Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Mögliche durch den Kopf, aber das ganz gewiss nicht. Muss es auch nicht. Mein Vater dankt dem Schöpfer jeden Tag, dass Charles der Erbe ist und verantwortlich dafür, den Fortbestand unseres Namens zu sichern.« Es sollte locker und spöttisch klingen, doch unterschwellig klang etwas ganz anderes mit.
» Und wann soll der lang erwartete Heiratsantrag erfolgen? Missy wird natürlich darauf bestehen, an den Vorbereitungen beteiligt zu sein.«
Thomas musterte seinen Schwager. Rutherford hatte recht. Eigentlich stellte er sich eine kleine, schlichte Feier vor, aber seine Schwester würde bestimmt eine königliche Angelegenheit daraus machen. Den Gedanken, alles schnell und ohne großes Aufsehen über die Bühne zu bringen, den konnte er vergessen.
» Sobald Harry aus Amerika zurück ist, werde ich mit ihm reden.«
» Reine Formalität«, sagte Cartwright und winkte ab.
» Dann lasst uns auf die bevorstehende Hochzeit anstoßen.« Rutherford hob sein Glas.
» Hört, hört.« Cartwright schien sich damit abgefunden zu haben, bald der einzige Junggeselle in diesem Kreis zu sein.
» Auf dein Glück«, sagte Rutherford.
» Auf mein Glück«, wiederholte Thomas und stieß mit seinen besten Freunden auf die Zukunft an.
Die Zeit verging wie im Flug, und Amelia wäre gerne noch eine Weile in Berkshire geblieben. Aber nachdem die Feiertage vorüber waren, kehrte der Alltag wieder ein, und die Männer mussten sich um ihre Geschäfte kümmern. In den zwei Wochen auf dem Landsitz der Rutherfords waren insbesondere Missy und sie gute Freundinnen geworden, doch auch den anderen Familienmitgliedern war sie aufrichtig zugetan.
Die Reise zurück nach Stoneridge Hall verlief völlig ereignislos, dafür bequem und ohne Beschwerlichkeiten. Beinahe wie eine kleine Ausfahrt. Bloß Hélènes Anwesenheit störte das verliebte Paar. Thomas und Amelia wünschten sie zum Teufel, doch die junge Zofe, die jetzt die Funktion einer Anstandsdame übernahm, bemerkte es nicht.
Es war weit nach zehn Uhr abends, als sie auf Stoneridge Hall eintrafen. Trotz der späten Stunde war indes nicht daran zu denken, dass sie sich gleich zurückziehen konnten, denn Lady Armstrong, die inzwischen mit ihren Töchtern aus Amerika zurückgekehrt war, wartete auf sie. Perfekt gekleidet wie immer, diesmal in einem blassgelben Seidenkleid.
Ihre grünen Augen funkelten, und ihre Wangen waren rosig überhaucht wie bei einem jungen Mädchen, das zum ersten Mal die Welt sieht. Es war unübersehbar, dass sie ihre Reise genossen hatte.
» Die armen Mädchen haben so lange gewartet, wie sie nur konnten, sind dann aber irgendwann eingeschlafen.«
Thomas nahm die Hand von Amelias Rücken und trat zu seiner Mutter. Liebevoll umarmten sie einander, und die Viscountess küsste ihn auf beide Wangen.
» Es ist wohl immer noch in Ordnung, fröhliche Weihnachten zu wünschen. Und ich nehme an, dass du deine Reise genossen hast«, sagte er und drückte ihre Hände. » Ich kann mich kaum erinnern, dich jemals so glücklich gesehen zu haben. Ich würde sogar behaupten wollen, dass du innerlich glühst.« Aus seinem Blick sprach ehrliche Freude. » Vielleicht ist dir während deines Aufenthalts ein Gent leman über den Weg gelaufen?«
Die Wangen seiner Mutter färbten sich. » Du bist ja noch unverschämter als deine Schwestern«, schimpfte sie lächelnd und wich der Frage aus, indem sie sich an Amelia wandte.
» Hallo, meine Liebe, ich hoffe, meine Tochter hat dafür gesorgt, dass Sie sich bei ihr wie zu Hause gefühlt haben.«
Wie konnte sie ihre Zuneigung in Worte fassen? » Missy und James waren die besten Gastgeber, die man sich nur wünschen kann. Sie und die Mädchen haben mir das Gefühl gegeben, zur Familie zu gehören. Es war wundervoll. Und was die Kleinen betrifft, oh, ich könnte mich stundenlang in den höchsten Tönen über sie auslassen.«
Die Countess nahm Amelias behandschuhte Hand in ihre und tätschelte sie ein paarmal. » Nun, vielleicht erfreut es Sie zu hören, dass Sie schon sehr bald wieder nach Hause fahren dürfen. Ihr Vater ist mit uns zurückgekehrt. Er kommt bald und holt Sie persönlich ab.«
Amelias Blick flog zu Thomas.
» Harry ist wieder da?«, fragte Thomas überrascht, bevor Amelia eine passende Antwort geben konnte.
» Ja, zwei Tage bevor unser Schiff in See stach, konnte er seine geschäftlichen Angelegenheiten abschließen.«
Ihr Vater. Zum ersten Mal seit Jahren verkrampfte ihr Herz sich nicht vor Schmerz, wenn sie an ihn
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