Lemberger Leiche
schickt.« Stöckle fixierte Fabian und seine Stimme klang wie Säbelrasseln: »Ich hoffe, Sie wissen, was das bedeutet.«
»Nee, und es interessiert mich auch nicht!«
Fabian war nun völlig verstockt, weil er nicht mehr sicher war, ob er im Suff womöglich doch eine Bank überfallen hatte. Plötzlich meinte er, dass das durchaus so gewesen sein konnte. Aber wie und warum? Im fehlte die Erinnerung an die Zeit ab Sonntagnachmittag bis Montagabend.
Plötzlich machte ihn die Gedächtnislücke total unsicher. Da kann alles Mögliche passiert sein, wovon ich keine blasse Ahnung habe, dachte er. Womöglich stimmt es, was der Stöckle behauptet und ich kann mich nur nicht daran erinnern!
Als Fabian Knorr in vorläufigen Gewahrsam gebracht wurde, war Kommissarin Irma Eichhorn auf dem Weg zur Kantine und begegnete ihm im Treppenhaus. Sie überlegte, was ein derart harmlos wirkendes Kerlchen ausgefressen haben könnte, da es von zwei Polizisten begleitet wurde.
In der Kantine stand sie in der Warteschlange vor der Essensausgabe hinter Kommissar Stöckle. Gemeinsam steuerten sie den letzten freien Tisch an. Stöckle balancierte ein Tablett, auf dem eine Portion Spätzle mit Gulasch und eine Flasche Überkinger Sprudel standen. Irma hatte Pommes mit Ketschup und eine Cola gewählt.
Nach dem ersten Bissen erkundigte sich Irma: »Was hat denn der junge Mann geklaut, den Ihre Leute eben abgeführt haben?«
»Verdacht auf Bankraub im Zentrum von Feuerbach. Wir haben einen Teil der Beute bei ihm gefunden.«
Mit ihrem Talent, Zusammenhänge zu durchschauen, knüpfte Irma Verbindungsfäden zu einem anderen Fall, der an diesem Morgen das Morddezernat erreicht hatte. Deswegen fragte sie, wo genau sich die Bank befände, die ausgeraubt worden war.
»Die Straße fällt mir gerade nicht ein, aber die Bank liegt unweit vom Wilhelm-Geiger-Platz. Der Einbruch wurde gestern, also am Montagmorgen, von der Filialleiterin entdeckt.«
»Von dem Bankraub hab ich heute früh in der Zeitung gelesen«, sagte Irma. »Ich tippe, der Tresor ist schon am Sonntagnachmittag ausgeräumt worden.«
»Hä?«, machte Stöckle. »Doch nicht am helllichten Tag!?«
»Während des Fußballspiels. Als alle Welt in die Glotze geguckt hat und jeder vor Begeisterung fast überschnappt ist, war das doch kein Hexenwerk.«
»Vielleicht war’s so, vielleicht auch nicht«, muffelte Stöckle mit vollem Mund. »Unsere Ermittlungen haben sich verzögert, weil ich den dringend Tatverdächtigen, den Sie soeben auf dem Flur gesehen haben, gestern wegen Volltrunkenheit nicht vernehmen konnte.«
»Hat er gestanden?«
»Nein. Aber er hat sich beim Verhör um Kopf und Kragen geredet.«
Nachdem Irma langsam und nachdenklich ein Pommesstäbchen nach dem anderen in den Mund geschoben hatte, legte sie die Gabel zur Seite. »Unsere Dienststelle hat ein Mord- oder Totschlagdelikt zu klären, das ebenfalls in Feuerbach begangen wurde. Auch am Sonntagnachmittag. Möglicherweise könnte der Fall mit dem Bankraub zusammenhängen.«
Stöckle schluckte, wobei sein Adamsapfel unters Kinn wanderte und abrupt zurückfiel. Danach nahm er die Serviette,tupfte sich Gulaschsoße aus den Mundwinkeln und fragte, wie Irma das meine.
»Ich vermute, es war genau diese Bank, von der Sie sagen, sie ist ausgeraubt worden, vor der am Sonntag ein alter Mann lag. Offensichtlich war er gestürzt und mit dem Kopf auf die Gehwegkante geknallt. Der Notarzt hat ihn ins Katharinenhospital bringen lassen.«
»Und?«, fragte Stöckle. »So was kommt vor. Das hat doch nichts mit Mord zu tun!«
»Der Mann ist letzte Nacht gestorben.«
Stöckle klopfte mit dem Messergriff auf den Tisch, als wolle er Irma anfeuern, endlich genauer zu werden. »Und was, werte Kollegin Eichhorn, hat Ihre Krankenhausleiche mit dem Bankraub zu tun?«
»Die Ärzte haben die Mordkommission eingeschaltet, weil sich auf dem Brustkorb des Mannes ein frisches Hämatom befindet, das nicht von dem Sturz stammen kann. Schmoll hat den Toten in die Pathologie bringen lassen. Es ist denkbar, dass der Mann von jemandem heftig gegen die Brust gestoßen wurde und deswegen gestürzt ist. Wenn nicht als Mord, ist das zumindest als Totschlag zu werten. Auf alle Fälle aber liegt unterlassene Hilfeleistung mit Todesfolge vor.« Irma widmete sich wieder den Pommes.
Sie spürte, wie Stöckles Gedanken rotierten, bevor er sagte: »Und Sie behaupten nun, der Jemand, der den Mann niedergeschlagen hat, war der Bankräuber, dem der Alte in die
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