Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Hauch heller als die des Viscount, sie nicht gleich als Armstrong zu erkennen gegeben hätte, dann sicher die grünen Augen. Mehr noch, das Mädchen besaß verblüffende Ähnlichkeit mit der Viscountess.
» Hallo, Lady Amelia.« Die Begrüßung kam reichlich verspätet, so als hätte das Mädchen sich plötzlich an seine Manieren erinnert. Und wenn die junge Miss geahnt hätte, wie widerwillig die andere sich in diesem Zimmer und in diesem Haus aufhielt, dann wäre die Begrüßung wohl weniger freundschaftlich ausgefallen.
Sie blieb neben Amelias Tisch stehen und lächelte kess. » Meine Schwester und ich freuen uns so, Sie kennenlernen zu dürfen. Ich heiße Sarah. Thomas hat nie erwähnt, wie hübsch Sie sind.«
Amelia war nicht ganz klar, auf welche Bemerkung sie zuerst antworten sollte. » Äh, hallo, Sarah. Vielleicht liegt es daran, dass dein Bruder mich nicht für hübsch hält.«
Sarah lachte, als habe sie gerade einen höchst amüsanten Witz gehört. Ihr Zopf schwang hin und her, so heftig bebten ihre Schultern. » Wenn mein Bruder überhaupt irgendetwas weiß, dann das, wie hübsche Frauen aussehen. Ich bin überzeugt, dass er Sie hübsch findet.«
Amelia zwang sich zu einem Lächeln. Sarah Armstrong war alles andere als ein schüchternes Mädchen. » Nun, dann vielen Dank. Ich sollte deine Worte als Kompliment betrachten, zumal sie aus dem Mund einer ebenfalls hübschen jungen Dame kommen.«
Die meisten Mädchen und Frauen hätten sich bei dem Kompliment geziert oder mit abwehrenden Bemerkungen Widerspruch vorgetäuscht. Sarah lächelte nur, und ihre Augen leuchteten vor Freude. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die Verträge, die Amelia ordentlich vor sich aufgestapelt hatte.
» Was machen Sie da?«
» Ich sortiere diese Unterlagen«, erklärte Amelia, » und wenn ich heute am Abendessen teilnehmen will, kann ich mir keine Trödelei mehr erlauben.«
» Ich finde es bewundernswert, dass Sie angeboten haben, Thomas bei seinen wohltätigen Arbeiten zu helfen.«
Amelia überdeckte einen drohenden Lachanfall mit demonstrativem Husten. Das also war die offizielle Erklärung für ihre Anwesenheit. Amelia, die Wohltäterin. Das war zweifellos besser, als mit der Wahrheit herauszurücken, dass sie hier unter Beaufsichtigung stand, von ihrem Vater wie ein lästiges Gepäckstück an den Viscount weitergereicht.
» Ja, in der Tat«, erwiderte Amelia trocken.
» Vielleicht sollte ich Ihnen helfen«, bot Sarah so eifrig und ernsthaft an, dass Amelia Bedauern empfand, ihr Angebot ablehnen zu müssen.
Aber warum eigentlich? Amelia warf einen Blick auf den Stapel Papiere, der gewiss noch zwei Stunden Arbeit bedeutete. Arbeit, die sie exakt bis zum Beginn des Abendessensbeanspruchen würde und ihr kaum Zeit ließ, sich umzuziehen.
» Und man wird dich nicht vermissen?«, hakte Amelia nach und hob den Kopf, um Sarah anzuschauen.
» Nein. In der nächsten Stunde sitzt Mama am Klavier und übt. Emily ist noch bei Miss Jasper, um ihre Hausaufgaben zu erledigen.«
» Und du? Hast du keine Aufgaben mehr?«
» Ich bin schon fertig. Emily findet ihre Aussprache im Französischen schrecklich und würde wohl die ganze Nacht üben, wenn Miss Jasper nicht auch essen und schlafen müsste.«
Amelia unterdrückte ein Lächeln, während sie über das Angebot nachdachte. Warum nicht die Hilfe des Mädchens annehmen? Es war offensichtlich, dass Sarah das gerne tat. Außerdem gab es keine Vorschriften, wie sie ihre Arbeit erledigen sollte, sondern nur, dass sie es zu tun hatte. Und vier Hände würden die Sache erheblich beschleunigen, was ihm ganz sicher gefiel. Genau wie ihr.
» Nun, wenn du darauf bestehst.« Amelia stand auf. » Komm her, du kannst dich auf meinen Platz setzen, während ich dir alles erkläre.«
11
L ady Amelia, wie schön, dass Sie sich zu uns gesellen«, grüßte Lady Armstrong, als Amelia genau um zwei Minuten vor acht Uhr das Speisezimmer betrat.
Die Viscountess, die in ihrem doppellagigen Rock mit braunen Samtapplikationen zauberhaft aussah, stand neben zwei anderen Frauen. Gut, die jüngere der beiden konnte man eigentlich noch nicht als Frau bezeichnen.
» Guten Abend, Lady Armstrong«, erwiderte Amelia.
» Bitte gestatten Sie, dass ich Sie meiner lieben Mrs. Eleanor Roland vorstelle. Und ihrer Tochter Dorothy. Eleanor, Dorothy, darf ich euch Lady Amelia Bertram vorstellen? Sie ist bei uns zu Gast, solange ihr Vater sich außer Landes aufhält.«
Mrs. Roland war eine große,
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