Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
ihre Beleidigung– sollte das wirklich alles gewesen sein? Keine Vorwürfe, keine Herabwürdigungen, weil sie sich unmöglich benommen hatte? Völlig undiskutabel für eine Lady?
Einigermaßen verwirrt gestattete sie ihm, sie vom Parkett zu führen. Wagte es nicht, ihm einen Blick zuzuwerfen, weil sie befürchtete, dass er ihre Erleichterung erkennen könnte. Es wäre der Gipfel der Dummheit, einen schlafenden Hund zu wecken, wo doch der Zeitpunkt des Entrinnens zum Greifen nahe schien.
» Kommen Sie mit, schließen Sie sich mir an. Es wäre eine Schande, die Gelegenheit nicht zu nutzen, um sich ein wenig besser kennenzulernen.« Lord Armstrong umfasste ihren Ellbogen und geleitete sie keineswegs zu Miss Crawford, die einsam neben einem üppigen Farn stand, sondern in genau die entgegengesetzte Richtung.
Amelia wollte antworten und versuchte seine Hand auf ihrem Arm abzuschütteln. » Nein, danke…«
» Nun, vielleicht glauben Sie, dass ich eine Einladung ausspreche.« Er schüttelte den Kopf und befleißigte sich plötzlich eines elterlich strengen Tonfalls, der ihren Protest von vornherein unterband. » Das war keine Einladung. Sondern ein Befehl.« Er umfasste ihren Arm mit festem Griff, behielt den Plauderton bei und lächelte mit unnachgiebig funkelnden Augen auf sie herab. » Haben Sie tatsächlich geglaubt, dass Sie so leicht davonkommen? Nein, Sie werden meine Gegenwart noch etwas länger ertragen müssen.«
Sosehr es Amelia auch verhasst war, sich anderen zu fügen, sie gab den Kampf auf. Nicht nur weil er sie nicht freigeben würde, sondern auch weil sie keinen weiteren Zwischenfall provozieren wollte. Trotzdem hielt sie nicht den Mund.
» Wozu? Ich bin mir sicher, dass Sie eigentlich gar keinen Wert auf meine Gesellschaft legen«, erwiderte sie und bemühte sich um einen sachlichen Tonfall.
Lord Armstrong lachte amüsiert. » Das sind die ersten wahren Worte, die ich heute Abend aus Ihrem Mund gehört habe«, sagte er auf dem Weg zum Buffet mit den Erfrischungen, das in einem anderen Zimmer aufgebaut war. » Ich versuche nur, Ihrem Vater eine Peinlichkeit zu ersparen. Finden Sie nicht auch, dass er für diese Woche genug durchgemacht hat?« Thomas zog eine Braue hoch und warf ihr einen strafenden Blick zu, der ihre Empörung rasch schrumpfen ließ.
Amelia spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Bestimmt sah er, wie sie errötete. Offenbar hatte ihr Vater ihm sein Leid geklagt. Wem sonst sollte er sich anvertrauen? Wem konnte er schon ihre Eskapaden erzählen, wenn nicht dem Mann, dem seine Zuneigung gehörte? Mehr als ihr, dachte sie bitter. Er war der Sohn, den das Schicksal ihm verweigert hatte. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, was ihr Vater unter dem Siegel der Verschwiegenheit alles preisgegeben haben mochte. Wieder flutete eine Hitzewelle durch ihren Körper. Verdammt sei ihr Vater, zweimal verdammt dieser Kerl.
Thomas gab ihren Arm nicht einmal frei, als er dem livrierten Lakaien zwei Gläser Punsch abnahm und ihr eins in die Hand drückte. » Hier, scheint so, als könnten Sie eine Erfrischung gebrauchen. Sie sehen ziemlich echauffiert aus. Vielleicht kann der Punsch die flammende Hitze auf Ihren Wangen besänftigen… und an anderen Stellen.« Er warf einen bedeutungsvollen Blick auf ihr Dekolleté, was ihren Zorn und die Röte zu ihrer Bestürzung nur noch mehr anfachte.
Es kostete sie die größte Selbstbeherrschung, ihm das Glas samt Inhalt nicht an den Kopf zu schleudern. Doch ihre Selbstbeherrschung hing an einem seidenen Faden. Sie trank einen Schluck des lauwarmen Punsches, um sich abzulenken und nicht irgendetwas zu sagen, was sie für den Rest des Abends bedauern würde.
Lord Armstrong schien wenig an seinem Drink, dafür umso mehr an ihrem Ausschnitt interessiert. Und was sie betraf, so sorgten seine Arroganz, seine Nähe und seine Aufdringlichkeit dafür, dass auch ihr der Durst verging. Am liebsten hätte sie ihm das klebrige Getränk ins Gesicht geschüttet.
» Es kommt nicht jeden Tag vor, dass eine Frau sich abfällige Bemerkungen über meine Schlafzimmerqualitäten erlaubt, noch dazu in aller Öffentlichkeit.« Sein Tonfall war so lässig, als spräche er über das Wetter.
Obwohl Amelia nur selten auf Widerworte verzichtete, jetzt tat sie es. Umso mehr erschrak sie, als er noch eins draufsetzte, um sie in Verlegenheit zu bringen.
» Aber wie wollen Sie eigentlich beweisen, dass Sie mit Ihrer Behauptung im Recht sind? Und wie Ihre Wette
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