Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
wenn die Gentlemen der Salons nicht in der Lage sind, die wundervollen Eigenschaften zu entdecken, die Sie sonst noch auszeichnen, dann haben sie es gar nicht verdient, Sie zu heiraten.«
Miss Roland hob den Blick von ihrem Teller und schaute ihn an. Falls er ihr hatte weismachen wollen, dass sie in seinen Augen die göttliche Aphrodite verkörperte, dann hätte ihr Misstrauen nicht größer sein können. » Ich kann mir nichts Besseres als Attraktivität vorstellen, um die Aufmerksamkeit eines Gentleman auf mich zu ziehen.«
Als Antwort legte Thomas das Besteck auf den Tisch, betupfte sich die Mundwinkel mit der Serviette und musterte das Mädchen aufmerksam. Ein Mann, der so sehr von seiner eigenen Wichtigkeit überzeugt war, erwartete offenbar, dass jedes einzelne seiner Worte als Tatsache hingenommen wurde.
» Ich muss Ihnen wirklich widersprechen. Ich bin genügend Schönheiten begegnet, die eine militärische Übung durch ihr Erscheinen zum Picknick hätten werden lassen können. Ohne den Namen einer gewissen Lady preiszugeben, möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen, die von meiner ersten Begegnung mit ihr handelt.«
Erwartungsvolle Stille trat ringsum ein. Alle Augen richteten sich auf den Viscount, dem eigentlich nur noch eine Krone auf dem Kopf fehlte, um seine herausgehobene Stellung zu demonstrieren. Amelias Nackenhaare richteten sich auf, denn eine böse Ahnung überfiel sie, mit was Thomas Armstrong jetzt aufwarten würde.
» Sie war recht hübsch. Ich möchte sagen, beinahe so attraktiv wie…«, er hielt inne, als suche er nach dem passenden Vergleich, bis sein Blick auf ihren traf, » …Lady Amelia. Jede Wette. Ganz sicher eine überaus erstaunliche Schönheit.«
Als sie merkte, wie alle sie anzustarren begannen, widmete sie sich wieder angelegentlich ihrer Suppe, um die aufsteigende Nervosität zu verbergen. Sie fühlte, wie Hitze in ihre Wangen stieg.
Amelia war nicht so naiv zu glauben, dass er die Absicht hatte, ihr ein Kompliment zu machen. Nein, sie war überzeugt, dass er nur deshalb eine große Show vor dem verzückten Publikum veranstaltete, um sie abzukanzeln, ihr eine Standpauke zu halten wie einem kleinen Mädchen, das nicht weiß, was gutes Benehmen bedeutet.
» Nun, diese Lady«, er betonte das letzte Wort, als fände er diese Bezeichnung für besagte junge Dame höchst unpassend, » also diese Lady und ich, wir waren uns vorher noch nicht begegnet. Ich möchte Ihre Ohren nicht mit der genauen Wiedergabe der Worte beleidigen, die sie an mich richtete, als wir einander vorgestellt wurden. Unnötig zu sagen, dass es Dinge sind, die Sie gewöhnlich in Klatschmagazinen finden. Haltlose, unbegründete Gerüchte, die meinen Charakter schlecht machen sollten.«
» Soll das heißen, dass es eine Frau auf dieser Welt gibt, die deinem Charme widerstehen kann?«, fragte die Viscountess, und ihre ernste Stimme stand ganz im Gegensatz zu ihrem amüsierten Blick.
Bisher hatten Sarah und Emily versucht, ihr Gelächter zu verbergen, indem sie sich Servietten vor den Mund hielten. Aber jetzt gaben sie alle Anstrengungen auf, unbeteiligt auszusehen, und ließen ihrem mädchenhaften Gekicher freien Lauf.
» Abscheuliches Benehmen«, rief Mrs. Roland mit missbilligendem Schnaufen und schob die fülligen Schultern zurück. » Mancher jungen Lady fehlt es heutzutage an züchtigem Benehmen.« Sie schenkte ihrer Tochter ein strahlendes Lächeln. » Aber unsere Dorothy hat das, was wohl jeder als beispielhafte Manieren bezeichnen würde. Nicht wahr, meine Liebe?«
» Und was hilft es mir? Manieren allein verschaffen mir keinen Ehemann. Gentlemen geben hübschen Frauen den Vorzug«, murmelte Miss Roland mit gesenktem Blick.
Es schien, als wollten ihre Mutter wie auch die Viscountess dazu einen Kommentar abgeben, doch Lord Armstrong kam ihnen zuvor. » Ein intelligenter Mann gibt einer Frau den Vorzug, die viel begehrenswertere Eigenschaften aufweist. Eigenschaften wie Freundlichkeit, Bescheidenheit, Wärme und einen guten Charakter. Eine schöne Frau, mit der niemand auskommt, ist kaum das, woran ein Mann für den Rest seines Lebens gekettet sein möchte.«
Thomas schaute Amelia direkt an, und zwar mit einer Unschuldsmiene, als versuche ein auf frischer Tat ertappter Straßenräuber dem Friedensrichter weiszumachen, dass er die Kutsche nur angehalten habe, um ein Stück mitgenommen zu werden. » Finden Sie nicht auch, Lady Amelia?«
Welches Spielchen trieb er nun schon wieder? Wollte er sie
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