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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Ramge
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Juli
    Gegen zwei Uhr nachmittags kam der Bescheid, Brünnhilde Kurtz sei im Präsidium eingetroffen und säße bereits im Verhörraum.
    Obwohl Schmoll und Katz begierig waren, diese Frau endlich kennenzulernen, standen sie nun gemeinsam mit Irma vor der verspiegelten Scheibe, durch die man in den Verhörraum sehen konnte und über einen Lautsprecher auch hören konnte, was dort gesprochen wurde. Schmoll und Katz sahen Brünnhilde Kurtz zum ersten Mal. Allerdings kannten sie das Jubiläumsfoto aus der Bankfiliale und auch die Fotos, die Line im Park des Hotels
Castillo
aufgenommen hatte. Die Frau, die im Verhörraum saß und mit unbeteiligtem Blick auf ihre Hände stierte, ähnelte weder der biederen Filialleiterin noch der smarten Bikini-Dame. Sie schien jemand ganz anderes zu sein.
    Katz zupfte an seinem Lippenbärtchen und blickte zu Irma: »Ond des soll die Scheene sei, die uff Mallorca onder Palmen gwandelt isch?«
    Irma war guter Laune. Sie schüttelte ihre kupferfarbene Mähne und hob kokett das Kinn. »Im Gegensatz zu meiner hat Frau Kurtz’ Schönheit eben nur einige Tage überlebt – aber frag Line, sie wird dir bestätigen, dass die Frau, die wir im Hotelpark des
Castillo
gesehen haben, blendend aussah. Zu diesen Nobelhotels gehören Schönheitsfarmen, dort kann sich jeder aufpeppen lassen.«
    »Das wäre auch mal was für dich, Katz«, frotzelte Schmoll.
    »Nehmet die au Männer onder ihre Fittiche?«, fragte Katz interessiert.
    »Wenn du genug Geld hinlegst.« Irma lachte. »Ich glaube, für einen sparsamen Schwaben wie dich kommt so etwasnicht in Frage. Gefällst du denn deiner Ina nicht mehr?«
    »Oh doch«, sagte Katz. »I glaub scho!«
    »Na, dann spar dir das Geld und den Stress und bleib, wie du bist.«
    Schmoll rief zur Ordnung: »Schluss mit dem Geplänkel! Auch wenn Katz und mir eine schöne Maid lieber wäre – jetzt müssen wir die Dame so übernehmen, wie sie uns die Spanier geliefert haben.«
    »Worauf wartet ihr?«, fragte Irma.
    »Auf Kommissar Stöckle vom Raubdezernat. – Und da kommt er auch schon.«
    Schmoll hatte Stöckle nicht nur zur Teilnahme an dem Verhör, sondern auch zu einer Aussprache hergebeten. Bei den Meinungsverschiedenheiten, die nun sogleich zwischen Mord- und Raubdezernat entbrannten, drehte es sich nicht um Brünnhilde Kurtz, sondern um Fabian Knorr. Stöckle war bisher nicht bereit gewesen, den Jungen freizulassen. Er war der Meinung, dass, solange kein Geständnis zu dem Bankraub vorlag, Fabian Knorr als vorläufig einziger Verdächtiger in Stammheim bleiben müsse. Schmoll hoffte, dieses Problem in dem jetzt anstehenden Verhör beseitigen zu können.
    Die drei Herren betraten den Raum, in dem Brünnhilde Kurtz saß. Sie trug Handschellen, weil sie bei ihrer Festnahme dem spanischen Polizisten ein blaues Auge verpasst hatte, das ihn noch eine Weile an sie erinnern würde.
    Irma fühlte sich zu voreingenommen, um bei dem Verhör dabei zu sein. Sie zog es vor, von außen zu verfolgen, ob die Männer Brünnhilde Kurtz wirklich in die Enge treiben konnten.
    Schmoll stellte sich und seine Kollegen vor, schaltete den Tonträger an und setzte sich Frau Kurtz gegenüber. Stöckle ließ sich auf dem Stuhl an der Schmalseite des Tisches nieder, und Katz verkrümelte sich in den Hintergrund. Er würde sich, wie es seine Art war, nur einmischen, wenn er meinte, einen Geistesblitz zu haben.
    Nachdem die Personalien überprüft worden waren, begann Schmoll mit dem Verhör: »Frau Kurtz, ich nehme an, Sie wissen, was Ihnen zur Last gelegt wird und weshalb Sie hier sitzen?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf.
    »Wollen Sie leugnen, Aline Kowalzki entführt, deren Bruder niedergeschlagen und beide gegen ihren Willen festgehalten zu haben?«
    Sie räusperte sich, schob die Unterlippe vor und blieb stumm.
    »Als Krönung dieser strafbaren Vergehen«, fuhr Schmoll fort, »haben Sie Kommissarin Irma Eichhorn, die den beiden zu Hilfe kommen wollte, fast zu Tode gewürgt. Stimmt das so?«
    Frau Kurtz zuckte mit den Schultern, eine Geste, die bedeuten konnte: Was kann ich denn dafür?
    »Beantworten Sie meine Fragen. Wir sind nicht zum Spaß hier. Können Sie diese Vorwürfe widerlegen?«
    Daran, wie Schmoll seinen Donnerton gebrauchte, merkte Irma, dass sein Blutdruck bereits gefährlich in die Höhe geschnellt war.
    Brünnhilde Kurtz duckte sich nicht wie erwartet, sondern richtete sich auf und behauptete – mit ihrer erstaunlich angenehmen Altstimme, die nur rau klang, wenn sie

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