Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Sorgen geplagt sind«, fuhr Dawn mit ihrer kleinmädchenhaften Stimme fort. Miss Ashford und Lady Jane nickten heftig.
» Ich tanze auf solchen Festen nicht besonders viel«, sagte Amelia und bemühte sich um einen Gesichtsausdruck, der ihrer Meinung nach irgendwo zwischen Grimasse und Lächeln liegen musste. Die meisten Leute setzten voraus, dass sie sich mit ihrem Aussehen und ihrer Mitgift nicht um männliche Aufmerksamkeit zu sorgen brauchte, doch unglücklicherweise erfüllte die große Mehrheit der Männer, die um ihre Hand baten, eher die Erwartungen ihres Vaters als ihre eigenen.
» Das liegt aber nur daran, dass es Sie nicht interessiert. Und nicht an mangelnder Gelegenheit.« Dawn schaute mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung zu ihr auf.
Amelia zwang sich zu einem gekünstelten Lachen, fühlte sich unbehaglich unter dem Blick der anderen. » Verraten Sie mir, von welchem der geschätzten Gentlemen, die heute Abend hier anwesend sind, Sie gerne zum Tanz aufgefordert würden?«
Miss Ashford ließ den Blick rasch durch den Raum gleiten, der mit Gästen aus dem Hochadel gefüllt war. Dann hob sie die behandschuhte Hand an den Mund und beugte sich ein Stück nach vorne. » Ich glaube nicht, dass er schon eingetroffen ist. Jedenfalls haben wir ihn nicht hereinkommen sehen. Aber wir sind gemeinsam übereingekommen, dass Lord Armstrong unsere erste Wahl wäre.«
Amelia zwang sich, nicht die Augen zu verdrehen und nicht auf die verstörende Beschleunigung ihres Pulsschlags zu achten. » O bitte, überzeugen Sie mich, dass Sie nicht so dumm sind, sich von blonden Locken und Grübchen in den Wangen bezaubern zu lassen.« Amelia zog die Brauen hoch und gab sich alle Mühe, ihr Gegenüber aufrichtig in die Schranken zu weisen. Diesen Blick, schwor ihr Vater, habe sie bereits perfektioniert, als ihre verstorbene Großmutter sie noch auf ihren Knien wiegte. Bereits damals, behauptete er, sei es das Mittel ihrer Wahl gewesen, ihr abgrundtiefes Missfallen auszudrücken.
Die drei Ladys wechselten überraschte Blicke. Zweifellos fragten sie sich, was ihr ausgerechnet an dem jungen Lord nicht passte, der oft mit dem griechischen Gott Apoll verglichen wurde.
» Meinten Sie Lord Armstrong?« Dawn flüsterte den Namen des Mannes mit der gleichen Ehrfurcht, mit der sonst über Mitglieder der Königsfamilie gesprochen wurde.
Amelia unterdrückte eine schmerzhafte Regung. » Genau den und niemand anderen.«
» Aber der Mann ist doch äußerst charmant«, sagte Miss Ashford. Ihre gleichmäßigen Gesichtszüge wurden weich, und die Wangen röteten sich, als ob ihr bei dem bloßen Gedanken an den Mann ganz warm würde.
» Er ist ein Wüstling. Oder wollen Sie etwa einen Mann haben, der es für seine Pflicht hält, mit jeder Frau in der Stadt zu schlafen? Ich habe den Eindruck, dass er jegliches Feingefühl vermissen lässt. Und er ist auf geradezu geschmacklose Weise leicht zu durchschauen. Fast schon vulgär.«
Amelia erinnerte sich noch bestens an sein besitzergreifendes Lächeln, als sie einander vorgestellt wurden. Ein Lächeln, das bezaubern und sie in seinen Bann schlagen sollte. Ihr Puls hämmerte. Ja, in der Tat, er war auf geradezu primitive Art zu durchschauen.
Dawn presste ihre behandschuhten Finger an die Lippen. Lady Jane und Miss Ashford schnappten entsetzt nach Luft.
» Das sollte bestimmt nur ein Scherz sein?«, erwiderte Lady Jane leise und atmete geräuschvoll ein.
War es wirklich möglich, über solch eine Angelegenheit zu scherzen? Der Mann war nun mal ein Wüstling. Ja, vielleicht hielt er es nicht unbedingt für seine Pflicht, tatsächlich jede Frau in der Stadt ins Bett zu bekommen. Aber wer wollte wegen zwei Dutzend mehr oder weniger einen Streit vom Zaun brechen? » Ihr Ladys seid viel zu süß, um euch von diesem Lumpen einwickeln zu lassen.« Was der Wahrheit entsprach. Er war ein Lump und noch viel mehr als das.
» Sind Sie mit dem Viscount gut bekannt?«, fragte Dawn neugierig.
» Leider pflegt mein Vater enge Beziehungen zu ihm. Daher war ich gezwungen, bei verschiedenen Anlässen die Gegenwart dieses Mannes ertragen zu müssen, glücklicherweise nur kurz.« Allein die gestrige Begegnung hatte den Rahmen ihrer üblichen Wortwechsel gesprengt. Sie konnte nur hoffen, dass sich so etwas nicht oft wiederholte.
» Wie können Sie einem Gentleman Vorwürfe machen, der Mr. Foxworths Schwester mit solcher Großherzigkeit behandelt? Nun, seit Mr. Fox… Officer Foxworth inzwischen, glaube
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