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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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überzeugen, daß keine Gefahr bestand. Womit hatte Gemma das Riesentier nur so erschreckt? Ob es natürliche Feinde hatte, an die ihr Schrei oder ihre Armbewegungen es erinnert hatten? Aber was konnten das für Tiere sein, vor denen ein solcher Riese sich fürchtete? Nun, das ließ sich im Augenblick sowieso nicht klären, jetzt kam es erst einmal darauf an, ein stabiles Verhältnis zu dem Ungeheuer zu schaffen. Es einfach abzuschrecken, genügte nicht, es konnte ja jederzeit wiederkommen, offenbar auch nachts, und keiner konnte wissen, wie lange diese Methode der Abschreckung noch, wirksam war. Das Tier lernte anscheinend ziemlich schnell. Nein, man mußte sich sozusagen mit ihm gut stellen. Und wenn es ein ganzes Rudel seiner Art hinter sich herzog? Nein, das wohl kaum, die Natur hier lieferte sicherlich nicht genügend Nahrung für ein Rudel, höchstens für ein einzelnes Tier oder auch für ein Paar, falls es auf diesem Planeten Geschlechter gab; was immerhin wahrscheinlich war, denn ohne Geschlechtertrennung und - vereinigung mit ihren genetischen Vorteilen hätte sich höheres Leben wohl nicht durchgesetzt.
    Wie kam das Tier überhaupt hierher, und warum kam es erst jetzt, so lange nach ihrer Landung? Nein, die Landung konnte nichts damit zu tun haben, die Ursachen mußten in der hiesigen Natur liegen. Vielleicht setzte jetzt die Periode ein, wo sein natürliches Futter heranwuchs? Aber wo? Das Tal hatte nur spärlichen Grasbewuchs, aus dem allerdings hier und da nun doch schon etwas höhere Triebe herausragten. Ob es in den Nachbartälern genauso aussah?
    Vielleicht aber wanderten diese Tiere auch mit der Jahreszeit? Zweifelhaft. Für große Wanderungen war dieser Körper wohl kaum geeignet. Oder war der Sumpf im Osten die Heimat dieser Tiere, und das eine hier war auf der Suche nach Nahrung nur etwas weiter gestreift? Oder war es schwächer als die Artgenossen und von ihnen verdrängt worden?
    Langsam, immer noch zögernd, immer noch mit gelegentlichen Rückzügen um einige Meter, kam das Tier näher. Gemma betrachtete es jetzt ohne Aufregung. Es war gar nicht so fürchterlich groß, wie es ihr zuerst erschienen war. Und auch nicht so plump. Der Rumpf war etwa zwei Meter hoch und drei Meter lang, die Beine waren kurz und krumm, aber in Proportionen zum Körper beinahe schlank, und sie endeten in krallenbewehrten Füßen. Das Tier hatte einen Schwanz, der für Gemmas irdisches Formgefühl überhaupt nicht zu ihm paßte: ein langes, dünnes und sehr bewegliches Organ, wie es viele irdische Säugetiere haben. Das Ungewöhnlichste aber war der lange, dünne und anscheinend ziemlich steife Hals, der das Tier so groß erscheinen ließ. Die grüngraue Haut hatte hier und da gelbliche Flecken.
    Hinter sich hörte Gemma rufen. Sie sah sich schnell um und erblickte Rigel, der vor der Schleuse stand und winkte; er hielt irgend etwas Blinkendes in der Hand.
    »Eine Pfeife für die hohen Töne!« rief er.
    Gemma sah sich um. Sie freute sich, daß Rigel so schnell etwas gefunden oder gebaut hatte, denn das würde ihr Vorhaben wesentlich erleichtern. Jetzt sah sie, daß auch die Stelle, an der sie stand, gut gewählt war. Ein paar Schritte rechts vor ihr lag, Ausnahme in diesem Tal, ein größerer Felsbrocken im Grase. Ja, das war eine gute Markierung zum Abrichten. Und eine Deckung für Rigel. Sie zeigte mit dem Arm hinter diesen Block und nickte Rigel zu. Der begriff sofort und benahm sich auch sehr geschickt: Er ging vorsichtig seitwärts vom Eingang fort und schlich sich dann so hinter den Block, daß das Tier ihn kaum gesehen haben konnte.
    Gemma flüsterte: »Hör zu, Rigel, und halte dich genau an das, was ich dir sage. Was auch passiert, du hast nur eine Aufgabe - sobald das Tier die gedachte Linie überschreiten will, die von diesem Block quer zum Tal bis zur anderen Seite geht, dann pfeifst du in kurzen Stößen. Sobald das Tier sich zurückzieht, hörst du wieder auf, egal, was ich mache.«
    »Klar.«
    Gemma fühlte sich, da sie Rigel in der Nähe wußte, gleich stärker, und sie wurde sich wieder einmal ihrer fröhlichen Liebe bewußt. Nein, so wie Toli und Mira lebten, hätte sie nicht mit ihrem Mann zusammenleben mögen. Manchmal taten ihr die beiden beinahe leid, obwohl sie älter waren. Aber vielleicht brauchten sie diese Spannungen zwischendurch, es sollte ja so etwas geben, die Menschen waren eben verschieden.
    Es störte Gemma überhaupt nicht, daß ihr das alles gerade jetzt durch den Kopf ging. Was sie

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