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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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in erster Linie war es Miras Krankheit, die alle enger zusammenrücken ließ, und ihre schnelle Genesung, die dazu anregte, sich auch aller anderen Fortschritte ungetrübt zu erfreuen.
    Rigels zweites Wasserkraftwerk in der Schlucht am Südausgang des großen Tals brachte einige solcher Fortschritte. Als es Ende der Woche den Betrieb aufnahm, zeigte es sich, daß nunmehr die Wandlerkapazität ausgelastet war. Der Kommutator, der Elektroenergie in Treibstoff-Aktivkomponente umwandelte, hätte zwar auch einen höheren Durchsatz erlaubt, aber nur bei größeren Spannungen, als sie sie hier erreichen konnten; denn eingerichtet war er ja für die Aufnahme von Strom aus viele Quadratkilometer großen Sonnenkollektoren.
    Rigels heimliche Rechnung begann also aufzugehen: Alle weitere Energie, die sie noch erzeugen würden, etwa mit einem Windrad, würde nicht mehr speicherbar sein; oder mit anderen Worten: Man würde sie verwenden, die eigene Situation zu erleichtern. Ganz soweit war es zwar noch nicht, aber er wußte jetzt sicher, daß dieser Punkt erreichbar war und daß er bald erreicht sein würde.
    Doch noch vor der Inbetriebnahme gab es Fortschritte ganz anderer Art, die durchaus nicht allen sofort bewußt waren - teils, weil sie bei der jetzigen Belastung nicht mehr so oft ihre Gedanken austauschten, und wenn, dann nur zweckgebunden, auf die jeweilige Tätigkeit bezogen; und teils, weil die Bedeutung, die die eine oder andere Beobachtung später einmal haben würde, jetzt noch nicht deutlich zu Sehen war.
    Ein allgemeiner Fortschritt bestand schon darin, daß sie sich das untere Ende des Tals zum ersten Mal direkt ansahen. Aus den Luftbildern wußten sie, daß dort der Bach durch eine Schlucht in das kleine Tal hinüberfloß, wo er sich nach Norden wendete, also parallel zu seinem diesseitigen Lauf, nur in umgekehrter Richtung floß, bis er am Nordrand des Gebirges in den Nordstrom mündete.
    Es ergab sich aus dem Vorhaben, daß sie die ganze Schlucht abschritten und sogar in ihr herumkletterten. Drei oder vier Punkte hätten sich für die Anlegung eines Staus geeignet, und Rigel wählte sehr bedacht nicht denjenigen aus, der den größten Stau ergeben hätte, sondern im Gegenteil den Punkt, an dem der Stau am kleinsten ausfallen würde. Denn für einen starken Stau hatten sie nicht das geeignete Material, und sie hätten seine Energie auch gar nicht nutzen können mit ihren kleinen Generatoren, die Rigel aus seinem Gerätevorrat zur Verfügung standen.
    Bei ihren Unternehmungen hatten sie auch einen Blick in das kleine Tal, das wohl schmaler war als das, in dem ihr Schiff stand, aber auch länger; es setzte sich nicht nur nach Norden fort, dem Bach sein Bett gebend, sondern auch nach Süden, in Richtung auf den Wald. Und auch hier sahen sie den gleichen merkwürdigen Pflanzenwuchs: nur junge Pflanzen, Gras vor allem, keine Pflanzen, die wenigstens in ihrem sichtbaren Teil schon vor ihrer Landung dagewesen wären, so genau traute sich Gemma inzwischen schon, den Zeitpunkt zu schätzen.
    Auch hier aber fanden sie wieder an Stellen, wo die Schlucht zerklüftet war, kleine Kessel, in denen eine sehr viel ältere und differenziertere Vegetation wuchs. Für Rigel waren das in erster Linie Holzlieferanten, für Gemma Anstöße für besorgte Gedanken.
    Freilich wurde Gemma von diesen Gedanken meist schnell wieder abgelenkt durch ihre Arbeit mit dem Biest - ihre Arbeit und ihr Spiel mit diesem interessanten Tier. Die anfängliche Sperrlinie war inzwischen aufgehoben. Es konnte sich frei bewegen, und es gab ihr zwar nicht gerade Rätsel auf, aber sein Verhalten rief doch viele Fragen hervor, und nur wenige davon ließen sich schnell und einfach beantworten.
    Gemma bemühte sich, dem Biest beizubringen, sich hauptsächlich vom Gras des Tals zu ernähren, das ziemlich schnell wuchs und jetzt schon hüfthoch stand - die Bohnen und Kräuter, die es von Gemma bekam, waren nicht mehr als Appetitshäppchen für dieses Riesentier, Leckerbissen, Genußmittel. Aber wovon hatte sich das Biest vorher ernährt, als das Gras noch niedrig war?
    Gemma hatte genau beobachtet: Das Gras sah durchaus nicht mehr so einheitlich aus wie anfangs, es bestand aus vielen unterschiedlichen Pflanzenarten, und das Biest fraß durchaus nicht alle und nicht gleichmäßig. Die Gleichaltrigkeit der Vegetation konnte also nicht daher rühren, daß vielleicht vorher das Biest oder seine Artgenossen das Tal gleichmäßig abgeweidet hätten. Außerdem war das Tier

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