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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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herrsche. Rigel hatte das Thema sofort aufgenommen und erklärt, man könne aus dem Tal noch viel mehr herausholen, aber dazu brauche er Baustoffe, am besten Holz, und das müsse es ganz gewiß irgendwo geben, irgendwo in der Nähe, meinte er, nicht erst jenseits des Gebirges; man könne vielleicht eine Talsperre bauen oder auch einen Ofen betreiben, falls mal schlechtes Wetter für längere Zeit das Kochen mit Sonnenenergie verhindere, und so gut seien die Bohnen ja auch nicht, daß man sie roh herunterwürgen möchte.
    Toliman kamen diese Ausweitungen deshalb zupaß, weil sie ihm Gelegenheit boten nachzugeben, von seinem Standpunkt abzulassen und trotzdem wenigstens zum Teil seinen Willen durchzusetzen, seine Konzeption zu wahren. Was Einzelheiten betraf, gut, da konnte er sich irren, da konnten die andern ihn überzeugen; aber seiner Grundlinie war er sich absolut sicher, nämlich, daß jedes Hinausgehen über die unmittelbare Umgebung, das Tal, nur höheren Energieverbrauch und unnötiges Risiko mit sich bringen würde. Er bezweifelte durchaus nicht, daß es jenseits des Tals manches Nützliche geben könnte; er befürchtete nur, daß da ebenso viel oder noch mehr Belastendes zu finden sein würde, oder vielmehr: zu bestehen, zu überwinden. Allein die Tatsache, daß man das vorher nicht wissen konnte, bedeutete, daß ein solcher Vorstoß die errungene Stabilität aufs Spiel setzen würde, und eben das durfte auf keinen Fall geschehen - so Tolimans Überzeugung und dementsprechend auch sein Verhalten in der Auseinandersetzung.
    Deshalb griff er erst in die Diskussion ein, als er spürte, daß auch Mira sich der Forderung nach Ausweitung des Operationsfeldes anschließen wollte. Daß das auf ihrer Linie lag, wußte er spätestens seit dem Ballonobjekt, und wie sie aussah, wenn ein Entschluß in ihr reifte, wußte er auch. Das Gesicht wurde etwas starr, und die Augen begannen zu funkeln. Das war eben jetzt der Fall, und deshalb kam er ihr zuvor, absolut nicht im Widerspruch mit seinen Empfindungen für sie, im Gegenteil, er hielt sich noch etwas darauf zugute, daß er sie nicht in eine unhaltbare Position schlittern ließ - so sah er es jedenfalls, als er sagte: »Vielleicht habt ihr recht, und es ist wirklich nützlich, das Biest an uns zu gewöhnen. Vielleicht läßt es sich sogar abrichten. Zur Arbeit für uns. Oder zu unserem Schutz. Was meinst du, Gemma?«
    Er hatte genau den richtigen Punkt getroffen, um die Debatte in die gewünschte Richtung zu lenken. Jetzt sprach Gemma, erfreut, eifrig, Gedanken entwickelnd; Rigel nickte dazu, und Mira sagte nichts. Einen Augenblick lang fragte sich Toliman, ob er nicht schon zu virtuos auf der Klaviatur ihrer Beziehungen spielte, aber er schob die Frage beiseite - wenn man etwas durchsetzen will, muß man, darf man sich nicht von solchen Erwägungen ablenken lassen, dachte er.
    »Also gut«, schloß er die Debatte ab, »das Biest wird in den Haushalt aufgenommen, mit einer Schote und einer Handvoll Kräuter täglich. Ziel soll sein, daß es uns hilft, und vor allem, daß es gegebenenfalls die Talausgänge verteidigt gegen irgendwelche Gefahren, die uns von draußen bedrohen könnten. Damit entfällt dann wohl auch für uns die Notwendigkeit, das Tal überhaupt zu verlassen.«

 
4
     
    Es war eine anstrengende Woche, die diesen Aufregungen folgte, gewiß die anstrengendste bisher, und das nicht nur körperlich.
    Die ungewohnte, schwere Arbeit stellte die Hauptbelastung dar. Die Anbaufläche mußte noch einmal erweitert werden, wobei Gemma, des Biestes wegen, zeitweise und Rigel ganz ausfiel - Rigel hatte es sich in den Kopf gesetzt, ein Wasserkraftwerk zu bauen, bescheiden und klein zwar und ohne Verwendung von Holz, ihm würde schon etwas einfallen. Jedenfalls waren alle bis zum äußersten erschöpft, und die Ration, die sie sich selber zugeteilt hatten, reichte nur, um den wütendsten Hunger zu stillen. Dafür aber hatten ihnen diese Bohnen noch nie so gut geschmeckt, oder richtiger: so wenig widerwärtig.
    Gemma arbeitete täglich dreimal eine Viertelstunde mit dem Biest, und wahrhaftig nicht erfolglos - das Tier lernte schneller als ein Hund auf der Erde. Aber leider kam Gemma mit der einen genehmigten und eingeplanten Schote nicht aus. Also gab sie dem Tier von ihrer Ration. Rigel, der das bemerkte, gab ihr dafür von seiner ab, und Mira, die auch nicht blind war, schummelte ihr ebenfalls hin und wieder etwas zu. Worauf Toliman dann wieder Mira etwas abgab. Und da

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