Lelord, Francois
Fall war dieser Hilferuf einer Patientin ein guter Grund, sich in den
Landesnorden aufzumachen; er hatte auch Leutnant Ardanarinja über seine Pläne
informiert, weil er hoffte, dass sie dann niemanden auf ihn ansetzen würde.
Während ihres Telefonats machten sie keine Anspielung auf ihren Augenblick der
Intimität auf der Terrasse des Grand Mandarinal.
»Passen
Sie gut auf sich auf«, sagte sie schon wieder.
»Warum
denn? Ich bin ja mit Freunden unterwegs.«
»Wir haben
die Identität des Mannes geklärt, den Sie mir auf dem Foto gezeigt haben. Er
ist kein sehr empfehlenswerter Bursche.«
»Und ich?
Bin ich ein empfehlenswerter Bursche?«
»Sie
können wohl nie ernst sein«, sagte Leutnant Ardanarinja mit einem Seufzer.
»Ich werde
mir in Zukunft Mühe geben. Aber wenn ich ihm begegnen sollte, was mache ich
dann?«
»Halten
Sie ihn sich vom Leib, und gehen Sie niemals allein irgendwohin...«
»Ich werde
dort bestimmt nicht allein sein.«
Er spürte,
wie sie zögerte, und schließlich fügte sie doch hinzu: »Dieser Mann arbeitet
für die Leute, die von Ihrem Freund bestohlen wurden.« (Wie Sie selbst
wahrscheinlich auch, dachte Hector.) »Bis vor Kurzem hat er zum Geheimdienst
von einem dieser ehemaligen Ostblockstaaten gehört, die immer noch keine
Demokratien geworden sind, aber selbst die konnten ihn nicht mehr gebrauchen.«
»War er
ihnen nicht fies genug?«
»Im
Gegenteil. Ein bisschen zu fies.«
Hector musste
an dieses Gespräch denken, als er die Reisfelder, die unter einer blendend
hellen Sonne lagen, an sich vorüberziehen sah. Es hatte sich nicht gerade
beruhigend angehört, aber gleichzeitig schenkte er den Worten Leutnant
Ardanarinjas nicht allzu viel Glauben. Vielleicht war der Mann ja ein echter
Polizist, oder er arbeitete für die Bank, der Edouard das Geld geklaut hatte,
und trat jedes Jahr zur Firmenweihnachtsfeier als Nikolaus auf.
»Schläft
sie?«, fragte Brice leise. Er saß auf der Rückbank und hatte gerade selbst ein
kleines Nickerchen gehalten - wenn man sich überlegte, wie er seine Nächte
verbrachte, war es kein Wunder, dass er müde war.
Sie hatten
sich am Tag nach dem Ausflug ins Dolly Dolly zum
Mittagessen in einem Restaurant getroffen, das auf die Küche des Landes der
Morgenstille spezialisiert war. Hector hatte es entdeckt und wollte Brice in
die Kunst des Makgeolli-Trinkens einführen. Bei der Gelegenheit hatte er Brice
erzählt, dass er zum Ort der Dreharbeiten der Lady aufbrechen würde, auch weil
ihn das in Edouards Nähe bringen würde.
Als er
seine therapeutische Beziehung zu der Lady erwähnt hatte, war auf Brice'
Gesicht ein paar Augenblicke lang so etwas wie eine dunkle Wolke der
Verärgerung aufgetaucht. Neid war kein schönes Gefühl, besonders zwischen
Freunden nicht, und doch konnte Hector ihn verstehen. Brice war lange vor Hector
ein Psychiater für Stars gewesen, und jetzt... Dann hatte er fast ein wenig zu
hastig angeboten, Hector zu begleiten.
»Es kann
wirklich nicht schaden, zu zweit dort zu sein«, hatte er erklärt. »Wegen
Edouard nicht und auch nicht wegen der Lady. Vielleicht kann ich dir ja
helfen.«
»Valerie
wird mich begleiten«, hatte Hector gesagt.
»Ahm ...
dann natürlich nur, wenn sie einverstanden ist«, hatte Brice mit einer leicht
schuldbewussten Miene entgegnet.
Sie war
einverstanden gewesen. Hector war aber aufgefallen, dass die beiden nicht viel
miteinander gesprochen hatten, als sie am Morgen in seinem Hotel eingetroffen
waren - auch wenn sich Brice sichtlich bemüht hatte, besonders liebenswürdig
zu Valerie zu sein.
»Habt ihr
über mich geredet?«, fragte Valerie, die gerade aufgewacht war.
»Nein,
Brice wollte nur wissen, ob du schläfst.«
»Wie
rücksichtsvoll Brice doch ist«, sagte Valerie und lächelte dabei, als hätte
sie gerade einen guten Witz gemacht.
Brice
wollte etwas entgegnen, aber dann sagte er doch nichts.
»Glaubt
ihr, dass sich Edouard freuen wird, uns zu sehen?«, fragte Hector.
»O ja,
doch«, meinte Brice, »unser lieber Edouard.«
»Ich freue
mich auf jeden Fall!«, rief Valerie.
Brice und
Valerie hatten sich nicht davon abbringen lassen, ihn zu begleiten, obwohl er
ihnen von Leutnant Ardanarinja und dem großen Schnauzbärtigen und auch von der
Reaktion von Jean-Michel und Jean-Marcel erzählt hatte. Auch ihnen war
aufgefallen, dass Edouard auf dem Foto sehr verändert wirkte und dass es
sicherlich dringend notwendig war, sich um ihn zu kümmern.
»Dann
werden wir wieder zusammen sein wie
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