Das ist das erste Mal, dass du Kuba erwähnst! Warum? Vertraust du mir etwa nicht?«
    Rusk hätte am liebsten geschrien: Natürlich vertraue ich dir nicht, du dämliche Kuh!
    Mit einem Schmollmund zog Lisa sich auf das Sofa zurück und schob die Beine wie beim Yoga unter ihren Leib. Sie trug Radlerhosen und ein Tank Top, das die üblichen prachtvollen Einblicke gewährte.
    »Kuba!«, sagte sie erneut. »Das ist noch nicht mal amerikanisch, oder?«
    Er starrte sie offenen Mundes

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