Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
etwas würde ihr nie passieren, dachte sie. Und erst recht nicht gefallen, geschweige denn irgendwelche Sehnsüchte bei ihr auslösen.
Wie hatte sie sich nur so sehr irren können.
Schon glitten ihre Hände durch sein golden schimmerndes Haar, das sich dick und seidig anfühlte. Ansonsten überließ sie sich ganz seiner Führung und genoss die wilden Strudel der Lust in ihrem Innern, die sie durcheinanderwirbelten. Dann jedoch wollte sie daran teilhaben und fing zögernd an vorzustoßen, um seinen Mund ausschweifend zu erkunden. Ehe sie sich’s versahen, umschlangen ihre Zungen sich wechselseitig in heißem Verlangen, und der Kuss entfachte einen Hunger, dessen sie sich bisher nicht für fähig gehalten hatte.
Hitze drohte sie zu verzehren. Sie krampfte die Schenkel zusammen, um die Flammen dort zu löschen, wo sie am heißesten züngelten. Seine Hand glitt von ihrer Hüfte zur Unterseite ihrer Brust, umfasste sie.
Erschrocken kam Amelia auf den Boden der Tatsachen zurück und riss sich aus seiner Umarmung los, stolperte verwirrt rückwärts, bis so viel Abstand zwischen ihnen lag, dass sie die Herrschaft über ihre Sinne mühsam zurückerlangte.
» Nein«, wehrte sie mit schwacher Stimme ab und atmete keuchend aus. Ihr Haar war in Unordnung geraten und floss jetzt über Schulter und Rücken. Sie bildete sich ein, dass sie aussah wie die Lady aus Shakespeares Hamlet, von der es hieß, dass sie zu viel protestierte. Und sie wusste, spürte es.
Wenn man von der schwachen Röte auf seinen Wangen absah, schien den Viscount das leidenschaftliche Intermezzo im Unterschied zu ihr nicht berührt zu haben. Nun ja, das lag wohl daran, dass er sich normalerweise nicht mit Lappalien wie Küssen und Umarmungen begnügte. Das, was sie gerade getan hatten, war für ihn bestimmt nicht viel mehr als eine freundschaftliche Liebkosung.
» Wer hätte gedacht, dass unter dem Eis solch heiße Flammen lodern?« Er zupfte sich das Jackett zurecht, während er sprach.
» Rühren Sie mich niemals, wirklich niemals wieder an.« Sie spie die Worte förmlich aus.
Armstrong lachte nachsichtig. » Sind Sie sich da ganz sicher? Soweit ich es beurteilen kann, haben Sie sich eben prächtig amüsiert.«
Dreckskerl!
» Und was ist mit Ihnen? Heute Morgen noch haben Sie behauptet, gegen meinen Charme gefeit zu sein.« Sie wollte, nein, sie musste ihm das spöttische Grinsen aus dem Gesicht vertreiben.
» Oh, das bin ich durchaus«, erwiderte er sanft, » aber ich glaube, dass ich gerade eine sehr wirksame Art entdeckt habe, mit Ihnen umzugehen.«
» Für mich hat es sich allerdings nicht unbeteiligt angefühlt«, schnappte sie und erinnerte ihn an den nicht zu ignorierenden Gegenbeweis, den sie gespürt hatte. Wie konnte er es nur wagen, so zu tun, als sei er unbeteiligt geblieben… und sie die Einzige, die sich für ein paar heiße, leidenschaftliche Minuten völlig verloren hatte.
Thomas Armstrong lachte amüsiert und deutete ohne alle Verlegenheit auf seine Hose. » Meinen Sie das?«
Schockiert wandte Amelia ihren Blick ab, konnte aber nicht verhindern, dass ihr Röte in die Wangen schoss.
» Das ist etwas, was kaum als Maßstab des guten Geschmacks gelten kann. Ist Ihnen nicht bekannt, dass solche Dinge sich der Kontrolle des Willens entziehen? Manchmal braucht es nur ein hübsches Gesicht und eine schlanke Gestalt. Da werden keine großen Unterschiede gemacht.«
Amelia wünschte sich in diesem Moment wieder einmal, als großer, kräftiger Mann geboren worden zu sein, um ihn besinnungslos prügeln zu können. Wobei sie natürlich als Mann gar nicht in diese Lage geraten wäre.
» Wenn Sie sich weigern, die Finger von mir zu lassen, sehe ich mich gezwungen, die Angelegenheit in meine eigenen Hände zu nehmen. Und ich garantiere Ihnen, Mylord, das Ergebnis wird Ihnen nicht gefallen.« Ihre Warnung klang so bedrohlich wie das Zwitschern eines Kolibris, doch das interessierte sie in diesem Moment nicht.
» Und was genau haben Sie vor? Wollen Sie sich an Ihren Vater wenden? Für den Fall, dass ich Sie verderbe, würde er uns verheiraten, noch bevor der Winter anbricht. Wohl kaum eine erfreuliche Aussicht, weder für Sie noch für mich.«
Der verfluchte Kerl hatte natürlich recht. Ihrem Vater dürfte nichts besser gefallen. » Endlich begreife ich, warum mein Vater Sie so sehr bewundert. Sie sind aus dem gleichen Holz geschnitzt wie er.«
Thomas versteifte sich. Ihr Tonfall machte klar, dass die Bemerkung nicht als Kompliment
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