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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Ramge
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Glücksseufzer.
    »Wir sind da«, sagte er. »Meine Privatbucht.«
    Vor ihnen glitzerte zwischen Felsenklippen glasklares Wasser. Sie liefen über weiße Kiesel bis zu einer flachen Felsplatte, die wie ein Steinpodest am Strand lag.
    Leo stellte die Tüten darauf und sagte: »Hier picknicken wir!«
    Er grinste. »Diese Bucht ist nachts so einsam, dass wir nach dem Essen noch andere schöne Sachen machen können.«
    »Das klingt, als würdest du dich auskennen. Gehört es zum Trainingsprogramm, mit deinen Schülerinnen in einsame Buchten zu fahren?«
    »Fängst du schon wieder an? Aber wenn du’s unbedingt wissen willst: Ich war oft auf Entdeckungstouren kreuz und quer über die Insel. Manchmal auch mit Mädchen. Doch dakannte ich dich noch nicht.« Leo sah Irma in die graugrünen Augen, in denen goldene Pünktchen tanzten: »Ich gehe davon aus, du bist, bevor wir uns kennengelernt haben, auch nicht ungeküsst durchs Leben gegangen. Wäre ja auch verdammt komisch. – In dieser Bucht bin ich zum ersten Mal. Ein Geheimtipp meiner Schwester Line, der angehenden Reiseleiterin. – Zufrieden?«
    »Klar doch, zufrieden«, sagte Irma verlegen. »Wenn ich hungrig bin, werde ich immer unleidlich. Tschuldigung.«
    Gemeinsam packten sie das Picknick aus. Irma deckte Gläser, Pappteller, Plastikbesteck und Servietten auf den flachen Stein, und sie hockten sich im Schneidersitz davor. Leo stellte die Tapas in die Mitte und schenkte Wein ein. Er hob sein Glas.
    »Herzlich willkommen auf der Insel.«
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!« Irma trank einen Schluck, stellte ihr Glas zurück auf den Stein und fiel ihm um den Hals. Er hielt sie fest und sie nuschelte durch den Kuss: »Ich hätte so gern ein Geschenk für dich.«
    »Dass du da bist, ist Geschenk genug!«
    Leos Magen knurrte, als wollte er hier auch mitreden, und deswegen machten sie sich nun mit Heißhunger über die Tapas her.
    Als kein Krümel übrig und auch kein Tropfen mehr in der Rotweinflasche war, sagte Irma: »Jetzt bin ich beschwipst. Wie an Silvester, da haben wir auch Tempranillo getrunken.«
    »Zwei Flaschen!«, sagte Leo. »Aber heute sollte ich noch Auto fahren können. Ich will dich ja heil in dein Hotel bringen, und danach muss ich in meinen Hasenstall zurück.«
    »Hasenstall?«
    »Wir wohnen zu dritt in einem Zimmer in einer Privatpension. Marek, Tom und ich. Übernachtungen in den Hotels, in denen wir als Sporttrainer angestellt sind, würden unseren ganzen Verdienst verschlingen.«
    »Ach so ist das!?«, sagte Irma. »Ich hab mich schon gewundert, dass du mir kein Asyl gewährst. Aber du kannst ja, solange ich hier bin, bei mir im Hotel wohnen.«
    »Da müssen wir vorsichtig sein, dass niemand die Doppelbelegung deines Bettchens bemerkt, sonst gibt’s Krach, wenn wir nicht auch das Doppelte bezahlen.«
    »Ich klau den Schlüssel vom Personaleingang«, sagte Irma. »Wir schleichen uns von hinten ins Haus.«
    »Aber Frau Kripokommissarin! – Doch da wir gerade beim Beruflichen sind, könntest du mir auch erzählen, was für Mord-Recherchen dich auf die Insel führen.«
    »Ist ’ne lange Geschichte, willst du sie wirklich hören?«
    »Ja.«
    »Kannst du sie für dich behalten?«
    »Ja doch!«
    Irma erzählte von der Bank in Feuerbach, die an dem Nachmittag, als das Achtelfinale der Fußballweltmeisterschaft stattgefunden hatte, ausgeraubt worden war.
    »Das war raffiniert«, sagte Leo und grinste. »Doch wieso ermittelt die Mordkommission wegen eines Bankraubs?«
    »Weil einer der Bankräuber einen Mann, der ihm in die Quere gekommen ist, so brutal umgestoßen hat, dass der Alte an den Verletzungen gestorben ist. Wenn das kein Mord war, war es Totschlag.«
    Und danach erfuhr Leo die komplizierte Geschichte mit den seltsamen Schwestern, von denen sich eine als junger Mann und die andere als Filialleiterin der ausgeraubten Bank entpuppt hatte. Irma erklärte ihm, warum die beiden in Verdacht standen, den Bankraub gemeinsam begangen zu haben.
    »Hm«, machte er. »Und nun sind sie verschwunden, wie das bei Bankräubern so üblich ist.«
    »Nicht direkt verschwunden«, sagte Irma. »Die Filialleiterin, Frau Kurtz, ist in den Urlaub abgedüst und sitzt hier irgendwo auf der Insel.«
    »Zusammen mit dem jungen Mann, der ihr geholfen hat, die Bank auszuräumen?«
    »Leider nicht. Erik Raabe ist inzwischen aufgetaucht. Allerdings mausetot. Er hing eine Woche lang im Gebüsch in der Tiefe des Kotzenlochs.«
    »Kotzenloch?« Leo verdrehte ungläubig

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