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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Ramge
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lauter wurde –, sie sei durch Verkettung unerfreulicher Zufälle, die zudem den Genuss ihres wohlverdienten Urlaubs sehr negativ beeinträchtigt hätten, gezwungen gewesen, sich gegen die aufdringliche Kriminalkommissarin zu wehren. Diese Frau habe sie penetrant verfolgt und ihr nachgeschnüffelt.
    »Selbst wenn Sie der Meinung gewesen sind, sich gegen Frau Eichhorn wehren zu müssen«, sagte Schmoll, »hätten Sie es nicht mit derart gesetzwidrigen Methoden tun dürfen.«
    Sie stellte sich dumm. »Was für Methoden? Wie meinen Sie das, Herr Kommissar?«
    »Entführung. Freiheitsberaubung. Erpressung und Gewalttätigkeiten sind Verbrechen, von denen jedes Einzelne mit Gefängnis bestraft wird.«
    Brünnhilde Kurtz lachte auf. »Was sollen diese Unterstellungen? Ich habe niemanden entführt und niemanden erpresst. Dass ich etwas energisch werden musste, war Notwehr.«
    Schmoll schob ihr das Erpresserschreiben, in dem stand, Irma solle die Suche nach ihr einstellen und von der Insel verschwinden, über den Tisch.
    »Können Sie mir erklären, wie Ihre Fingerabdrücke auf dieses Schreiben kommen?«
    »Den Brief hat José geschrieben. Er wollte ihn mir zeigen. Kann sein, ich habe dabei das Papier angefasst.«
    »Aha!«, donnerte Schmoll. »José! José Tiraldo!«
    »Genau der«, sagte Frau Kurtz.
    »Die spanischen Kollegen haben uns mitgeteilt, Tiraldos Fingerabdrücke und auch Ihre seien nicht nur auf dem Brief, sondern noch auf anderen Dingen festgestellt worden. Zum Beispiel auf der Verpackung einer großen Rolle Heftpflaster, auf einer Wattetüte und auf einer Flasche, in der sich Chloroform befunden hat. Die Flasche lag im Gebüsch vor dem Versteck, in dem Sie, Frau Kurtz, mit Ihrer Geisel aufgefunden worden sind.«
    Schmoll merkte befriedigt, wie Frau Kurtz’ Selbstsicherheit einen Knacks bekam. Sie saß nicht mehr so gerade wie anfangs und hatte die Hände unter den Tisch auf ihren Schoß gelegt, wo sie sie wahrscheinlich zusammenpresste. Zumindest sah sie aus, als würde sie sich anstrengen.
    »Ich rate Ihnen, bei der Wahrheit zu bleiben«, sagte Schmoll. »Sonst müssen Sie vor Gericht alles noch mal unter Eid aussagen.«
    »Außerdem isch a unverzögertes Gschtändnis in dr Regel strafverkürzend«, tönte Katz aus dem Hintergrund.
    Brünnhilde Kurtz hüstelte. »José hat mir diese Dinge zu der Finca gebracht, auf der ich kurzzeitig untergekommen war. José hat mir das alles aufgedrängt.«
    »Und zusätzlich zu diesen Dingen hat er auch gleich Aline Kowalzki mitgebracht und Ihnen aufgedrängt!?«
    »Das Mädchen ist freiwillig mit José zu mir auf die Finca gekommen. Sie wollte sich das Haus ansehen. Sie suchte im Auftrag eines Reisebüros verlassene Bauernhöfe, die in Ferienhäuser umgebaut werden können. Die Finca hatte José von seinen Großeltern geerbt. Er wollte das Haus und das Grundstück verkaufen.«
    Irma hielt es für möglich, dass Line mit José über ihre Arbeit gesprochen hatte. Aber Frau Kurtz’ Behauptung, Aline sei freiwillig auf diese Finca gekommen, war die reinste Frechheit.
    Schmoll sah das auch so. Er machte sein Bulldoggengesicht und bellte: »Und weil das Mädchen freiwillig bei Ihnen auf der Finca war, haben Sie es mit Chloroform betäubt und in ein Kellerverlies gesperrt!«
    »Wenn sie das behauptet, dann lügt sie«, sagte Frau Kurtz. »Sie war dort unten, um zu sehen, ob sich der Gewölbekeller als Partyraum eignet.«
    »Und warum haben Sie Hals über Kopf die Finca verlassen und sich mit Aline Kowalzki in einem ehemaligen Weinlager versteckt?«
    »Weil diese Eichhorn schon wieder hinter mir her war. Wegen der musste ich doch alle meine Pläne über den Haufen werfen.«
    »Was hatten Sie für Pläne? Beziehen die sich auf das viele Geld, das Sie plötzlich besaßen?«
    Ihr Blick, den sie Schmoll zuwarf, war gekränkt und trübsinnig. »Woher sollte ich viel Geld haben? Für meine Urlaubsreisen, den einzigen Luxus, den ich mir leiste, muss ich eisern sparen.«
    Schmoll verwandelte seine hohe Stirn zu Wellblech. »Also jetzt raus mit der Sprache: Was waren das für Pläne, die Frau Eichhorn verhindert hat?«
    »Im Hotel
Castillo
hatte ich einen Verehrer. Einen russischen Grafen. Er wollte mich nach Petersburg mitnehmenund heiraten. Frau Eichhorn hat mich bei ihm denunziert und ihm Fotos gezeigt, wie ich früher ausgesehen habe. Sie war selbst scharf auf Vladimir.«
    Irma, die hinter der Spiegelscheibe aufmerksam zuhörte, musste trotz der verblüffend dreisten Lügen grinsen.

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